: Die Rigaer Straße ist nicht Henkels "Vietnam"
Inneres Im Innenausschuss wird der Polizeieinsatz in Friedrichshain parteipolitisch diskutiert
Ob Tom Schreiber an die parlamentarische Demokratie glaubt? Kaum vorzustellen, dass der SPD-Abgeordnete das verneinen würde. Aber zumindest scheint Schreibers Vertrauen in das parlamentarische Gremium Innenausschuss begrenzt zu sein: Ob das „Theaterstück“ schon vorbei sei, fragte er am Montagmittag über Twitter. Der Abgeordnete, der sich in der Diskussion über die Rigaer Straße stets besonders laut zu Wort meldet, konnte die Bühne selbst dieses Mal nicht nutzen – er hielt während des Ausschusses einen Vortrag zum Thema „Linksextremismus“ an der Hochschule für Wirtschaft und Recht.
Auch ohne Schreiber verlief die Debatte über den Großeinsatz der Polizei, die am 13. Januar in das Hausprojekt Rigaer94 eingerückt war, gewohnt hitzig. „Die Rigaer Straße ist nicht mein Vietnam“, stellte Innensenator Frank Henkel (CDU) zu Beginn klar. Der Expirat Christopher Lauer lud die Polizei zu einer Begehung seiner Wohnung ein, schließlich habe er auch viele gefährliche Gegenstände von Holzkohle bis Rohrreiniger gelagert. CDU-Scharfmacher Kurt Wansner warf der Grünen Canan Bayram vor, „nachweisbar die Menschen aufzuhetzen“. Bayram wiederum ließ Henkel wissen, sein Grinsen sei so „widerwärtig“, dass sie sich nur mit Mühe beherrschen könne.
So saftig die Äußerungen, so dürr die Informationslage: Während Henkel Vermutungen, nach denen er zum Auftakt des Wahlkampfjahrs vielleicht ein Eigeninteresse an dem Einsatz haben könnte, als „absurde Vorstellung“ bezeichnete, fiel dem zuständigen Direktionsleiter Michael Krömer die Aufgabe zu, sich zu dem Einsatz selbst zu äußern. Dabei gab es einige neue Details: So sei die Begehung deswegen angeordnet worden, weil Beamte schon mittags ein „Steindepot“ in einem Einkaufswagen sowie weitere „Behältnisse an der Hauswand, die zur Aufbewahrung von Steinen dienen könnten“, entdeckt hätten. In die Wohnungen sei die Polizei nur deswegen eingedrungen, weil man den Raum finden wollte, in dem eine Lampe angebracht war, die die Polizei während der Maßnahme blendete.
Unklar blieb auch die Frage nach der Rechtmäßigkeit des Einsatzes, der von der Polizei mit der Abwehr „gegenwärtiger Gefahr“ begründet wird. Die Beantwortung der Frage danach, worin genau die gegenwärtige, also zeitlich unmittelbar bevorstehende Gefahr bestanden hatte, wurde aus Zeitgründen verschoben. Malene Gürgen
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