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Kommentar Zweiter Super Tuesday USADer Taschenspieler gewinnt

Rieke Havertz
Kommentar von Rieke Havertz

Die Republikaner haben sich völlig von ihrer Basis entfremdet. Die Konsequenz daraus ist Donald Trump – mit seinen billigen Tricks.

Früher war alles besser und Amerika großartiger. Genau. Foto: reuters

B ye, bye, Marco Rubio. In dessen Ausstieg aus dem Wahlkampf nach dem Desaster bei der Vorwahl in seinem Heimatstaat Florida manifestiert sich nicht nur das Scheitern eines Politikers. In Rubios verlorenem Kampf gegen Donald Trump zeigt sich auch das Scheitern der Republikanischen Partei. Die Konservativen versuchen seit Wochen, dem beim Establishment unbeliebten, bei vielen Wählern jedoch äußert populären Kandidaten Donald Trump jemanden entgegenzusetzen. Erst war es Jeb Bush, dann Marco Rubio und nun in einem letzten verzweifelten Versuch John Kasich, der Trump in Ohio schlagen konnte.

So soll Trumps Weg zur Nominierung lang und mühsam gemacht und im besten Fall auf dem Parteitag im Juli noch über eine Abstimmung verhindert werden. Wer kein Anhänger des populistischen und teils rassistischen Wahlkampfs von Trump ist, muss darauf setzen, dass diese Taktik noch Wirkung zeigt. Denn nur so scheint Trump noch zu schlagen zu sein.

Trumps deutlicher Sieg über Rubio in Florida belegt neben allen Nominierungsmöglichkeiten, dass sich die Republikaner völlig von ihrer Basis entfremdet haben. Die besteht nicht nur aus den besserverdienenden Wertkonservativen, die Kasich in Ohio zum Sieg verholfen haben. Sie besteht eben auch aus denjenigen, die zur unteren Mittelschicht gehören, die sich in einer sich wandelnden Gesellschaft mit mehr Diversität, weniger starrem Wertesystem und einer ausgeprägten „Gig Economy“, in der Jobs kurzfristig kommen und gehen, nicht mehr zurecht finden.

„Früher war alles besser – und dahin können wir zurückfinden“, so lautet Trumps billiger Taschenspielertrick. Gespickt mit aggressiver Rhetorik, die die Wut seiner Anhänger anheizt. Ted Cruz agiert ähnlich, und er ist derjenige, der hinter Trump derzeit die meisten Delegiertenstimmen hat – nicht Kasich.

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Die Partei muss darauf eine Antwort finden. Mehr Populismus kann und darf sie nicht lauten. Es wird Zeit brauchen, eine neue konservative Programmatik zu entwerfen, die rechte wie gemäßigte Flügel wieder vereint. Das ewig Alte, das zeigt der Erfolg von Trump, überzeugt Wähler nicht mehr. Das Establishment wird sich von sich selbst befreien müssen, um Raum für neue Ideen zu schaffen. In diesem Wahlkampf ist es dafür zu spät. Und die Konsequenz daraus ist Donald Trump.

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Rieke Havertz
Leiterin taz.de
Jahrgang 1980, studierte Journalistik und Amerikanistik an der Universität Leipzig und der Ohio University. Seit 2010 bei der taz, zunächst Chefin vom Dienst, seit Juli 2014 Leiterin von taz.de. Schreibt schwerpunktmäßig Geschichten aus den USA.
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3 Kommentare

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  • ".... dass sich die Republikaner völlig von ihrer Basis entfremdet haben."

    Ich würde die aktuelle Entwicklung in den USA oder auch die aktuellen Landtagswahlen in DE in ein übergeordnetes Licht stellen:

    Es ist eine schon länger zu sehende fast schon soziologische Beobachtung wie diskutiert, wie entschieden und wie Allianzen geschmiedet werden. In der Politik, in den Medien in Kommentarfunktionen.

     

    Normal wäre: Problem definieren, Zuhören, eigene Meinung, Argumente austauschen, einvernehmliche Lösung und Umsetzung; auch wenn nicht 100 % deckungsgleich. Eine gepflegte Diskussions - und Entscheidungskultur eben. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit zumal bei zunehmender Bildung aller Protagonisten.

    Es ist die letzten Jahre das Gegenteil passiert! Es geht um Lager und Schubladen: Für sich selbst: Freunde: Alle anderen: Die Anderen!

    Das führt zu einer durchgreifend intoleranten Haltung. Meinung wird personalisiert und wenn das eigene Argument fehlt wirds eben persönlich um sich nicht mit der anderen Meinung zu beschäftigen.

    Zurück zum Thema: USA macht seit der Tea Party sichtbar wie das geht. Es gibt demokratische und republikanische Familien. An den Unis orientieren sich Freundschaften und Liäsonen entlang dieser Linie. Wo stehst du? Das bist du!

     

    Trump treibt diese allseites akzeptierte bzw. zumindest gelebte Sichtweise auf die Spitze. Links rechts, Establishment oder nicht nicht, früher gut heute schlecht....

     

    Ich betrachte das als eine logische Weiterentwicklung der letzten Jahre. Übrigens: Der Personenkult ist Teil dieser Entwicklung: Ob Trump hier als Retter oder Merkel als CDU dort, oder Zuckerberg als "das INternet". Allseits akzeptierte PLatzhalter statt Inhalt oder Entwicklung; leader statt Mitsprache und Argument .

     

    Faschismus? Es geht zumindest um Ausgrenzung bzw. Findung des eigenen Bewegungs- und Wohlfühlbereichs. Argumente sind zweitrangig.

    Ich bin gespannt wo die USA in 6 Monaten steht oder wir hier in DE in 5 Jahren.

    • @Tom Farmer:

      In diesem Kommentar findet sich im großen Falschen manch Richtiges: Ja, man hört einander kaum zu und will den je anderen gern "weghaben". Aber mal am Beispiel "Trump vs. Anti-Trump": Die sind inhaltlich-programmatisch nun mal in etwa so: Hier weiß-konservative, nationalistische Vorherrschaft, die "Amerika" (also die USA) wieder als undebattierbaren World Leader re-etablieren möchte; dort Leute wie u.a. Sanders, die die Klassenmäßige Ausgrenzung thematiseren und einen Ausgleich wollen.

      Wenn man schon sagt, man sollte einander zuhören, dann sollte man - auch im Falle AFD - sehr genau sagen: Es gibt welche, die Hetze und Diskriminierung betreiben oder verstärken wollen, und andere, die das stört!

      • @Spin:

        Gemäß Ihrem Eingangssatz: Es geht genau nicht um richtig oder falsch sondern um Argumentation und allenfalls Wahrscheinlicheiten richtig oder falsch zu liegen.

        Das ist aber nicht Zeitgeist sondern Zeitgeist ist die oft zu schnelle Festlegung auf (einfache) Thesen, Personen, Zugehörigkeit, Schublade...

         

        In der Politik oder in Kommentaren gepaart mit einem entsprechend ruppigen Ton, um die eigene Position (leider oft ein Nichtargument) zu stärken; oder andere zu schwächen.

         

        Die AfD muss daher thematisch konfrontiert werden und nicht "du schürst Hass" Hass ist das Resultat des falschen Arguments nicht das Argument himself.