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Kommentar US-Vorwahl der RepublikanerSchluss mit der Illusion

Barbara Junge
Kommentar von Barbara Junge

Dass Trump als einziger Republikaner im Rennen um die Präsidentschaft bleibt, ist ebenso konsequent wie gut. Nun wissen alle, was dem Land droht.

Hätte ohnehin nichts gegen Trump ausrichten können: John Kasich kandidiert auch nicht mehr Foto: ap

S inn hat das schon lange nicht mehr ergeben. Seit Beginn der US-amerikanischen Vorwahlen im Februar hat Trump-Rivale John Kasich offensive Realitätsverweigerung betrieben, gemeinsam mit weiten Teilen des republikanischen Establishments. Ted Cruz, der Erzevangelikale aus Texas, war im Kampf um die Präsidentschaftskandidatur bis Mittwoch zumindest eine in Zahlen messbar relevante Größe neben Donald Trump.

John Kasich indes hätte nur unter einer einzigen Voraussetzung in die Nominierung eingreifen können: Wenn er eine Partei hinter sich gehabt hätte, die im Zweifel in der Lage wäre, politisch zu agieren. Diese Partei aber gibt es nicht.

Deshalb ist die ideell vorweggenommene Nominierung Trumps ebenso konsequent wie gut. Die Republikaner bekommen einen freien Blick auf das, was sie aus ihrer Partei gemacht haben: einen positionsflexiblen Wahlverein für lukrative Posten; eine Ansammlung von Politikern, die nie der Täuschung erlegen wären, sie meinten ihre Wahlversprechen ernst. Trumps Sieg ermöglicht den Republikanern und den anderen Teilen der amerikanischen Gesellschaft auch einen klaren Blick darauf, was sie aus ihrer Wählerbasis gemacht haben.

Im Zusammenspiel von nicht gehaltenen Versprechen und jahrelanger Agitation gegen „das demokratische Washington“ ist ein weißer, wütender Mob entstanden. Den wieder zu zähmen dürfte eine Generationenaufgabe sein. Es ist wie mit der Revolution und ihren Kindern.

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Endlich ist nun auch Schluss mit der bangenden Illusion jenseits des politischen Grabens. Die demokratische Öffentlichkeit in den USA, wie in Europa und anderen Weltgegenden, hat sich bislang wider besseren Wissens an dem Gedanken festgehalten, Donald Trump könne noch vor der Nominierung gestoppt werden.

Wäre John Kasich, auch ohne jegliche Chance, als letzter Rivale im Rennen geblieben – die Illusion hätte sich an ihn geheftet. So müssen Linke, Demokraten, besorgte Europäer oder geschockte Südamerikanerinnen jetzt den Blick auf das aushalten, was und wer dem Land und der Weltgemeinschaft droht. Donald Trump.

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Barbara Junge
Chefredakteurin
taz-Chefredakteurin, Initiatorin der taz-Klima-Offensive und des taz Klimahubs. Ehemals US-Korrespondentin des Tagesspiegel in Washington.
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9 Kommentare

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  • 7G
    76328 (Profil gelöscht)

    Liebe Frau Junge, sie fragen sich tatsächlich was den USA und der Weltgemeinschaft mit Donald Trump drohen möge?

     

    Was haben sie denn zu G.W Bush, dem 2. Irakkrieg, Abu-Ghuraib, Guantanamo, dem American Service-Members’ Protection Act und TTIP publiziert?

    Donald Trump scheint mir insofern die konsequenteste Antwort eines postkapitalistischen Wertesystems zu sein. Wozu also ihre Krokodilstränen? Quo vadis taz?

  • Es ist auch das Misstrauen gegen den Washingtoner Lobbyismus, das Trump geholfen hat. Als Milliardär ist er nicht von Spenden einflussreicher Wirtschaftsverbände abhängig, so hofft man.

     

    Wie Newt Gingrich es so schön formuliert hat: "It's a very simple rule - if you think Washington is so sick you want someone to kick over the kitchen table, then you like Donald Trump and frankly you don't care about the details."

  • So, so! Da sind den Republikanern wohl im letzten Moment doch die Milliardäre ausgegangen, die noch gegen Trump antreten könnten.

  • Einen Gotteskrieger hatten wir doch an genau der Position schon: g.w.bush - der hat auch gesagt, er macht das, was Gott ihm nachts eingibt. Kein Witz!

    trump weiß leider sehr gut gut, wie man einzellige Leute einwickelt, und davon hat das Land viele Millionen. Mit einer selbstinszenierten Reality-TV-Show nach dem Prinzip "jeden Tag fliegt einer raus" hat er sich zum Medienhelden gemacht und wird dafür nun vergöttert, weil er ja so cool und so fortschrittlich und so unangepasst ist. Viel besser als der politisch korrekte, immer gut gelaunte und zum Schein gutmenschige Noch-Präsident. Nach dem "Sieger" der damaligen Show fragt heute keiner mehr. Er war jedenfalls keiner.

    Das ist so, als würden die Leute hier nun verlangen, dass Heidi Klum die nächste Bundeskanzlerin wird. Politische Ahnung egal, Hauptsache es wird was geboten auf dem Bildschirm.

    Die dumpfe Masse will jetzt nach acht Jahren Langeweile wieder Action sehen. Sie wollen jemanden, der notfalls im White House auch mal wen erschießen lässt, um seine Meinung klarzumachen, weil "so sehen Sieger aus". (mit rauchender Wumme)

    Kaum einer hinterfragt, *wer* da auf dem besten Wege ist, die Präsidentschaft zu kaufen. Egal, Hautpsache was ganz anderes als Obama.

    Daher um so mehr: bloß nicht trump! Denken hier viele, weil wir leider eine Regierung haben, die ihm nichts entgegenzusetzen hätte. Hätten wir starke Politiker, die von vorneherein klarmachen würden, dass sie trump als Präsident weder akzeptieren noch respektieren, könnte man mit besserem Gefühl in die Zukunft blicken. Europa sollte sich das wirtschaftlich eigentlich leisten können, und politisch ist es in diesem Sonderfall auch legitimiert.

    Der "mächtigste Mann der Welt" muss eigentlich auch von der ganzen Welt gewählt werden, nicht von 250 Millionen, von denen offenbar mehr als die Hälfte nicht wahlberechtigt sein dürfte.

  • Vielleicht ist es auch für Deutschland gut wenn Trump Präsident wird. Die Beispiele Polens und der Türkei, in denen die Menschen dumm genug waren antidemkratische Bauernfänger zu wählen, werden anscheinend nicht ausreichend als Warnung wahrgenommen. Vielleicht kann Trump einer ausreichenden Menge von Wutbürger_innen die Augen dafür öffnen was passiert, wenn man einfacht stumpf "dagegen" wählt und sein Kreutzchen bei der AFD macht. Viel Hoffnung habe ich zwar nicht, aber ...

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @Iost Zwiesel:

      "Die Beispiele Polens und der Türkei, in denen die Menschen dumm genug waren antidemkratische Bauernfänger zu wählen, werden anscheinend nicht ausreichend als Warnung wahrgenommen."

       

      Zu der Türkei kann ich nicht viel sagen. In Polen würde eine liberale aber auch ökonomisch neoliberale Regierung gegen eine nationalistische aber soziale (Steuern, Kindergeld, Arbeitsrecht) Regierung ausgetauscht.

      Dummheit ist es nicht, eher schon materielle Berechnung.

       

      "Progressive" ohne materielle Umverteilung und soziale Politik reicht halt heute nicht aus. genauso könnte es Demokraten (ohne Bernie Sanders) in den USA ergehen. 140 Mio. USD Einkommen in dem Zeitraum 2007-2015. Bücher, Vorträge, Reden - das Wort Clintons' scheint mehr Gewicht haben als Gold. Oder es ist eine Zahlung/Vorauszahlung/incentive.

      Clown oder geldgierige Soziopathin? Ich bin für den Clown.

      • @10236 (Profil gelöscht):

        Genau ! Der Clown soll's werden ! Hoffen wir , dass sich Millionen von Sanders-AnhängerInnen für Trump und gegen die Gold-und Haudrauf-Hillary entscheiden werden , gegen eine Steigerung des häßlichen Bush-Obama-Amerikas !

        (... die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt .)

        • @APOKALYPTIKER:

          Is schon dood.

  • In seiner Abschiedserklärung hat Kasich ständig davon geschwafelt, was Gott mit ihm vorhat. Ein Mann an der Spitze der USA, der selbst nichts vorhat, sondern sich von Gott gesteuert glaubt, wäre eher schlechter als Trump gewesen.

     

    Stellen wir uns also auf einen Präsident Trump ein. Die Wahrscheinlichkeit, dass er gegen Hillary C. gewinnt ist recht hoch. Es sei denn, Frau Clinton kommt mit dem Motto „bloß nicht Trump“ bis ins Weiße Haus. Aber eine Präsidentin, die nur gewählt wird, um einen anderen zu verhindern, braucht auch keiner.