Minus von 6,2 Milliarden Euro: Deutsche Bank erwartet Rekordverlust
Wegen gigantischer Abschreibungen für das dritte Quartal erwartet die Deutsche Bank einen Rekordverlust. Das werden auch die Aktionäre zu spüren bekommen.
Auch die Mitarbeiter der Deutschen Bank müssen sich auf sinkende Boni einstellen. Die Aktionäre erwarteten „zu Recht, dass die Mitarbeiter einen Teil der Belastung tragen“, schrieb Co-Chef John Cryan in einer am späten Mittwochabend veröffentlichten Botschaft an alle 98.000 Mitarbeiter des Dax-Konzerns. „Dies vor Augen möchte ich betonen, dass ich mich persönlich dafür einsetzen werde, einen fairen Ausgleich zwischen Mitarbeiter- und Aktionärsinteressen zu finden.“
Es seien noch keine Entscheidungen hinsichtlich der Vergütung gefallen, erklärte der seit Juli amtierende Manager. „Wir werden die Diskussion darüber erst beginnen, wenn wir eine bessere Einschätzung haben, wie sich letztendlich das Ergebnis der Bank für das Gesamtjahr darstellen wird.“
Allein auf den Geschäfts- und Firmenwert im Privatkundengeschäft sowie im Investmentbanking will der Konzern nun rund 5,8 Milliarden Euro abschreiben. In diesen Bereichen will der seit Juli amtierende neue Co-Chef John Cryan besonders stark umbauen und sparen. Dabei reduzierte die Deutsche Bank auch den Wert ihrer Tochter Postbank, von der sie sich im kommenden Jahr trennen will. Weitere 600 Millionen Euro wird das größte deutsche Geldhaus auf ihre knapp 20-prozentige Beteiligung an der chinesischen Bank Hua Xia abschreiben, die nun ebenfalls veräußert werden soll.
Hinzu kommen erneut Rückstellungen für die zahlreichen Rechtsstreitigkeiten der Bank. Sie werden sich auf rund 1,2 Milliarden Euro belaufen. Allerdings könnte sich diese Zahl noch erhöhen, bis die Bank ihre Bücher für das abgelaufene Quartal schließt. Die endgültigen Zahlen will das Institut am 29. Oktober vorlegen. Die Börse reagierte zunächst geschockt. Im nachbörslichen Handel rauschte der Kurs der Deutsche-Bank-Aktie um sechs Prozent in die Tiefe. Das Papier des Konkurrenten Commerzbank sackte um zwei Prozent ab.
Nettoverlust bei 4,8 Milliarden
Trotz des großen Verlusts soll die harte Kernkapitalquote bei rund elf Prozent bleiben. Grund ist, dass die Wertminderungen keinen großen Einfluss auf das von den Bankaufsehern akzeptierte Eigenkapital haben. Ohne die Wertanpassungen auf die Vermögenswerte läge der Nachsteuerverlust nach Angaben der Bank bei 400 Millionen Euro. In den ersten neun Monaten dieses Jahres zusammen dürfte sich der Nettoverlust den Schätzungen der Bank zufolge auf 4,8 Milliarden Euro belaufen.
In wenigen Wochen will Cryan seine Strategie für die Deutsche Bank vorstellen. Harte Einschnitte werden erwartet, da das Institut im internationalen Wettbewerb vor allem mit der US-Konkurrenz zuletzt erheblich an Boden verlor. Der Brite hat bereits angekündigt, dass das Institut seine „inakzeptabel“ hohen Kosten radikal senken muss. Zuletzt hieß es in Finanzkreisen, dass Cryan die Zahl der Beschäftigten von rund 98.600 (Stand Ende Juni) um fast ein Viertel auf circa 75.000 senken wolle.
Dabei will der frühere Finanzchef der schweizerischen Bank UBS auch im Investmentbanking ansetzen, das sein glückloser Amtsvorgänger Anshu Jain eher verschonte. Zudem geißelte Cryan bereits die komplexen Abläufe bei der Bank und kündigte an, sie deutlich zu vereinfachen und zu automatisieren.
Die Erwartungen an Cryan sind riesig. Noch in der Amtszeit von Jain hatte die Bank im April beschlossen, sich von der Postbank zu trennen und rund ein Drittel der 700 Deutsche-Bank-Filialen zu schließen. Daran will Cryan festhalten, wie er kurz nach seinem Amtsantritt ankündigte. Er hatte diese Entscheidungen als Mitglied des Aufsichtsrats mit beschlossen.
Die Ankündigungen der Bank vom April hielten viele aber für zu vage und vermissten konkrete Details. An der Börse wurde das Management dafür abgestraft. In der Folge musste Jain seinen Hut nehmen. Der zweite Co-Chef, Jürgen Fitschen, darf noch bis zur Hauptversammlung im Mai 2016 zusammen mit Cryan die Bank führen, ehe der Brite allein das Ruder übernimmt.
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