piwik no script img

Jubiläumstor für Werder BremenWichtiger Sieg mit etwas Schwindel

Werder Bremen verschafft sich mit dem zweiten 4:1 in Folge Luft im Abstiegskampf und stürzt Hannover 96 noch tiefer hinein.

Voller Liebe: Claudio Pizarro nach seinem 100. Treffer für Werder Bremen. Foto: dpa

Bremen taz | Es waren drei Momente, die von diesem Nachmittag in Erinnerung bleiben werden. Alle haben mit Timing und mit Cleverness zu tun, aber nur einer war schön. Das war der Moment, als sich Claudio Pizarro endgültig in den Rang des größten Werder-Spielers dieses Jahrhunderts schoss.

Dieses 2:0 in der 26. Spielminute vereinte all das, was Mehmet Scholl einst dazu brachte, seinen damaligen Mannschaftskameraden bei Bayern München als den besten Spieler zu bezeichnen, mit dem er jemals zusammengespielt habe. Dicht bedrängt im Strafraum, nahm er erst ein hohes Zuspiel seelenruhig an, hob den Ball mit rechts elegant über zwei Gegenspieler hinweg, drehte sich, ließ den Ball noch einmal aufprallen und hämmerte ihn mit links in den Winkel.

Solch schöne Tore kommen vor, fast jedes Wochenende, aber selten in einer Drucksituation wie der, in der sich die Bremer vor dem Spiel befanden. Und noch seltener, wenn es ein Jubiläumstor ist – wie das 100. Bundesliga-Tor von Claudio Pizarro für Werder Bremen. Noch ein Tor, dann hat er den Vereinsrekord von Marco Bode eingestellt. „Ich glaube, ich kann das schaffen“, sagte er mit Blick auf die verbleibenden neun Saisonspiele.

Schon am Mittwoch beim 4:1-Sieg in Leverkusen war Pizarro mit drei Treffern der entscheidende Spieler gewesen. Dass in Bremen die Zuversicht wieder da ist, den Klassenerhalt zu schaffen, hat vor allem mit dem Auftreten des 37-jährigen Peruaners zu tun. An seinem Selbstbewusstsein und an seiner Erfahrung richten sich die bis vor Kurzem stark verunsicherten Mitspieler langsam wieder auf.

Auch die anderen drei Treffer durch Fin Bartels (18.), Theodor Gebre Selassie (56.) und Zlatko Junuzovic (67.) waren die Folge von flüssigen, durchdachten Kombinationen. Selbst vom zwischenzeitlichen, völlig überflüssigen Anschlusstreffer durch Kenan Karaman kurz vor der Pause ließen sich die Grün-Weißen diesmal nicht beeinflussen. „Wir waren kurz irritiert“, sagte Innenverteidiger Jannik Vestergaard. „Aber wir wussten, dass wir es schaffen. Jetzt sieht man, was wir wirklich können.“

Erleichtert wurde dieser Fähigkeitsnachweis durch erschreckend schwache Hannoveraner, die kaum einen Zweikampf gewannen und den Bremern Lücken boten wie noch keine Mannschaft in dieser Saison.

Trainer Thomas Schaaf war bei seiner Rückkehr nach Bremen restlos bedient – vor allem von Claudio Pizarros Tor: „Es hätte nur noch gefehlt, dass sie Beifall geben“, sagte er. Seine Versuche, angesichts von sieben Punkten Rückstand auf Platz 16 noch Hoffnung auszustrahlen, klangen wie ein Pflichtprogramm: „Die Möglichkeit ist noch da, aber ich weiß, wie schwer diese Aufgabe wird, das habe ich von Anfang an gesagt.“

Ich weiß nicht, was die Spieler abgesprochen haben. Ich bin sauer geworden

Werder-Trainer Viktor Skripnik

Aber auch auf Bremer Seite blieb der Nachmittag nicht ungetrübt. In der Schlussphase bekamen die Bremer Kapitäne Clemens Fritz und Zlatko Junuzovic ihre zehnte und fünfte gelbe Karte.

Der eine für einen Catchergriff, der andere für eine Zeitverzögerung. In der Bundesliga gibt es nach fünf gelben Karten eine Gelbsperre. Die betroffenen Spieler müssen ein Spiel aussetzen, das Team spielt aber nicht in Unterzahl wie bei einer roten Karte direkt auf dem Platz. Dass Fritz und Junuzovic die fällige Strafe nun im Spiel gegen Bayern München abbrummen müssen, ist beinahe clever. Denn die Partie zählt nicht zu den Entscheidungsspielen im Abstiegskampf.

Der Zweck der Aktion war allerdings nicht zu übersehen, denn Junuzovic verplapperte sich: „Es war abgesprochen, ich gebe es zu“, sagte er. Da kommen Erinnerungen an den Fall des Bremer Ex-Profis Frank Ordenewitz auf, der im Trikot des 1. FC Köln einst eine Rote Karte provozierte, um die Sperre vor dem Pokalfinale abzusitzen und dessen Trainer Erich Rutemöller zugab, vorher „Mach et, Otze“ gesagt zu haben.

Werders Trainer Viktor Skripnik bestritt dagegen irgendwelche Absprachen: „Ich weiß nicht, was die Spieler abgesprochen haben. Ich bin sauer geworden“, sagte er. Egal, wie die Regelhüter der Bundesliga mit dem Fall umgehen, er trübt die Erinnerung an einen Nachmittag, der für die Werder-Fans die Freude ins Stadion zurückgebracht hat.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!