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Bier vor ElbüberquerungHolsten nach Harburg

Die Stadt hat Carlsberg ein Grundstück für den Umzug seiner Brauerei angeboten. Der Getränkehersteller sucht einen Käufer fürs alte Gelände in Altona.

Olaf Scholz behält die Holstendosen im Blick: Künftig sollen sie in Harburg vom Fließband kommen.

Der rot-grüne Senat hat dem Getränkehersteller Carlsberg ein Grundstück für einen Umzug der Holsten-Brauerei angeboten. Wie der Konzern der taz mitteilte, „handelt es sich hierbei um eine Option, die derzeit geprüft wird“. Käme eine Einigung zustande, würde die Brauerei in Hamburg bleiben, aber von Altona nach Harburg umziehen.

Mit einem Umzug würde ein großes Areal mitten im gefragten Stadtteil Altona frei – was städtebauliche Perspektiven eröffnet. Holsten möchte das Grundstück räumen, weil es anders als zur Zeit der Brauereigründung vor 135 Jahren nicht mehr auf der grünen Wiese liegt und jetzt auch noch von der „Mitte Altona“ in die Zange genommen wird, dem Neubaugebiet auf ehemaligem Gleisgelände des Altonaer Bahnhofs.

„Die logistischen Gegebenheiten und die Zufahrtswege sind jetzt nicht mehr optimal für unseren Betrieb“, sagte Carlsberg-Srecherin Linda Boos. Wegen der benachbarten Wohnbebauung ist die Produktion zeitlich eingeschränkt und die Anlage ist zudem zu groß für die gesunkene Biernachfrage.

Der Carlsberg-Konzern mit Hauptsitz in Kopenhagen hatte im August gegenüber dem Hamburger Abendblatt versichert, am Produktionsstandort Hamburg mit seinen mehreren Hundert Arbeitsplätzen festhalten zu wollen. „Holsten und Astra sollen auch weiterhin aus Hamburg kommen“, sagte eine Sprecherin. Es gebe keine Pläne, die Brauerei aus der Stadt heraus zu verlegen.

„Nach wie vor beruht die Entscheidung auf drei Punkten“, sagte ein Carlsberg-Sprecher jetzt der taz: Holsten brauche einen passenden neuen Standort innerhalb Hamburgs, einen Käufer für das derzeitige Brauerei-Gelände und die endgültige Zusage über die Finanzierung des Neubaus aus Kopenhagen.

Das Grundstück, das der Senat angeboten hat, befindet sich in Hausbruch. Es ist fünf Hektar groß und liegt in der Nähe der Autobahn-Anschlussstelle Moorburg. Damit hätten die Bierkutscher optimale Bedingungen.

Nach wie vor offen ist, was aus dem heutigen Brauereigelände werden könnte. Mitten in Altona gelegen wäre es hoch attraktiv für den Wohnungsbau – ein Option, die auch für Carlsberg interessant wäre, denn für Wohnungsbaugrundstücke ließe sich mehr verlangen als für Gewerbegrundstücke. Voraussetzung dafür wäre eine Änderung des Bebauungsplans durch die Bezirksversammlung. Der Senat hat Carlsberg laut einem Ausschussprotokoll „ein klares Signal gesetzt, dass, wenn das Unternehmen nicht in Hamburg bleibe, aus der bisherigen Betriebsfläche kein Aufwertungsgrundstück gemacht werde“.

Die Grünen scheiterten im Januar in der Bürgerschaft mit dem Versuch, die Stadt für den Fall einer planrechtlichen Aufwertung in eine günstige Position zu bringen. Sie schlugen vor, für das Gebiet eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme nach Paragraph 165 des Baugesetzbuches in die Wege zu leiten. Dann könnte der Senat einen Teil des Gewinns abschöpfen, um die für das neue Quartier notwendigen Straßen, Sozialwohnungen und Kindergartenplätze zu finanzieren. SPD, CDU und FDP lehnten den Vorschlag ab.

Von dem aktuellen Umzugsvorschlag hätten die Stadt wie das Unternehmen Vorteile, findet Birgit Stöver von der CDU-Bürgerschaftsfraktion. „Wichtig ist, dass Holsten in Hamburg gehalten wird.“ Nach Ansicht der Altonaer SPD-Fraktionschefs Thomas Adrian solle bei der Überplanung des heutigen Brauereigeländes auch das „Thema Gewerbe“ nicht vergessen werden. Nicht infrage komme großflächiger Einzelhandel.

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5 Kommentare

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  • Das Geld gem. Paragraph 165 des Baugesetzbuches braucht Herr Scholz ja auch nicht. Das verpulvert er lieber mit einer Beteiligung bei Hapag -Lloyd, die derzeit ein Minus von 600 Millionen ergibt. HSH, Flüchtlinge kosten ja auch nichts. Und Olympia finanziert ja der Bund....

    • @Senza Parole:

      Wenn schon Populismus, dann nicht vergessen auch noch auf die Elbphilharmonie zu schimpfen!

      • @AlexA:

        Das sind (leider) Fakten und belegte Zahlen und kein Populismus. Ich gehe davon aus, dass die Kosten für die Elbphilharmonie bereits im Haushalt berücksichtigt sind, im Gegensatz zu den von mir aufgeführten. Noch Fragen Kienzle ?

        • @Senza Parole:

          Na klar: sag doch mal, wie du Holsten in HH halten würdest - als Arbeitgeber und Steuerzahler!

          • @Nikolausi:

            Ganz einfach, Holsten ein Grundstück in HH anbieten, wie der Senat es macht.

            Trotzdem § 165 anwenden, wie es z.B. in München sehr oft gemacht wird. IN HH scheint die Verquickung von Politik und Wirtschaft aber so zu sein, dass so etwas nicht gewünscht/möglich ist.

            Wieviel Steuern zahlt Holsten denn in HH ?