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Auf der Zielgeraden in die Hofburg

Österreich II Umfragen vor der Wahl zum Bundespräsidenten: Rechtspopulistischer Kandidat Hofer hat die Nase vorne

WIEN taz | Vier Tage vor der Stichwahl um das Amt des österreichischen Bundespräsidenten ist das Rennen immer noch offen. Die meisten Umfragen sehen leichte Vorteile für den Kandidaten der rechten Freiheitlichen Partei Österreichs, Norbert Hofer.

Bei der ersten Runde am 24. April lag Hofer mit 35 zu 21 Prozentpunkten vor Alexander Van der Bellen, dem ehemaligen Grünen-Chef.

Nach jüngsten Prognosen liegen beide Kandidaten Kopf an Kopf bei jenen, die ihre Wahlentscheidung schon getroffen haben und am Sonntag sicher zu den Urnen gehen. Bei den Unentschlossenen werden Vorteile für Hofer gesehen. Bei den Anhängern der geschlagenen Kandidaten und der Unabhängigen Irmgard Griss kommt Van der Bellen deutlich besser an. Bei den Unpolitischen kommt der 45-jährige Hofer als jugendlich-dynamisch rüber.

Auf seinen Wahlplakaten präsentiert sich der 72-jährige Grüne Van der Bellen als freundlicher Opa, der die Natur und die Berge liebt. Schließlich ist er im Tiroler Kaunertal aufgewachsen. Er kehrt aber auch den Staatsmann hervor, der in aller Welt Ansehen genießt. Mit Hofer, so warnt der Wirtschaftsprofessor, würde Österreich international isoliert. Hinter Van der Bellen stehen Künstler, Intellektuelle, die höher Gebildeten, zahlreiche Politiker von SPÖ und ÖVP.

Offizielle Wahlempfehlung gibt es von den Regierungsparteien aber keine. Hofer hat kaum prominente Fans. Deswegen inszeniert er sich als authentischer Vertreter des einfachen Volkes. „Das RECHT geht vom VOLK aus“, plakatiert er im Stil der Boulevardzeitungen. Und: „Nur ER ist kritisch gegenüber der EU“. Immer wieder trommelt er seine Botschaften: Mit mir gibt es weder das umstrittene transatlantische Freihandelsabkommen TTIP noch einen EU-Beitritt der Türkei. Kein Land ist so TTIP-kritisch wie Österreich. Und Erdoğans autoritäre Türkei hat wenige Freunde.

Van der Bellen, der nach einem sehr zurückgenommenen Start in den Wahlkampf nun offensiver auftritt, warnt vor einer autoritären Wende in Österreich, falls Hofer in die Hofburg einzieht. Der Wahlkampf tobt nicht nur im Fernsehen und den Tageszeitungen. Für die Generation Facebook werden ständig Videoclips verschickt. Die Grünen fordern alle Van-der-Bellen-Fans auf, in ihrer Umgebung für den Professor zu werben.

Medialer Höhepunkt des Wahlkampf wird die Debatte im ORF am Donnerstag sein. Nach dem wilden Schlagabtausch im Privatsender ATV vergangenen Sonntag ist das Interesse daran auch im Ausland sprunghaft gestiegen. Ralf Leonhard

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