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Müll im MeerPlastik erreicht die Arktis

Kunststoffmüll schwimmt auf der Wasseroberfläche der arktischen Gewässer. Das Treibgut könnte aus einem neu entstehenden Müllstrudel stammen.

Müll auf einer arktischen Eisscholle (Archivbild). Foto: Melanie Bergmann/Alfred-Wegener-Institut/dpa

Bremerhaven afp | Auf der Meeresoberfläche treibender Plastikmüll ist Forschern des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts (AWI) zufolge bereits bis in die Arktis vorgedrungen. Das berichtete das Institut am Donnerstag. Die bei einer Fahrt des Forschungseisbrechers „Polarstern“ bereits 2012 in der sogenannten Framstraße gemachte Beobachtung sei nun erstmals in einer Studie dokumentiert worden.

Woher das Treibgut stammt, ist nach Angaben der Experten noch unklar. Möglich sei, dass er aus einem neuen großen Müllstrudel stammt, der sich Computermodellen zufolge seit einigen Jahren in der Barentssee vor Norwegen und Russland bilde. „Es ist denkbar, dass ein Teil dieses Abfalls dann weiter nach Norden und Nordwesten bis in die Framstraße treibt“, erklärte AWI-Biologin Melanie Bergmann. Er könnte aber auch von Fischtrawlern stammen, die der zurückweichenden arktischen Meereisdecke folgen.

Der nun auf dem Online-Portal der Fachzeitschrift Polar Biology erschienenen Untersuchung zufolge ist die Zahl der entdeckten Müllstücke mit 31 auf den ersten Blick zwar vergleichsweise überschaubar, trotzdem sind die Autoren besorgt. So sei bei der Zählung von der Brücke der „Polarstern“ und von deren Bordhubschrauber aus insbesondere größeres Treibgut zu entdecken gewesen. Da bekannt sei, dass Plastik im Meer mit der Zeit in winzige Bruchstücke zerfalle, dürfte die Müllmenge insgesamt wahrscheinlich erheblich größer sein.

Darüber hinaus lagere sich Abfall ohnehin bevorzugt am Meeresboden ab. Bergmann fand durch früheren Studien am arktischen Ozeanboden bereits heraus, dass die Müllmenge dort seit Jahren zunimmt und die Abfalldichte dort zehn bis 100 Mal größer ist als an der Wasseroberfläche. „Für uns ist das ein Indiz, dass der Müll letztlich auf den Meeresboden sinkt und sich in der Tiefsee wie in einem Endlager sammelt“, erläuterte die AWI-Expertin, die bei der Untersuchung mit belgischen Forschern kooperierte.

Die sich in den Ozeanen ansammelnden Plastikreste werden weltweit mit großer Sorge betrachtet. Dem AWI zufolge sind bislang fünf riesige Müllstrudel oder „Garbage Patches“ (Abfallflecken) bekannt. Sie entstehen, wenn die zunehmend kleiner zerriebenen Kunststoffteile von kreisenden Meeresströmungen eingefangen werden und sich in deren Zentrum immer weiter konzentrieren. Der von dem Computermodellen erkannte mögliche neue Strudel in der Barentsee könnte demnach der sechste werden. Er speist sich mutmaßlich aus dem Müll von nordeuropäischen Küsten.

46.000 Plastikteile pro Quadratkilometer

Nach Angaben der Umweltschutzorganisation WWF finden sich in jedem Quadratkilometer Meeresoberfläche bereits bis zu 46.000 Plastikteile. Sie sind extrem langlebig und benötigen hunderte Jahre, um zu zerfallen. Während das größere Treibgut zunächst eine Gefahr für Seevögel und Fische darstellt, die sich darin verfangen oder es verschlucken können, sehen Umweltschützer insbesondere auch die winzigen Mikroplastikstücke als Gefahr. Sie enthalten häufig giftige Zusatzstoffe und reichern sich in Meereslebewesen und damit in der Nahrungskette an.

Bergmann zufolge ist der in der Arktis treibende Müll zunächst vor allem für Seevögel ein Problem, die an der Meeresoberfläche jagen. Studien an Eissturmvögeln auf Spitzbergen hätten bereits ergeben, dass 88 Prozent der untersuchten Exemplare Plastikteile verschluckt hätten.

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