Umzug ins Humboldt-Forum: Reise in den Mittelpunkt der Stadt
Die Museen Dahlem beginnen mit den Vorbereitungen für den Umzug der außereuropäischen Sammlungen in das Humboldt-Forum. Es ist ein Mammutprojekt.
Beim Rundgang durch die Museen Dahlem schwingt selbst bei Michael Eisenhauer etwas Wehmut für die Stücke im berühmten „Südseeraum“ oder im „Bornemann-Saal“ mit: „Sagen Sie allen, dass nur noch bis zum 10. Januar 2016 die Objekte aus der Südsee und die wunderbaren Boote zu sehen sind. Ein Weltkulturerbe ist hier versammelt. Die Reise raus nach Dahlem lohnt sich.“
Danach, so der Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, werde das Museum sukzessive zur „Vorbereitung für den Umzug der außereuropäischen Sammlungen an den Schlossplatz geschlossen“. Die Hälfte der Schauräume macht 2016 zu; 2017 ist Schluss. Das war es dann in Dahlem mit den Samoa-Booten, den Indianerzelten und Maya-Tempeln. See you 2019 im Humboldt-Forum.
Dass die Museen Dahlem mit einem so großen Vorlauf schließen, hängt mit der Dimension der Sammlung zusammen. 20.000 Skulpturen und Kunstwerke, Großobjekte wie die Höhlen der Seidenstraße oder die Südseeboote, wertvolle Materialien, Wandteppiche, Stoffe, ja ganze Gebäude asiatischer und amerikanischer Kulturen müssen nicht nur transportiert, „sondern erst einmal abgebaut und eingepackt werden“, wie Eisenhauer erklärt.
Und weil manche den Umzug der Museen ins Humboldt-Forum mit dem logistischen Aufwand für den Regierungsumzug von Bonn nach Berlin verglichen haben, legt der Museumsdirektor beim Rundgang am Dienstag noch einen drauf: Die 32 Millionen Euro teure Überführung der teils jahrtausendealten Kulturgüter in die historische Mitte Berlins sei „hochkomplex“ und gehe „Objekt für Objekt“ vonstatten. Die 17.000 ausgestellten Skulpturen, Kultgegenstände und Gebrauchsobjekte würden von Restauratoren geprüft. „Jedes Objekt wird gesichtet, gereinigt, restauriert und transportsicher verpackt“.
Zudem müsse bis ins Detail „vorausschauend“ geplant werden. So sei vorgesehen, dass mit manchen Gegenständen „bereits 2018 in den Rohbau des Humboldt-Forums umgezogen wird, weil aufgrund der Objektgrößen der spätere Einbau nicht mehr möglich ist“.
Ein weiterer Grund für die frühzeitige Schließung der Museen Dahlem ist, dass die Flächen des Hauses selbst als „Zwischendepots“ für die Vorbereitungen genutzt werden müssen. Denn die bestehenden Lagerräume und Werkstätten sind wegen Schäden nicht mehr nutzbar. Um die großen Rückbauten von Museumsobjekten durchführen zu können, so illustrierten es Klaas Riutenbeek, Chef der Abteilung für Asiatische Kunst, und Viola König, Direktorin des Ethnologischen Museums, „muss durch die Verlagerungen ganzer Abteilungen Raum geschaffen werden“.
Die Mitarbeiter des Museums für Asiatische Kunst etwa würden 2016 zunächst die Kunst des indischen Subkontinents sichten und einpacken. Anschließend, 2017 und 2018, könnten nach den beweglichen Teilen – die Kanus und Hütten – auch „die Wandgemälde und die riesige Höhle der Ringtragenden Tauben aus dem China des 5. oder 6. Jahrhunderts aus der Ausstellungsarchitektur freigelegt und ausgebaut werden“. Bis zum Umzug nach Mitte müssen die Mitarbeiter 4.200 dieser Kunstwerke konservatorisch für den Transport vorbereiten. Dann erst können die Speditionslaster rollen.
Nachnutzungskonzept fehlt
Zurück werden leere Museen in Dahlem bleiben – wo an dem einst großen Kulturstandort Westberlins nur das Museum für europäische Kulturen bis zu seinem geplanten Umzug ans Kulturforum ausharren soll, wie Eisenhauer erinnert. Das ist für manche ein schmerzlicher Verlust, sind doch die Überlegungen, wie die Dahlemer Gebäude künftig genutzt werden könnten, ergebnislos geblieben.
Es sei „ein Skandal“, dass immer noch kein Nachnutzungskonzept auf dem Tisch liege, moniert etwa der SPD-Abgeordnete Michael Arndt aus Steglitz-Zehlendorf. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) stehle sich aus der Verantwortung. Das wird wohl erst einmal so bleiben, denn die SPK hat jetzt anderes zu tun: einen Mammutumzug.
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