Befreiungsbewegung der Westsahara: Juristischer Sieg für die Polisario
1975 besetzte Marokko die Westsahara. Nun hat der Europäische Gerichtshof deshalb das Handelsabkommen der EU mit Marokko annuliert.
Der Vertrag schließt die seit November 1975 von Marokko völkerrechtswidrig besetzte, ehemalige spanische Kolonie Westsahara an der afrikanischen Nordwestküste, gegenüber den Kanarischen Inseln, mit ein. „Die Souveränität Marokkos über die Westsahara wird weder von der EU noch von deren Mitgliedsstaaten und auch nicht von den Vereinten Nationen anerkannt“, heißt es in dem Urteil, gegen das Rabat und Brüssel binnen zweier Monate Widerspruch einlegen können.
Erstmals erkennt damit ein europäisches Gericht die Polisario als Teil des Konflikts an und gesteht ihr Hoheitsrechte und Interessen über das von Marokko besetzte Gebiet zu. Die Polisario hatte vor drei Jahren mit der Begründung geklagt, dass das Abkommen eine Form der „wirtschaftlichen Ausbeutung mit dem Ziel sei, die Struktur der sahrauischen Gesellschaft zu verändern“.
Ein Großteil der Bevölkerung der besetzten Gebiete lebt in Flüchtlingslagern in der algerischen Wüste rund um Tindouf. Seit 1991 versucht die UNO vergebens, ein Referendum in die Wege zu leiten, in dem die Sahrauis über Unabhängigkeit oder Anschluss an Marokko entscheiden können. Dies scheiterte bisher an der Haltung Rabats.
Die EU verhält sich ignorant und skandalös
Marokko erkennt den Zensus, der von der UNO erstellt wurde, nicht an. König Mohammed VI. will Stämme aus angrenzenden Gebieten einschreiben lassen, um sich so eine Mehrheit für eine promarokkanische Abstimmung zu sichern. Proteste in den besetzten Gebieten werden immer wieder gewaltsam niedergeschlagen. Wer für die Unabhängigkeit der Westsahara eintritt, riskiert hohe Haftstrafen oder Folter. Auch sind immer wieder politische Aktivisten entführt worden und einfach verschwunden.
Die Polisario hat zwei weitere Klagen in Europa eingereicht. Zum einen gegen ein Importabkommen zwischen dem Vereinten Königreich (UK) und Marokko und zum anderen gegen das europäisch-marokkanische Fischereiabkommen. Das letzte Abkommen dieser Art stammt aus dem Jahr 2014 und sieht die Zahlung von 30 Millionen Euro an Marokko vor.
Im Gegenzug dürfen 126 Boote in den Gewässern Marokkos und vor allem in denen der besetzen Westsahara fischen. Die Reeder zahlen dafür weitere 10 Millionen Euro. 99 der 126 Boote stammen aus der ehemaligen Kolonialmacht Spanien. Das Land ist – so sieht es die UNO mit dem gültigen Völkerrecht in der Hand – bis heute Verwaltungsmacht der Westsahara, da der Landstrich durch die marokkanische Besetzung nie juristisch einwandfrei entkolonialisiert wurde. Madrid aber kehrt den Sahrauis seit Jahrzehnten den Rücken zu.
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