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Krieg in SyrienDie EU bewegt sich auf Assad zu

In Brüssel mehren sich immer mehr Stimmen für Gespräche mit Syriens Präsident Assad. Als Hauptfeind gilt der IS.

PalästineserInnen fliehen im Januar aus ihrem Flüchtlingslager Yarmouk, das am südlichen Rand der Hauptstadt Damaskus lag.

BERLIN rtr | Angesichts der Flüchtlingskrise mehren sich Forderungen, Syriens Präsident Baschar al-Assad als Partner im Kampf gegen die Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) zu akzeptieren. Ein gemeinsames Vorgehen habe Priorität, sagte Österreichs Außenminister Sebastian Kurz am Dienstag in Teheran. „Das wird nicht ohne Mächte wie den Iran und Russland gelingen, und insofern braucht es hier einen pragmatischen Schulterschluss und auch eine Einbindung Assads im Kampf gegen den IS-Terror.“

Man dürfe die Verbrechen des Assad-Regimes zwar nicht vergessen, fügte der österreichische Außenminister bei einem Besuch im Iran hinzu. Im Kampf gegen den IS stehe Assad aber auf derselben Seite wie der Westen. Spaniens Außenminister José Manuel García-Margallo hatte bereits am Montag Verhandlungen mit Assad gefordert, um den Krieg zu beenden.

Der Streit über den Umgang mit Assad ist bisher eines des größten Hindernisse auf dem Weg zu Verhandlungen über eine politische Beilegung des Konflikts. Die Fronten schienen verhärtet: Die syrische Opposition lehnt Verhandlungen mit Assad ab. Die Türkei und Saudi-Arabien verlangen die Ablösung Assads als Vorbedingung, ehe sie zu Verhandlungen bereit sind. Der Iran und Russland als Schutzmächte und engste Verbündete Assads wollen den Präsidenten nicht fallen lassen.

Nach Einschätzung von EU-Diplomaten kommt nun Bewegung in den festgefahrenen Streit. Über eine politische Lösung für Syrien werde allerdings nicht auf EU-Ebene entschieden, heißt es einschränkend. Notwendig sei eine Verständigung zwischen den USA und Russland.

Möglicherweise werde es in New York am Rande der UN-Vollversammlung Ende September zu einem Treffen von US-Präsident Barack Obama mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin kommen. Darüber hinaus müssten auch Saudi-Arabien und der Iran als Schutzmacht Assads und der Schiiten eingebunden werden. Gelinge dies, wäre eine Übergangslösung denkbar, bei der man Assad an der Macht lasse, heißt es in Kreisen der EU-Diplomaten. Dann könne man sich ganz auf den Kampf gegen den IS konzentrieren, den der Westen und Russland als Hauptgegner betrachteten.

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6 Kommentare

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  • Naja, an den Enden von Gaddhafi oder Saddam sehen wir ja, was es bringt Diktatoren einfach zügig zu "entfernen".

    Europa sollte tatsächlich auch mit Assads zusammenarbeiten und endlich die Situation stabilisieren. Mit Putin natürlich auch. Mit den USA. Man könnte diesen Konflikt sicher lösen, wenn man nur wollte...

  • ... und jetzt liebe „taz“ bitte wütende Kommentare von der „Syrienexpertin“ Kristin Helberg und von der Ex-taz-lerin und jetzigen HBS-Mitarbeiterin Ines Kappert.

    Schafft Ihr das bis heute abend ?

    Ich muß noch Chips einkaufen.

  • Wie unglaubwürdig und peinlich für die EU! Mal Freund, mal Feind, wie es gerade in die geopolitische Strategie passt. Jetzt Assad anbiedern? Langsam ist das alles andere als überraschend und nur noch beschämend.

  • Der 2. Weltkrieg wurde in einer Koalition mit der verbrecherischen Sowjetunion geführt um die ultimativen Nazi-Verbrecher auszuschalten. Und es war gut so und selbst in den USA ist das bis heute unumstritten trotz Katyn, Gulags und millionenfachen Mord/"Säuberungen" in der SU.

     

    Und heute ist es nicht möglich mit Putin zusammenzuarbeiten? Versteh ich nicht.

  • 7G
    70023 (Profil gelöscht)

    Es ist wider typisch Westen. Der Westen macht eine Dummheit nach dem anderen. Jetzt wollen sie mit dem Massenmörder zusammen tun und gegen IS kämpfen. Wann kapiert der Westen endlich so lange der Assad an der Macht ist, wird in Syrien keinen Frieden geben.

  • Der Alte Fehler des Alten Europa.

    Kein Diktator kann soviel Blut an den Händen kleben haben, dass er für Europa nicht tragbar wäre, wenn er nützlich erscheint. Demokratie und Menschenrechte bedeuten Europa nichts mehr, wenn es um den eigenen Vorteil geht.

    Das Ergebnis dieser Politik erleben wir gerade live - offenbar hat die Politik nichts daraus gelernt.