Das war die Woche in Berlin II: Der Politiker und seine Bürochefin
Raed Saleh ist ein guter und leidenschaftlicher Bildungssenator, könnte man schlussfolgern. Nur: Er ist Fraktionschef. Und Scheeres die Bildungssenatorin.
E s ist knapp drei Jahre her, da saßen die beiden Sozis Raed Saleh und Sandra Scheeres bei einer Pressekonferenz nebeneinander und verkündeten die Einführung eines Sonderetats für sozial belastete Schulen. 100.000 Euro bekommen seither Bildungseinrichtungen, die in sozialen Brennpunkten liegen. Die Idee kam von Saleh, der sie damit begründete, an Brennpunktschulen würden Lehrkräfte „bis zur Grenze ihrer Erschöpfung arbeiten“. Das verdiene Respekt, das Programm solle das anerkennen und ihnen Mut machen. Frau Scheeres’ Kommentar zu dem Sonderetat klang erheblich nüchterner: Die „benannten Schulen“ sollten damit „in die Lage versetzt werden, die Schülerinnen und Schüler noch besser als bisher zu fördern“. Sachlicher Verwaltungssprech.
Nun hat der SPDler einen weiteren bildungspolitischen Coup gelandet: Am Dienstag beschloss der Senat, Berlins Kitas ab 2018 komplett beitragsfrei zu stellen und zudem die Personalausstattung zu verbessern. Auch das war ein Vorschlag von Raed Saleh – den Scheeres nun umsetzen muss. Sie spricht vom „Dreiklang von Kita-Ausbau, Qualitätsverbesserungen und Gebührenbefreiung“. Saleh von Willy Brandt, der Arbeiterkinder an die Uni bringen wollte.
Ein guter und leidenschaftlich sozialdemokratischer Bildungssenator, könnte man schlussfolgern – mit einer pflichtbewussten Verwaltungsleiterin. Nur: Saleh ist gar nicht der Senator, sondern Fraktionschef. Und Scheeres die Bildungssenatorin.
Bewirbt sich da jemand um einen neuen Posten nach den kommenden Landeswahlen? Dass Saleh nicht dauerhaft Abgeordneter bleiben will, hat er schon unter Beweis gestellt, als er nach dem vorzeitigen Abgang des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit seinen Hut in die SPD-interne Nachfolgeauswahl für den Posten geworfen hat.
Geworden ist es sein Konkurrent Michael Müller. Wenn der SPD-Fraktionschef dessen Senat nun mit politischen Vorschlägen Beine macht, poliert er damit aber nicht nur sein eigenes Profil. Es nützt der ganzen Berliner SPD.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!