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Die WahrheitDie Eibe zum Weibe

Ändert ein Baum sein Geschlecht, dreht die Welt durch. Denn die Genderdebatte hat jetzt auch die Arboristik erreicht.

Wenn Männlein und Weiblein nicht mehr zu unterscheiden sind, hilft nur noch eins: Das Baum muss weg. Foto: Armin Weigel / dpa

Die ersten fünftausend Jahre ihres Lebens verliefen relativ gemächlich. Die Fortingall-Eibe stand stoisch in der Grafschaft Perthshire im zentralen Schottland herum und schaute zu, wie die Welt sich veränderte. Heute gilt sie als der älteste Baum Europas. Und nun das: Im Oktober bildete der bislang männliche Baum erstmals Beeren aus. Also die Geschlechtsprodukte weiblicher Eiben.

Der Botaniker Max Coleman vom Botanischen Garten in Edinburgh staunte nicht schlecht: „Man geht davon aus, dass eine Veränderung im hormonellen Gleichgewicht diese Geschlechtsveränderung auslöst“, vermutlich seien Umwelteinflüsse dafür verantwortlich. Nun trägt ein Ast im Kronenbereich die Beeren, während der Rest des Baumes weiterhin männliche Zapfen produziert.

Die kleine Meldung breitete sich wie ein Lauffeuer aus. Auf welt.de entdeckte sie Oberstudienrat Ralf Nütgen als Erstes und kommentierte unter seinem Pseudonym „Freidenker“: „Dazu hat der ganze Gender-Wahnsinn nun also schon geführt. Jetzt wissen nicht mal mehr die Bäume, ob sie Männlein oder Weiblein sind.“ Rasch stimmten weitere Leser ein.

„Ist doch kein Wunder, wenn überall erzählt wird, es gibt kein biologisches Geschlecht mehr. Wahrscheinlich werden die Gutmenschen jetzt Gleichstellungsbeauftragte für Bäume einrichten“, warnt Leser „Abendländler“, während „Aufwachen Deutschland“ feststellt: „Das ist wegen dem Gender Mainstream! Wenn der Mensch der Natur ins Handwerk pfuscht, schlagen sogar die Bäume falsch aus!“

Wir dürfen in dieser Frage nicht schwanken wie die Eiben im Winde!

Jasper von Altenbockum

„Ein wahrer Demokrat“ merkt an: „In England kann man sehen, wohin der Gutmenschenterror und die links-versiffte Volksumerziehung führt.“ Und der historisch bewanderte „Skeptiker“ gibt zu bedenken: „Erinnert sich noch wer an das Waldsterben? Das war auch so eine Erfindung der Grünen Religion. Wie Klimawandel. Hauptsache, der deutsche Michel zahlt. Merkel muss weg!“

In der FAZ fordert Jasper von Altenbockum, Meldungen aus der Wissenschaft künftig einem FSK-System wie bei Filmen zu unterwerfen. „Wir dürfen in dieser Frage nicht schwanken wie die Eiben im Winde! Es wird sonst noch so weit kommen, dass Mut dazu gehört zu sagen: Ich bin heterosexuell, und das ist auch gut so.“

Etwas unglücklich ist vielleicht, dass er sein hölzernes Plädoyer in seiner Kolumne „Harte Bretter“ veröffentlichte, wofür er vom Kollegen Matthias Matussek in der Welt abgewatscht wurde: „Harte Bretter bei verweibischten Bäumen – wer soll da denn noch durchblicken? Aber gleich heißt es wieder, man diskriminiere Bäume. Dann bin ich wohl arboriphob.“

Henryk M. Broder schimpft auf die Achse des Guten: „Je länger die Nazi-Zeit her ist, desto mutiger wird sie bekämpft. In ihrem heldenhaften Kampf gegen den Faschismus missbrauchen grüne Eurosozialisten nun geheimste Triebe der Bäume. Wo aber war dieser Botaniker, als arabische Demonstranten auf offener Straße ‚Juden ins Gas!‘ riefen? Und warum wohl gibt es in keinem einzigen arabischen Staat ordentliche Wälder?“

Den Höhepunkt der Debatte setzt einmal mehr Franz Josef Wagner, der in der Bild dichtet: „5.000 Jahre. Menschheitsgeschichte. Altes Rom. Tapfere Männer. Ein Baum steht für mich stark und standhaft wie ein echter Mann. Ich liebe die Frauen, aber Frauen sind keine Bäume. Nicht einmal mit ordentlich Holz vor der Hütte!“

Nur einer sitzt traurig abseits in seinem Häuschen bei Bonn: Akif Pirinçci. Gerade erst ist sein neues Buch erschienen: „Die große Verschwulung. Wenn aus Männern Frauen werden und aus Frauen keine Männer.“ Aus dem Ankündigungstext des Manuscriptum-Verlags: „Deutsche! Irre Wissenschaftler wollen Euch Eure Geschlechter wegnehmen! Fragen Sie sich auch, ob Sie Mann oder Frau sind? Sie wissen nicht, ob Sie Ullrich oder Ulrike heißen wollen? Oder schämen Sie sich, noch normal zu sein? Das Chaos wächst, im Dickicht der Geschlechter gibt es kein Halten mehr. Gewissheiten werden abgeräumt, und auch die letzte Unterhose wird zum Kampfgebiet erklärt. Der Feind lauert überall: im Parlament und an der Universität, in Schulen und im eigenen Bett.“

Und eben auch im Wald. Wer hat es schon vorher gewusst? Der kleine Akif. Es nutzt ihm nichts. Weil er den bösen Satz gesagt hat. Nicht einmal Lutz Bachmann will noch zu ihm stehen, diese verweibischte Eibe. Dabei sind die Plakate für die nächste Pegida-Kundgebung schon geschrieben: „Deutsche Eichen statt schwule Eiben!“ und „Nieder mit der Totholzpresse!“ und „Lügenbotaniker!“

Traurig starrt Pirinçci auf die Aleppo-Kiefer in seinem Garten. Dann greift er entschlossen zur Motorsäge.

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