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Stefanie Sargnagel über die Literaturwelt„Ich zerfick dich mit meim Binnen I“

Mit Einträgen auf Facebook wurde sie ein Star. Bekommt sie jetzt den Bachmann-Preis? 49 Fragen an Stefanie Sargnagel.

Findet, dass die „Literaturwelt 1 Stock im After hat“ – und kann auch zeichnen: Stefanie Sargnagel Foto: Stefanie Sargnagel

Sie trägt immer Kippe und rote Baskenmütze, gilt als trinkfest und als Facebook-Junkie: Stefanie Sargnagel, 30, geborene Sprengnagel, ist Wienerin, Humoristin, Autorin, Künstlerin. Auf Facebook schreibt sie über sich und über andere, politisch, poetisch und einfach so, meist auf Österreichisch und ohne Rücksicht auf Grammatik. Aus ihren Einträgen, regelmäßig von Hunderten Fans gelikt, entstanden zwei Bücher: „Binge Living. Call-Center-Monologe“ (2013) und „Fitness“ (2015). In Deutschland wurde sie letztes Jahr mit ihrem Artikel über die Band „Wanda“ bekannt – und mit ihrer Kritik an einem antifeministischen Text der Journalistin Ronja von Rönne. Bei Daniel Richter hat Sargnagel mal Kunst studiert, bis letztes Jahr hat sie im Callcenter gearbeitet. Dieses Jahr liest sie in Klagenfurt um den Bachmann-Preis. Wir haben ihr 49 Fragen geschickt.

1. Du sitzt in deinem Lieblingspark. Wir bringen drei Bier mit: ein Dose Hansa Pils, eine Flasche taz-Panterbräu (0,33 l) und eine Flasche Österreichbier. Welches nimmst du?

Das 0,5 Bier. 0,33 Bier = Bourgeoisie und stresst irgendwie, weil zu klein. Wenn auf einer Veranstaltung nur kleine Bier verkauft werden, ist es immer Hochkultur.

2. Sollen wir darüber reden, wie sehr es dich nervt, dass alle immer über deine Trinkgewohnheiten reden wollen?

Das hat nachgelassen, weil ich das selbst auch gar nicht mehr so thematisiere. Exzess ist ab 30 auch so anstrengend. Ich erzähl jetzt ja viel mehr über Hotelzimmer und feine Fischplatten.

3. Oder über deine Mütze?

Zur Mütze hab ich halt wirklich wenig zu sagen, deshalb find ich die Fragen dazu auch fad.

4. Facebook hat dich groß gemacht. Mittlerweile warten Tausende Fans auf deine Einträge. Hast du geregelte Arbeitszeiten?

Ich hab Facebook groß gemacht.

5. Jeden Tag liefern müssen. Status: überfordert?

Ich muss gar nichts, ich fühl mich nicht unter Druck irgendetwas zu liefern. Manchmal hat man halt originelle Gedanken und manchmal nicht, ich teile sie aber ALLE.

6. Du wirst als „Mediendarling“, „It-Girl“, „obszön und linksextrem“ bezeichnet. Du selbst bezeichnest dich als „Opfer“. Was denn nun?

Die Bezeichnung It-Girl stammt von mir, das hat davor noch nie eine Journalistin von sich aus geschrieben. Ich habe immer wieder in Interviews gesagt, ich wäre ein It-Girl, weil es ungefähr das unpassendste ist, was man über mich sagen kann. Witzigerweise verwenden es jetzt aber Leute, um mich zu dissen, weil sie halt gar nix checken.

7. Seit den Wahlen geltet ihr Österreicher als gespalten. Seid ihr gespalten?

Ja, es gibt nur noch kernige Schweinsbratenfressende Lederhosen-Nazis in Panzern und vegane alternative Wollpulloverhippies auf Fahrrädern, nichts mehr dazwischen.

8. Bist du eine Spalterin?

Ich glaube eigentlich nicht, ich versuche schon Menschen zu verstehen und finde alles gleich lächerlich.

9. Wer ist die größte Spalterin: Hillary Clinton, Ronja von Rönne oder Frauke Petry?

Deine Mutter

10. Wer „Carpe diem“ sagt, wählt auch …?

Neos

11. „Lebe jeden Tag, als ob er dein letzter wäre“ stand an einer Klotür der Wiener Akademie der Künste. Gehst du deshalb nicht mehr in die Uni?

Ja, das hat mich schon sehr abgeschreckt. Mittlerweile hab ich aber kapiert, dass Künstler nicht unbedingt große Leuchten sein müssen, um gute Kunst zu machen. Das Werk ist oft klüger als der Autor.

12. Wir sind erst bei der zwölften Frage. Würdest du jetzt schon lieber die 99 Fragen von Moritz von Uslar fürs ZEIT-Magazin beantworten?

Wer is das?

13. Wäschst du ab?

Nein

14. Bügeln?

Nie

15. Leute, die Bettwäsche zum Lüften aus dem Fenster hängen, sind …

Nazis

16. Ist Jan Böhmermann lustig?

Nie gehört

17. Ist „Schwiegertochter gesucht“ lustig?

Nein

18. Ist Roland lustig?

[*Anm. der Redaktion: mutmaßlicher Lebensgefährte von Stefanie Sargnagel]

Ja, er ist sehr lustig. Und der beste Musiker. Aber wie die meisten lustigen Männer, schwul.

taz.am wochenende

Die polnische Regierung torpediert die Pläne für das Danziger Museum des Zweiten Weltkriegs und vergeudet damit eine historische Gelegenheit. Den Essay des Holocaustforschers Timothy Snyder lesen Sie in der taz.am wochenende vom 4./5. Juni. Außerdem: Etablierte Parteien suchen die gesellschaftliche Mitte. Aber wo ist sie? Ein Besuch in Gittis Bier-Bar in Berlin-Mitte. Und: Woher rührt die neue Liebe der Grünen zur Polizei? Dies und mehr am Kiosk, eKiosk oder im praktischen Wochenendabo.

19. „Pfuh, Männer sind einfach so over“ hast du letztes Jahr in einem Text über den Bachmann-Preis geschrieben. Gilt das immer noch?

Ich glaube schon, die männliche Perspektive ist einfach ausgelutscht wie 1 alter Penis.

20. Dieses Jahr liest du selbst in Klagenfurt und hast angekündigt, jedem Autor unauffällig „Ich zerfick dich“ ins Ohr zu sagen. Wie geht zerficken?

Man geht zu jemanden und gibt ihm ganz viele Bussis auf die Nase

21. Statusmeldungen mit Bier oder mit FPÖ – was liest du in Klagenfurt?

Es ist ein Fließtext, den ich zwei Nächte vor der Abgabe geschrieben hab. Er ist ganz anders als Statusmeldungen, weil dazwischen immer: „Dann hab ich das gemacht. Dann bin ich da hingegangen. Der Himmel war grau.“ und sowas kommt.

22. Denkst du an Deutschland in der Nacht, denkst du …?

Baggersee mit Malte

23. Denkst du an Wiens 16. Bezirk in der Nacht, denkst du …?

Drogendealer, die mich freundlich fragen, wies mir geht, Indielokale, Falafeldürüm.

24. Woran würdest du lieber nicht mehr denken?

An diese Sachen, die ich die ganze Zeit zu verdrängen versuche.

25. 1 Satz zu Lena Dunham?

Ich mag die Serie Girls.

26. Du hättest deinen Körper in den Ring geworfen, wo er schon durch seine nichtformative Form politisch wurde, hat eine Autorin über dich geschrieben. Dazu 2 Sätze?

Du liest Theorie und schreibst so Haiku Kitsch

Doch mein BMI ist höher als dein IQ, Bitch

27. 3 Sätze zur europäischen Flüchtlingspolitik?

Ich will Europa islamisieren

Ich mag die Teppiche und den Tee und Schweinefleisch ist schlecht fürs Herz

28. :-) oder :)??

:'D :'D :'D

29. Über junge Autorinnen schreiben Kritiker gern: „Sie kann schreiben.“ Was willst du denen gern ins Ohr sagen?

Ich zerfick dich mit meim Binnen I.

30. Deinen Schreibstil hat mal jemand „Fäkalrealismus“ genannt. Gutes Wort?

Das wurde von mir abgeschrieben. Das habe ich selbst mal in einem Text über Österreich verwendet.

31. Du hast lange im Callcenter gearbeitet. Welche Nummern kennst du noch auswendig?

Bahnauskunft Telefonseelsorge Apothekennotruf

32. Wir finden deinen Post nicht mehr, aber er ging ungefähr so: „Mit fröhlichen Menschen weiß ich nie, was ich reden soll“. Sind fröhliche Menschen Langweiler?

Eigentlich nicht, aber ich will immer nur über negative Sachen reden, das schafft das Gefühl von Tiefe und Verbundenheit und fröhliche Menschen reagieren dann immer so seltsam.

33. Bei Lesungen sollte man a) lachen oder b) zuhören?

Weinen

34. Wer die Jungpoetin Julia Engelmann gut findet, kauft auch bei …?

Itunes

35. Wer bei Daniel Richter studiert, hört auch …?

Stimmen

36. Wer Wanda hört, lacht auch über…?

lustige Tiere

37. Reichen auch 37 Fragen?

Ich kann nicht mehr

38. Wir müssen noch über Ronja von Rönne sprechen. Was ist das für 1 life?

1 an das sich Chauvis vorm Untergang des Patriarchat noch ängstlich klammern.

39. Eine von uns geht gerade Kuchen holen. Da kann ich ja dann jetzt endlich fragen: Fußball?

Ich würde mich gern für Fußball interessieren, weil es neben heterosexueller Liebe das Schicht übergreifendste und internationalste Thema der Welt ist und weil es fast egal wo, fast egal mit wem, hilft, Eis zu brechen, aber es interessiert mich einfach nicht.

40. Was ist das für 1 Frage?

1 ganz kniffelige

41. War das jetzt Battle Rap?

Ich würd euch Gammas von der Taz niemals battlen

42. Warum wollen immer alle von Schriftstellern wissen, was sie lesen?

Als Tipp für den Urlaub

43. Warum wollen immer alle, dass Schriftsteller Romane schreiben?

Weil die Literaturwelt 1 Stock im After hat

44. Was setzt dich mehr unter Druck: 5 Jahre kaputte Glühbirne im Vorzimmer oder wenn es an der Tür klingelt?

Diese Frage allein macht mich psychisch fertig.

45. Wofür stehst du auf?

Für leckere Snacks

46. Laufmaschen in Strumpfhosen: woher?

Von den Flöhen

47. Ein gelöschter Post?

Alle im Rausch enstandene

48. Zurück zum Bier: Noch eins?

Seit ich in der Hautevolee angekommen bin, trink ich nur noch Weißweinspritzer und Hugo.

49. Zeichnest du uns was?

Ok

[*Anm. der Redaktion: siehe Bild oben]

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2 Kommentare

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  • 30 Jahre nach dem Punk ist der Punk in der Literatur für manche immer noch eine Provokation oder leuchtendes Beispiel für Jugend oder antichauvinistisches Manifest ohne Manifest oder irgendwas, jedenfalls, oder wieso wird das eigentlich gehypt?

     

    Leute, wo sind eure Standards? Pose in Posts, ist das schon interessant, weil es ein paar Facebook-Follower hat?

     

    Früher hat die Literatur mal was gewollt. Wo sind eigentlich die Standards der Literaturkritik geblieben?

    Nachdem der einflussreiche Kritiker Ijoma Mangold diese Woche zugegeben hat, ein Liberalkonservativer zu sein, wundert mich nichts mehr. Da will die Kritik natürlich nicht, dass die Literatur noch was will. Der Rest ist Pose.

    Pose in Posts.

  • Gott, ist die nervig!