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Neue Verfassung für Sri LankaDer Präsident entmachtet sich selbst

Das Land soll eine neue Verfassung erhalten, die die durch den Bürgerkrieg entstandenen Gräben überwindet. Dezentralisierung ist das Zauberwort.

Präsident Sirisena (rechts) reicht einem ehemaligen Mitglied der Bürgerkriegspartei Tamil Tigers die Hand zur Versöhnung. Foto: ap

Bangkok taz | Sri Lankas Regierung hat am Wochenende ein Prozedere in Gang gesetzt, an dessen Ende das Land eine neue Verfassung bekommen soll. Premierminister Ranil Wickremesinghe legte dem Parlament einen Gesetzentwurf vor, der das Parlament in eine Verfassungsgebende Versammlung umwandeln soll. Die Abgeordneten sollen dann, angeführt von einem Führungskomitee, die neue Verfassung ausarbeiten.

Das Vorhaben ist der bislang weitreichendste Vorstoß von Präsident Maithripala Sirisena, die Machtfülle des Präsidentenamts zurückzunehmen und das Land zu dezentralisieren. Dies hatte Sirisena versprochen, als er Anfang 2015 überraschend bei den Präsidentschaftswahlen gegen den Staatschef Mahinda Rajapakse besiegt hat.

Rajapakse, der 2005 an die Macht gekommen war, hatte seine Befugnisse im Lauf der Zeit immer mehr erweitert. Er trieb einen brutalen Krieg gegen die Rebellen der Freiheitstiger von Tamil Eelam (LTTE) im Norden des Landes voran, den die Regierungstruppen 2009 gewannen.

Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge wurden dabei mindestens 40.000 tamilische Zivilisten getötet. Beide Seiten stehen im Verdacht, Kriegsverbrechen begangen zu haben. Immer mehr Kritiker und Journalisten wurden unter Rajapakses Herrschaft bedroht, verschleppt oder ermordet. Sri Lanka ähnelte immer mehr einer Diktatur.

„Ich glaube, dass wir uns jetzt - durch unsere bitteren Erfahrungen - für zukünftige Herausforderungen vorbereiten müssen”, sagte Sirisena vor dem Parlament. „Wir müssen sicherstellen, dass es eine Aussöhnung und Harmonie gibt, damit wir nie wieder zum Krieg zurückkehren.”

Das Land brauche eine Verfassung, „die den Bedürfnissen des 21. Jahrhunderts gerecht wird und sicherstellt, dass alle Gemeinschaften in Harmonie miteinander leben”, fügte Sirisena hinzu. Er warnte, dass „Extremisten aus dem Süden und dem Norden” des Landes versuchen könnten, den Verfassungsgebungsprozess zu untergraben.

Seit seinem Amtsantritt vor beinahe genau einem Jahr hat Präsident Sirisena zahlreiche Befugnisse des Präsidenten eingeschränkt. Er sorgte dafür, dass unabhängige Kommissionen unter anderem die Polizei, die Wahlen von Richtern und die Tätigkeit der Bürokratie überwachen.

Alte Kräfte in Opposition

Oppositionspolitiker hielten sich nicht lange mit ihrer Kritik an den Plänen der Regierung zurück. Die Regierung wolle mit dem Prozess ausländische Mächte beschwichtigen, erklärten Abgeordnete. Aus anderen Kreisen hieß es, die Regierung wolle „den Buddhismus” schwächen. Die singhalesische Bevölkerungsmehrheit folgt dem Theravada-Buddhismus.

Singhalesische Nationalisten dürften vor allem gegen Pläne, das Land zu dezentralisieren und den Provinzen einen gewissen Grad an Autonomie zu geben, Sturm laufen. Präsident Sirisena erklärte, er favorisiere die Bildung von Provinzräten, die Macht von der Zentralregierung in die Regionen übertragen würde. Sein Vorstoß, eine neue Verfassung zu schreiben, habe genau dies zum Ziel.

Eine Gruppe von Abgeordneten um den ehemaligen Machthaber Rajapakse hat mit Beschwerden gegen das Prozedere bereits die Verschiebung einer ersten Abstimmung des Parlaments um wenige Tage erreicht. Der ehemalige Präsident, der derzeit als Abgeordneter im Parlament sitzt, hofft auf eine Rückkehr ins Präsidentenamt und versucht, die Beschneidung der Machtbefugnisse des Präsidenten zu verhindern.

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