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Neues Terminal für Frankfurter FlughafenEin bitterer Tag für die Grünen

Beim Spatenstich fehlt Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir. Er hatte einen Stopp des Ausbaus versprochen, konnte ihn aber nicht verhindern.

Hoch die Schaufeln: Der Spatenstich zum neuen Terminal fand ohne Wirtschaftsminister Al-Wazir statt Foto: dpa

Frankfurt am Main taz | Wenn sich Frauen und Männer in Kostüm und Anzug auf unebenes Terrain begeben und zur Schippe greifen, heißt das meist eins: Ein wichtiges Projekt steht an. Am Montag griff der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) zur Schaufel und läutete den Bau des dritten Terminals am Frankfurter Flughafen ein. Die Schar der Teilnehmer an diesem Ereignis war groß, doch einer fehlte: Hessens grüner Vizeministerpräsident Tarek Al-Wazir.

Er hatte womöglich Angst vor ebenjenem unebenem Terrain der „Cargo City Süd“ , wo das rund drei Milliarden teure neue An- und Abreisezentrum entstehen soll. Denn die Grünen hatten sich stets gegen den Bau eingesetzt, ihn aber nach ihrer Regierungsübernahme nicht verhindern können.

Trotz neonfarbener Warnweste strahlte Volker Bouffier am Montag über das ganze Gesicht. „Dieser Flughafen ist der Herzmuskel unserer wirtschaftlichen Entwicklung“, erklärte der Ministerpräsident bei den Feierlichkeiten zum Baubeginn des Großprojekts. Für ihn und seine Partei ist der Ausbau „eine zwingende Entscheidung, wenn wir ein starkes Land bleiben wollen“, sagte Bouffier.

Etwas anders fiel die Reaktion beim Koalitionspartner, den Grünen, aus. Es sei ein „bitterer Tag“ für sie, erklärte der Fraktionsvorsitzende Mathias Wagner. Mit Slogans wie „Wer nichts hören will, muss wählen“ hatten die Grünen jahrzehntelang um die Gunst der Flughafenausbaugegner geworben. Noch im letzten Landtagswahlkampf hatte Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir versprochen, dass es mit ihm keinen Ausbau geben wird.

Wegen eines anderen Termins könne er beim Spatenstich am Flughafen nicht teilnehmen, erklärte der Wirtschaftsminister nun vorab. „Wir setzen jetzt alles daran, die Folgen abzumildern“, sagte Wagner zur Erweiterung des größten deutschen Flughafens.

Im März stehen Kommunalwahlen an

Schon 2007 hatte die damalige Regierung aus CDU und FDP ihre Zustimmung zum Ausbau gegeben. Allerdings ist bis heute umstritten, ob der neue Terminal notwendig ist, da die Kalkulationen gegenüber den tatsächlichen Passagierzahlen abweichen.

Bitter könnte der Bau des Terminals 3 für die Grünen im kommenden März werden. Dann stehen Kommunalwahlen an. In den Anliegergemeinden des Airports wie etwa Mörfelden-Walldorf hatte die Ökopartei zuvor bis zu 20 Prozent der Wählerstimmen erhalten.

Flughafen Frankfurt am Main Grafik: taz.Grafik: infografik-berlin.de/P. Sobotta

„Viele sind enttäuscht. Die Vorschläge der Grünen reichen uns noch nicht“, erklärte Dirk Treber von der Interessengemeinschaft zur Bekämpfung des Fluglärms in Mörfelden zum Terminalausbau. „Es ist schön und gut, dass die Energiewende vorangetrieben wird und die ökologische Landwirtschaft gefördert wird. Das grüne Hauptthema Flughafen darf dennoch nicht einfach hinten herunterfallen in der Koalition.“ Man werde die Partei an ihren Taten messen.

Das heißt für die Flughafengegner: längere Lärmpausen von 22 Uhr bis 6 Uhr morgens und eine Reduktion der Flugbewegungen. Bisher darf von 23 bis 5 Uhr morgens nicht geflogen werden.

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13 Kommentare

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  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Den mit den Schwarzen flirtenden Grünen wünsche ich zahllose schlaflose Nächte. Diese Verräter haben es nicht anders verdient.

  • "Wir setzen jetzt alles daran, die Folgen abzumildern“, sagte Boddenberg ..."

     

    Dann wäre es sicher eine gute Maßnahme, die Fachkräfte vom BER mit ins Boot zu holen. Damit wäre die Einhaltung der vollmundigen Wahversprechen ggf. doch noch möglich.

  • mein Gott. wenn man eine gutbezhalten Posten in einer Regierung oder Parlament bekommt kann man schon mal ein Versprechen vergessen

  • Moment mal. Michael Boddenberg Fraktionsvorsitzender der Grünen? Ganz sicher, dass es nicht doch Tebartz-van Elst war?

  • Hatte wirklich jemand geglaubt, dass die GRÜNEN bei einer Koalition mit dem Rechtsausleger Bouffier und seiner CDU den Flughafenausbau verhindern konnte? Hat wirklich jemand geglaubt, dass die GRÜNEN den Ausbau verhindern wollten? Lächerlich oder Naiv...

    • @Philippe Ressing:

      "Wollen" glaub ich denen - aber "können" wohl nicht.

      Das nennt man Realität - da ist etwas schwerer zu gestalten als auf nem Blatt Papier in ner Fraktionsklausur.

  • In ihrem Artikel schreiben Sie u. a.: "Denn die Grünen hatten sich stets gegen den Bau eingesetzt, ihn aber nach ihrer Regierungsübernahme nicht verhindern können."

     

    Das verstehe ich nicht. Andere Regierungsbündnisse wurden aus bedeutungsloseren Gründen aufgekündigt.

    • @Urmel:

      weil das blosse aufkuendigen auch unterm strich nichts bringt, da die gruenen als juniorpartner alle anderen projekte auf einen schlag verlieren, und das terminal dann sowieso gebaut wuerde. klassische lose-lose-situation.

       

      beispiel landtagswahlen 2011 berlin: die gruenen verhaendler hatten sich derart gegen die A100 verbissen, dass in der konsequenz berlin seit fast 5 jahren mit einer katastrophalen grossen koalition dasteht. fuer diese stadt ein trauerspiel. hat es etwas an dem bau der autobahn geaendert? nein. das war aber auch vorher schon klar, da selbst die SPD als partei die autobahn noch nicht mal wollte, sondern nur herr wowereit das projekt gegen eine mehrheit durchdrueckte.

       

      leider alles nur politik, mehr folklore als demokratie.

      • @the real günni:

        @The Real Günni

        In Umfragen wollte die Mehrheit der Berliner wollte die A100. Und die Mehrheit der Berliner hat Parteien gewählt die vor der Wahl zugesagt hatten die A100 zu bauen.

         

        Also doch mehr Demokratie als gedacht. Demokratie ist wenn die Mehrheit Ihren willen bekommt. Nicht wenn man selbst seinen Willen bekommt.

      • @the real günni:

        Joa, aber man kann auch mal Rückgrat beweisen und zuürcktreten wenn man solche Aussagen macht. Ist ja nicht so als wäre man dann weg vom Fenster. Eine derartige Aktion von Politikern würde vielleicht auch wieder persönliche Glaubwürdigkeit herstellen. Kann man leider weder von Herrn Al-Wazir noch sonst einem der aktuellen Landes&Bundespolitiker der ersten Reihe erwarten...

        • @Dideldidum:

          in baden-württemberg ist ein grüne regierung an der macht, und sie hat nicht stuttgart 21 verhindert

          • @p3t3r:

            Wahrscheinlich weil Baden- Württemberg - außer ein paar gelangweilte Rentner und Dauerstudenten - in einer Volksabstimmung FÜR den Bau gestimmt haben.

             

            Ihr Vorwurf ist also, dass die Grünen demokratische Entscheidungen akzeptieren - selbst wenn es ihnen nicht passt.

            Ganz böse die Partei

  • Ich frage mich ernsthaft, wo ist die grüne Basis, die einem solchen opportunistischen Treiben von Al Wazir Einhalt gebietet?!? Aber genau wie in NRW bei Garzweiler geht es auch hier anscheinend ausschließlich um den Erhalt der Pöstchen für einige wenige Amts- und Mandatsträger. Diese neoliberal gewendeten Grünen sind nicht mehr wählbar für sozial und ökologisch denkende Menschen. Man kann nur hoffen, dass diese Parttei recht bald das Schicksal der FDP ereilt. Im Frühjahr bei den hessischen Kommunalwahlen ist die erste Möglichkeit dazu.