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Deutsch als FremdspracheDeutschstunde zum Hungerlohn

Die Integration von Flüchtlingen steht und fällt mit dem Erwerb der deutschen Sprache. Doch die Situation der Lehrkräfte ist prekär.

Deutsch ist schwer. Von Deutschunterricht leben auch. Integrationskurs in einer Volkshochschule Foto: dpa

Aachen taz | | Unten, am Eingang zur Sprachenakademie Aachen mitten in der Innenstadt, grüßen die meist jungen Leute schüchtern mit „Hallo!“, „Hello!“ oder „Hi!“. Manche versuchen auch schon „Guten Tag“. Hier wird gewartet, gepafft und geplaudert in vielen Dialekten des weltweiten Babylon – Englisch, Spanisch, Mandarin, Arabisch, Farsi. Die nächsten Unterrichtsstunden stehen an. Davor wartet körperliche Arbeit: Der winzige Aufzug im „Haus der Kohle“, einem achtstöckigen Klotz aus der Nachkriegszeit, ist nicht ausgelegt für ständiges Kommen und Gehen. Also folgt Gewusel auf den engen Treppen.

Oben, im hellen Unterrichtsraum 601, strahlt mit Macht die Sonne. „Ein sehr schöner, bunter Kurs“ hat sich hier versammelt. So nennt die junge Dozentin Mirjam Krull die Gruppe von 14 Sprachschülern und -schülerinnen aus über einem Dutzend Ländern – aus Mexiko, Italien, China, Irak, den USA. Gerade übt man eine Hotelreservierung am Telefon – „mit vier Bette …“, „ich möchte zwei Zimmern …“ Dieses Deutsch aber auch! Es setzt gemeinsame Lacher, etwa als der junge Tadschike seinen komplizierten Namen auf Deutsch buchstabieren soll. Er muss selbst grinsen, etwas schüchtern. Er zuckt mit den Schultern.

Krull arbeitet mit Engelsgeduld, im-mer ak-zen-tu-iert spre-chend, einfühlsam, gut gelaunt. Es geht zügig und anspruchsvoll voran. Etwa 100 von den 900 Stunden bis zum Zertifikat haben die Deutschschüler geschafft. „Danach sollten sie studierfähig sein an der Uni“, sagt die Kursleiterin. Seit zehn Jahren ist sie im Job, seit 2013 in Aachen. In Leipzig hat sie Deutsch als Fremdsprache, kurz DaF, studiert: „Erst dachte ich, das geht gar nicht als Deutsche.“ Es ist die Ausbildung gezielt für diese Arbeit.

Ausgebildete DaFler sind rar

Solche ausgebildeten DaFler sind die Ausnahme im Metier Deutschkurse. Meist lehren Diplompädagogen, Germanisten, Kunstgeschichtler. Dozenten an Sprach- und Volkshochschulen sind begehrt – ob für Studienkurse oder erst recht für Kurse für Geflüchtete. Die Kurse boomen. In Geld schlägt sich die Nachfrage allerdings nicht nieder – ganz im Gegenteil. Die meisten arbeiten auf Honorarbasis. Sie haben zum Beispiel Lehramt studiert, werden jetzt aber kaum besser bezahlt als Schülerpraktikanten. Manche könnten auf Taxifahrer neidisch sein.

Deutsch ist schwer. Und von Deutsch zu leben auch. „Wir sind alle Einzelkämpfer“, sagt etwa Claudia Borst*, die bei der Volkshochschule Duisburg seit Jahren Integrationskurse gibt. Die 51-jährige Historikerin arbeitet 20 bis 30 Stunden pro Woche für 24 Euro in der Stunde. Und, ja, sogar für eine Unterrichtsstunde, also 45 Minuten. Stundenlohn brutto also: 32 Euro. Klingt doch gut! „Von wegen“, sagt sie und fährt sich durch die kurzen blonden Haare. Alle Sozialversicherungen gehen ab, Krankenkasse, Pflegevorsorge, Rente; Steuern sowieso. Netto bleibt knapp die Hälfte, etwa 15 Euro pro Stunde.

Dabei sind die Anfahrt, Gespräche, Konferenzen und die Vor- und Nachbereitung zu Hause noch nicht eingerechnet. Dann komme sie noch auf 10 Euro, sagt Borst, knapp über Mindestlohn. Sie guckt dabei so streng, dass man empört den Kopf schütteln möchte. Investiert hatte sie zuvor auch, eine vierstellige Summe: in Ausbildungskurse und Zertifikate. „Ganz spitz hab ich es nie ausgerechnet“, sagt Borst, „will ich auch lieber nicht.“ Urlaubszeit ist sowieso unbezahlt. Feiertage? Sind Armutsanwartstage. Wird man krank, gibt es nichts. Kein Unterricht, kein Geld. Kündigungsschutz? Mitbestimmung? Pustekuchen. Wird man dauerhaft krank, ist der Job erst mal weg – da wartet schon der Nächste.

Knapp über Mindestlohn

Andere DaFler haben genau gerechnet – im Netz etwa auf nachdenkseiten.de. Von 20 Euro bleiben, schreibt eine Betroffene, 28 Tage unbezahlten Urlaub eingerechnet, ein paar Krankentage dazu, am Ende 5,01 Euro. „Da würde jede Putzfrau drüber lachen“, kommentierte einer. Christoph Schröder, Leiter des Arbeitsbereichs Deutsch als Zweitsprache an der Uni Potsdam, stellt fest: „Die integrationspolitisch so wichtige Vermittlung der deutschen Sprache an Hunderttausende Migranten und Flüchtlinge liegt in den Händen von etwa 16.000 unterbezahlten Honorarkräften.“

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zahlt 3,10 Euro Zuschuss pro Asylsuchenden und Unterrichtsstunde. Bei 15 bis 20 Kursteilnehmern sind festangestellte Lehrkräfte kaum möglich – Miete, Bücher, Verwaltung kosten ja auch. Immerhin: 20 Euro müssen mindestens gezahlt werden – sonst bekommt ein Träger die Zulassung nur für ein Jahr. Die kann man aber Jahr für Jahr trickreich erneuern, was Einzelne auch dreist machen und Minihonorare zahlen. Bei Onlineinstituten, die via Skype unterrichten, gibt es bisweilen freche 10 Euro brutto. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hat ausgerechnet: Bei den derzeit üblichen rund 20 Euro und 25 Wochenstunden Unterricht bleiben 990 Euro netto, selbst bei 30 Euro sind es nur 1.414 Euro – auch nicht eben ein typisches Akademikergehalt.

Es geht den Lehrkräften um Anerkennung und Würde.

A. Beyes, Initiative Bildung Prekär

Die Sprachenakademie Aachen hat 2001 in zwei Klassenräumen angefangen – und wuchs rasant. Heute belegt die gemeinnützige GmbH alle acht Etagen im Haus der Kohle. In den 22 Unterrichtsräumen arbeiten insgesamt 220 Leute, davon unterrichten 150 DozentInnen etwa 13.000 Schüler aus 130 Ländern jährlich. Und der Platz reicht nicht mehr aus, man will dringend anderswo Räume dazu mieten. Schwerpunkt in der Hochschulstadt sind akademisch orientierte Intensivlehrgänge, es gibt aber auch mehr und mehr Integrationskurse.

„Uns hilft unser Idealismus“

Ein paar Straßen weiter, an der Aachener Volkshochschule, arbeitet die Kunsthistorikerin Barbara Müller als Deutschdozentin. „Wir sind alle studiert“, sagt die 54-Jährige über ihr Team, mehrheitlich Frauen, Honorarsatz: 20,50 bis 24 Euro. „Leisten kann ich mir das erst, seit die Kinder aus dem Haus sind. Und weil mein Mann verdient.“

Der Unterricht sei oft mühsam, dauernd komme sie an ihre Grenzen, sagt Barbara Müller. „Ich zweifle an mir selber, wenn jemand etwas einfach nicht verstehen will.“ Dann fühlt sie sich wie eine Krankenschwester. „Ich überlege, wie ich den Zugang legen kann, dass ich etwas erklärt bekomme“, erzählt sie und ergänzt: „Uns hilft unser Idealismus.“

Müller hat in ihren Kursen „auch viele Bestandsdeutsche, wie wir sie salopp nennen“. Das sind meist die Frauen von Zugewanderten, die teilweise schon viele Jahre hier leben, aber wenig Kontakt nach außen haben und kaum Deutsch sprechen, weil sie höchstens mal im Kiosk oder in der Dönerbude ihres Mannes helfen. „Manche haben nie eine Schule besucht und sind Analphabeten geblieben.“ Schwierige Klientel. „Die privaten Sprachakademien machen keine Analphabetenkurse“, sagt Müller. „Solche Leute kommen zu uns.“

Wie hält man einen Stift?

Müller nimmt einen Kugelschreiber. „Manche wissen nicht mal, wie sie einen Stift halten müssen.“ Sie malt ein dickes I. „Was ist das?“ – Hmmm, ein I. – „Richtig. Was für eines?“ – „Hmmm, ein dickes …“ – Sie lacht. „Das ist eines, das wir alle oft als Symbol sehen, ein Icon für Information. Analphabeten wissen zwar, da bekomme ich Infos, aber nicht, dass das ein Buchstabe ist und dass der I heißt …“

Prekäre Honorarverträge statt Angestelltenverhältnis sind nicht nur im Bildungssektor üblich. Es betrifft auch das Hotel- und Gaststättengewerbe, viele Medienberufe und Künstler aller Art. Rechtlich gesehen, kann es sich leicht um strafbewehrte Scheinselbstständigkeit handeln.

Auch Aglaja Beyes, 61, war in Wiesbaden viele Jahre lang als Honorarkraft Kursleiterin und engagiert bei der Initiative Bildung Prekär. Sie spricht deutlich kämpferischer. Primär gehe es „nicht um höhere Honorare, sondern um Anerkennung und Würde. Lehrkräfte, die nach einem Arbeitsleben nur circa 500 Euro Rente erhalten, sehen ihre Menschenwürde gefährdet.“ Die Lehrkräfte, sagt sie, „sollen Migranten integrieren und werden selbst sozial desintegriert.“ Das bedeute später Altersarmut. „Die schleppen sich krank zur Arbeit, mit Fieber, auf Krücken, mit Verbänden wie ein Seeräuber – zum Schrecken ihrer Schüler, die sich fragen: Bekomme ich eine Grammatiklektion oder einen Bazillus?“

„Bildung kostet was!“

Beyes organisierte im Januar einen Streiktag in Wiesbaden. In Osnabrück gingen Integrationslehrer im März auf die Straße – die Bezahlung auf dem Niveau von 1990 sei „ein bildungspolitischer Skandal ohnegleichen“, schimpfte solidarisch der VHS-Leiter. Lehrkräfte skandierten: „Der, die, das – Bildung kostet was!“ Zurzeit ist in Berlin wieder einmal eine angeblich sogar deutliche Anpassung der Zuschüsse und Mindesthonorare im Gespräch. Das Kabinett berät, der Finanzminister will gern bremsen. Offenbar droht ein Engpass bei Dozenten. Wenn nicht genügend LehrerInnen gewonnen würden, heißt es im Innenministerium, werde dies „die frühzeitige Integration von Flüchtlingen in Deutschland massiv erschweren“. Allein die MigrantInnen der letzten zwölf Monate haben ein Anrecht auf mehrere hundert Millionen Personenstunden Unterricht.

Aglaja Beyes hat einen anderen Lösungsvorschlag: spezifischere Ausbildung und eine Gleichstellung zu Lehrern an Schulen. Die Zuständigkeit läge nicht indirekt über Zuschusspauschalen bei einem Bundesamt, sondern den Kultusministerien der Länder. Und dann bitte mit Festanstellung. „Man stelle sich mal vor, unsere Kinder würden jahrelang an den normalen Schulen von Honorarkräften im Stundenakkord unterrichtet.“

Den Honorarkräften für die Kurse der Geflüchteten bleibt bis dahin nur Idealismus, Taschengeld inklusive – wenn auch vielleicht bald erhöht. „DaFler sind immer auch ein Stück Ehrenamtliche“, sagt Barbara Müller von der Aachener Volkshochschule. „Das Schöne ist, wie dankbar die meisten Schüler sind, vor allem Migranten. Rührend manchmal, wie sie strahlen, wenn etwas klappt im Unterricht.“ Claudia Borst hatte es so gesagt: „Es gibt richtig bereichernde Glücksmomente. Da kommt so viel zurück.“ Ideellen Lohn gibt es immer. Brutto für netto.

* Name geändert

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11 Kommentare

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  • Wo Deutschland doch so am Hungertuch nagt...

  • Lieber Bernd, bitte, BITTE, vergiss mal ganz schnell diese groteske Herumrechnerei um das Entgelt.

    Wenn der kalkulative Stundenlohn errechnet werden soll (als Vergleich zum Nichtselbstständigen) dann geht das so:

    Im Stundenentgelt (24€) sind bereits Posten wie Vor- und Nachbereitung, Korrekturen und Besprechungen eingerechnet. Daher wird es auch pro Unterrichtseinheit (45 min) gewährt.

    der vom Selbstständigen selbst zu tragende AG-Anteil der Sozialversicherungen kann mit 20% angesetzt werden. (24€*5/6=20€)

    Urlaub wird mit 30 Arbeitstagen pro Jahr angesetzt (gesetzlich nur 24 Werktage) und Feiertage auf Wochentagen mit 8,3Tagen/Jahr. Macht also 221,7 Tage von 260 Tage.

    20€*221,7/260 sind 17,05 €/Stunde.

    Das wären bei einer "38-Stunden-Woche" 17,05*38*13/3=2808,20€/Monat Brutto.

    Du kannst jetzt über das Lohnniveau im Allgemeinen diskutieren, aber einen kalkulativen Stundenlohn von über dem Doppelten des Mindestlohnes als "Hungerlohn" (sic!) zu bezeichnen ist den Werktätigen in schlechter bezahlten Arbeitsverhältnissen gegenüber wirklich zynisch.

    • @Saccharomyces cerevisiae:

      Es gibt einen Fehler in der Berechnung:

      Sie nehmen das Honorar, das für 45 minuten Unterricht gezahlt werden und errechnen den netto-Stundenlohn: 17,05 €. Dann rechnen Sie aus, wie hoch das Nettogehalt bei 38 Stunden arbeit ist, wenn man für jede dieser 38 Stunden 17,05 € verdient.

      Genau das ist aber nicht der Fall: die 17,05 € gibt es nur für die geleisteten Unterrichtsstunden, also 20 bis 30. Die restlichen 8 bis 18 Stunden sind unbezahlt (bzw. sollen von dem Honorar für Unterrichtsstunden mit abgedeckt werden).

      Das Gehalt von 2808 € pro Monat würde eine Lehrkraft nur dann erreichen, wenn Sie 38 Unterrichtsstunden hält. Wenn sie die dann alle noch Vor- und Nachbereitet sind wir am Ende aber eher bei einer 50-60 Stunden-Woche.

      • @Lena WC:

        Sorry, da ist kein Fehler. Nur unter der Annahme, dass die Vor- und Nachbereitungszeit 1/3 der Netto Unterrichtszeit übersteigt müsste das berücksichtigt werden. Es handelt sich hier jedoch nicht um pädagogische Lehrkräfte im Schuldienst mit Deputaten von 25, 27 oder 30 Stunden pro Woche sondern um Dozenten die in Teilzeit tätig sind. Wie viel vor- und nachbereitet werden muss liegt im Ermessen und an der Professionalität der Unterrichtenden. Pauschale "Rechnungen" mit Faktoren um die 3 (1 UE plus 1,5h Vor- und Nachbereitung) sind nicht realistisch.

        • @Saccharomyces cerevisiae:

          Ok, dass die Vorbereitungszeit geringer ist als an normalen Schulen mag sein.

          Aber in deiner Rechnung ist sie ja gar nicht vorhanden, oder hab ich das falsch verstanden?

          Aber ohne Vor- und Nachbereitung zu unterrichten wird ja auch bei DaF nicht funktionieren.

          • @Lena WC:

            Nein, da der Träger die Unterrichtseinheit von 45 min mit 24€ vergütet, dies allerdings als Stundenentgelt gerechnet wurde ergibt sich eine Zeitverteilung von 45min Unterricht und 15 min Vor- und Nachbereitungszeit. Alles in allem also 1 Stunde Vor- und Nachbereitungszeit pro 3 Stunden Unterricht. Und das ist auch ausreichend.

  • Liebe taz, grundsätzlich ist es ja richtig festgestellt, dass DeutschlehrInnen in den BAMF-Kursen zu wenig verdienen, trotzdem ist hier schlecht recherchiert, denn lt. Integrationskursverordnung muss jeder zertifizierte Sprachkursträger mindesten 23,00€ pro UE bezahlen, sonst verliert er die Zulassung (im Gespräch sind neuerdings 27,00 €). Falsch ist auch, dass Universitätsniveau erreicht werden soll, Ziel nach den 600 bzw. 900 Stunden ist der Abschluss B1 gemäß europäischem Referenzrahmen. Für ein Studium ist ein Abschluss C1 notwendig. Bitte etwas mehr Sorgfalt

    • @Gerry:

      (oh, ich hab den falschen Kommentar kommentiert, das sollte hier gar nicht hin...)

    • @Gerry:

      Es gibt einen Fehler in der Berechnung:

      Sie nehmen das Honorar, das für 45 minuten Unterricht gezahlt werden und errechnen den netto-Stundenlohn: 17,05 €. Dann rechnen Sie aus, wie hoch das Nettogehalt bei 38 Stunden arbeit ist, wenn man für jede dieser 38 Stunden 17,05 € verdient.

      Genau das ist aber nicht der Fall: die 17,05 € gibt es nur für die geleisteten Unterrichtsstunden, also 20 bis 30. Die restlichen 8 bis 18 Stunden sind unbezahlt (bzw. sollen von dem Honorar für Unterrichtsstunden mit abgedeckt werden).

      Das Gehalt von 2808 € pro Monat würde eine Lehrkraft nur dann erreichen, wenn Sie 38 Unterrichtsstunden hält. Wenn sie die dann alle noch Vor- und Nachbereitet sind wir am Ende aber eher bei einer 50-60 Stunden-Woche.

    • @Gerry:

      Dass die Anbieter diese Mindestsätze häufig unterbieten, steht aber auch im Text. Da spielt es dann eigentlich keine Rolle, ob der Mindestsatz bei 20, 23 oder 27 Euro liegt, wenn die Anbieter sowieso tun, was sie wollen. Und der Staat nichts dagegen unternimmt, weil er händeringend jeden Kurs braucht und auch Dumping-Anbieter akzeptiert.

      Die Fälle, in denen die Zulassung wegen Unterbezehlung entzogen worden sind, dürften äußerst gering sein. Der Mindestsatz ist also weitgehend wirkungslos.

      Abgesehen davon, dass das gesamte System der Bezahlung nach Unterrichtseinheiten völlig absurd ist, weil er nur einen Teil der Arbeitsleistung abdeckt. Das ist so, als bekäme ein Briefträger nur Gehalt für den Weg von der Gartentür zum Briefkasten, aber nicht für die Wege auf der Straße. Der Mindestsatz ist also eigentlich nur Kosmetik der davon ablenkt, dass die prekäre Beschäftigung eine viel weitergehende Unverschämtheit beinhaltet, nämlich das völlige Fehlen von sozialer Absicherung und auch von Anerkennung für die Gesamtarbeitsleistung der Lehrenden.

      Von Uni-Niveau ist übrigens im Artikel nur am Beispiel des spezifischen Kurses in Aachen die Rede, wo gezielt auf ein nachfolgendes Studium vorbereitet wird.

  • Ihr lieben taz-Redakteure,

     

    es stimmt, dass häufig Diplompädagogen Deutsch als Fremdsprache unterrichten. Seit Herbst 2015 unterrichte auch ich im Wechsel mit einer Kollegin im Berliner Flüchtlingsheim in der Eschenallee. Meine Kollegin sieht die Flüchtlingspolitik der Regierung eher positiv, ich betrachte sie ausgesprochen kritisch. Aber wer dann eben hier ist, der sollte mit den Einheimischen wenigstens kommunizieren können. Daraus speist sich meine Motivation. Wir sind berufstätig und arbeiten eherenamtlich in unserer Freizeit abends von 18 - 20 Uhr. Nicht mal eine Aufwandsentschädigung gibt es dafür, geschweige denn stellt irgendjemand dort Lehrmaterialien zur Verfügung. Das geschieht engagiert auf eigene Kosten und mit zusätzlichem Zeitaufwand. Ich denke, dass das vielerorts so ist.

    Seltsamerweise kommen die "DaFler" meist aus einer eher bürgerlichen Schicht.

    Das "Danke dafür" sind die beobachtbaren Lernfortschritte der Geflüchteten.

     

    Lothar Kopp