piwik no script img

Kommentar neue VorstandsfrauenDie Fehler der Männer ausbügeln

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Zwei Frauen wechseln in den Vorstand von Konzernen in der Krise. Der Verdacht liegt nahe, dass es nicht um gleichrangige Behandlung geht.

Christine Hohmann-Dennhardt wechselt von Daimler zu VW. Foto: dpa

E ine neue Frau an der Spitze von Volkswagen und auch eine neue Frau für den Vorstand der Deutschen Bank. Am 1. Januar wechselt Christine Hohmann-Dennhardt vom Autobauer Daimler zum Autobauer in Wolfsburg. Bei der Deutschen Bank steigt die Französin Sylvie Matherat von einer untergeordneten Vorstandsebene in den „Master“-Vorstand auf.

Applaus. Zwei Topfrauen haben es in ausgeprägten Männerdomänen bis ganz nach oben geschafft. Wirkt hier etwa die Quote? Es wäre schön, wenn es so wäre. Zudem widerlegen die beiden Frauen das Vorurteil, dass es nicht genug willige Topfrauen für Vorstände gäbe.

Allerdings will man bei Volkswagen und der Deutschen Bank nicht an den guten Willen glauben. Der Verdacht liegt nahe, dass es den Konzernen nicht darum geht, Frauen gleichrangig zu behandeln und in Entscheidungen auf höchster Ebene einzubeziehen. Sondern dass hinter den jüngsten Personalentscheidungen vielmehr ein schlichter Grund steckt: Frauen sollen ausbügeln, was Männer verbockt haben.

Kritiker dieser These werden nun aufschreien: Nicht schon wieder dieser Reflex, Männer für alles Schlechte verantwortlich zu machen und Frauen als heilige Ausputzerinnen darzustellen.

Was aber liegt näher als genau dieser Reflex? Allein nur Christine Hohmann-Dennhardt. Sie hätte nicht wechseln müssen, ihr Vertrag bei Daimler läuft noch bis 2017. Vielleicht sucht sie eine neue Herausforderung? Möglich. Vielleicht hat man ihr so viel Geld angeboten, dass sie einfach nicht Nein zu VW sagen konnte. Kann sein.

Aber all das ändert trotzdem nichts an der Tatsache, dass sie für den Posten angefragt wurde, als VW in seinem heftigsten Skandal steckte. Und hat irgendjemand schon mal den Namen Sylvie Matherat gehört?

Tatsächliche Gleichstellung wird erst dann herrschen, wenn sich Managerinnen all die Fehler leisten dürfen, die Manager jeden Tag machen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • Es wäre ein schlechtes Zeichen, wenn die Frauen eingestellt würden und eigentlich nichts zu tun hätten. So haben sie eine Herausforderung und können sich daran beweisen. Genau das wird hier gemacht. Niemand wird diesen Frauen die Fehler ihrer Vorgänger ankreiden - im Gegenteil: Angesichts der negativen Vorgänger haben sie eine Steilvorlage sich davon positiv abzuheben. Ich denke, es hätte bestimmt viele qualifizierte Männer für diese Posten gegeben aber es sollte deutlich gemacht werden, dass hier ein "weiter so" nicht gewollt ist. Wer hieran etwas Negatives seht, der ist nicht mehr zu helfen...

  • Die Fehler des Kapitalismus werden nicht durch Kapitalisten, egal, welchen Geschlechts, ausgebügelt werden.

  • Liebe Frau Schmollack,

     

    "Reflexe" kommen aus dem Rückenmark - das nur unwesentlich intelligenter ist als das Organ, mit dem angeblich Männer gerne zuerst denken. Es fragt sich also, ob "Reflexe" einen produktiven Beitrag zur Diskussion liefern können.

     

    Im Einzelnen:

    Wenn die Berufung zweier Frauen in DAX-Vorstände nur der Quote geschuldet ist, dann ist das allenfalls vom rein ergebnisideologischen Standpunkt her ein Grund zur Freude. Richtigerweise sollte der Job an den am besten geeigneten Menschen gehen. Ist dieser Mensch eine Frau und sie bekommt den Job, hat das Unternehmen richtig entschieden.

     

    Und ja, logisch zwingend werden Manager, die einen vom Hof gejagten Vorgänger beerben, UNTER ANDEREM eingesetzt, um dessen Fehler auszubügeln. Das ist aber weder ihre einzige Aufgabe, noch ist es anders, wenn man stattdessen einen Mann beriefe - was im Zweifel weiterhin noch häufiger vorkommt (siehe Nachfolge Winterkorn). JEDER obere Managerjob ist ein potenzieller Schleudersitz, egal welchen Geschlechts der derzeitige Inhaber ist und wieviel Mist der Vorgänger gebaut hat.

     

    Zum Kern des Reflexes: Dass Männer in den Vorständen die meisten Fehler machen, heißt genau nicht im Umkehrschluss, dass Frauen davor gefeit wären. Bislang mangelt es einfach an Gelegenheiten. Man könnte umgekehrt auch behaupten, Frauen taugten nicht so wie Männer zur Betreuung von Kindern in Kitas oder Grundschulen, weil in diesen Bereichen die meisten Fehler auf das Konto von Frauen gehen. Klingt das plausibel oder nicht doch auch etwas "reflexhaft"?

     

    Und nun zu Ihrer Schlussthese: Weisen Sie nach, dass Frauen für Fehler aus Vorständen fliegen, die Männer in gleicher Position nicht gefährden würden, und wir können über den Nachholbedarf diskutieren. Es sei im Übrigen angemerkt, dass "keine Fehler machen" als oberste Zielsetzung ein wenig dünn, häufig sogar kontraproduktiv ist, wenn man ein Unternehmen auch nur am Leben halten will, von "Weiterbringen" ganz zu schweigen.

    • @Normalo:

      Spielt es eine Rolle, ob Männer oder Frauen die Leute ausbeuten?

      • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        Nach meiner Ansicht eher nicht. Aber ich kenne einige von diesen "Ausgebeuteten" sowohl bei VW alsauch bei der Deutschen Bank und könnte nicht behaupten, dass die sich ausgebeutet vorkommen - oder geneigt wären, sich von irgendwem den Stempel "Ausgebeutet" oktroyieren zu lassen. Das Individuum als hilfloses, manipuliertes Objekt der Spielchen derer "da Oben" passt nur in sehr überschaubaren Teilen zum Selbstverständnis derer, die tatsächlich - freiwillig - das Arbeitnehmerdasein der Selbständigkeit vorziehen.

  • wenn keine frauen eingestellt werden ist es falsch...

    jetzt werden frauen eingestellt und es ist auch falsch.

     

    wow.

  • Ich weiß echt nicht was die Kommantatorin hier feiert? Toll ganze 2 Frauen mehr in den Vorständen. hm, naja die eine kam aus nem anderen Vorstand. Aber immerhin. Der Männeranteil ist immernoch riesig.

     

    Bei der Deutschen Bank wurden viele Vorstände "ausgewechselt" und dabei war zufälligerweise eine Frau dabei.

     

    Nach Lesart der Kommentatorin ist es offenbar die einzige Person die das Debakel beseitigen soll. Was ist mit den anderen?

     

    Ich denke mal, da hätte man mehr Frauen in den Vorstand hiefen können als eine Alibifrau um zu zeigen, dass man die Frauenquote "ernst" nimmt.

     

    Das da jemand von einem anderen konzern wechselt, wird sicher auch mit den Seilschaften zu tun haben. Das Feudalsystem Unternehmen ist damit sicher noch nicht beendet.

     

    Ausserdem gibt es noch eine Gruppe die wesentlich mehr unterpräsentiert als Frauen, ist in den Deutschen Vorständen. Ossis.

     

    Das System bleibt bestehen, mit einer Alibifrau im Vorstand die offenbar jetzt alles richten soll.

     

    Aber hey eine Frau hat es in den Vorstand geschafft. Toll gemacht. Eine von wie vielen? Von den 50% sind wir noch weit entfernt. kein Grund zu feiern oder Sinnloskommentare alla, wir Frauen schaffen das zu schreiben. Mit leeren Phrasen.

     

    Lieber weiter darüber berichten wie weit wir noch vom Ziel einer wahren Gleichberechtigung entfernt sind, bis sie auch mal erreicht wurde.

  • Wie man am Beispiel Carly Fiorina sehen konnte, können Frauen Konzerne genau so gut gegen sie Wand fahren wie Männer.

    Des Weiteren: Vielleicht hat man die genannten Damen auf ihre Posten berufen, weil sie unbelastet(er) sind, kein Teil der Altmännervereine, die VW und Deutsche Bank so grandios an den Klippenrand geführt haben?

  • Doch doch. Die klassische Rollenverteilung bleibt. Zum Saubermachen werden Frauen geholt.

  • das ist ein in der Wisschenschaft bekanntes Phänomen, hab darüber in Studien gelesen.-Wenn klar ist, dass der Betrieb den Bach runtergeht oder in nächster Zeit ziemlich viel schief läuft, werden gerne Frauen auf die Posten gehievt, weil kein Mann dafür herhalten will

    • @Anne Lee:

      Das könnte(!) stimmen, wenn der Karren schleichend und leise in den Dreck gefahren worden wäre. Da hier aber bereits in breiter Öffentlichkeit krachend klargestellt ist, dass es einen Schlamassel gibt und wer ihn verursacht hat, brauchen die nun übernehmenden "frischen Kräfte" sich vor dem, was noch kommt, nicht zu fürchten. Im Gegenteil haben sie zunächst mal eine gewisse Narrenfreiheit, schmerzhafte Entscheidungen zu treffen und deren Notwendigkeit auf die Verfehlungen der abgetretenen Bösewichte zu schieben.

  • Vielleicht hat man sie ausgewaehlt weil man sie als die faehigsten erachtet.

    Das waere auch gut so. Es ist auch natuerlich, dass die nachfolger eine verfahrene situation verbessern und auch ausbuegeln sollen. Warum wird mit solchen artikeln das licht unter den scheffel gestellt. Einfach nicht nachvollziehbar diese Argumentation

    • @Demokrat:

      Ich les da irgend wie auch nur "pöses Patriarchat"