piwik no script img

Flüchtlinge verschwinden aus SonderzugBloß nicht nach Berlin

179 Flüchtlinge verlassen am Montagmorgen einen Sonderzug von München nach Berlin-Schönefeld – sie hatten unterwegs die Notbremse gezogen.

Täglich fahren momentan von München aus Sonderzüge in verschiedene Bundesländer Foto: dpa

518 Flüchtlinge waren am Montag in Bayern in den Sonderzug gestiegen – doch nur 339 von ihnen kamen am Dienstagmorgen tatsächlich am Bahnhof Berlin-Schönefeld an. Der Grund: Unterwegs wurde in dem Zug offenbar mehrmals die Notbremse gezogen, Flüchtlinge waren auf offener Strecke ausgestiegen.

„Nach unseren Erkenntnissen verließen zunächst etwa 60 Flüchtlinge bei einem Nothalt in Bitterfeld-Wolfen den Zug“, sagte Chris Kurpiers, Sprecherin der Bundespolizeiinspektion Magdeburg. Bei einem zweiten Halt in der Nähe von Dessau habe dann eine „unbestimmte Anzahl“ von Flüchtlingen den Zug verlassen. Insgesamt 67 Personen seien von der Polizei an der Strecke aufgegriffen worden, sie wurden in die Zentrale Aufnahmestelle in Halberstadt gebracht, wo sie jetzt bleiben sollen. Über den Verbleib der übrigen 112 Flüchtlinge gebe es keine Informationen. Im Zug selbst war keine Polizei, aber Sicherheitspersonal der Bahn anwesend.

Ursprünglich sollte der Zug gar nicht nach Berlin, sondern nach Sachsen fahren. „Wir haben erst in der Nacht, als der Zug schon unterwegs war, die Anfrage bekommen ob wir einspringen können“, sagte Sprecherin der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, die in Berlin für die Versorgung der Flüchtlinge zuständig ist. Aus bisher nicht bekannten Gründen hatte Sachsen die eigentlich vorgesehene Aufnahme der Flüchtlinge offenbar abgelehnt. Der Zug wurde deswegen bei Bamberg kurzfristig umgeleitet umgeleitet – dies habe möglicherweise zu „Verwirrung“ unter den Fahrgästen geführt, so die Sprecherin der Senatsverwaltung.

Weder bei der Bundespolizei noch bei der Senatsverwaltung für Soziales vermochte man am Dienstag, etwas über die Motive der Flüchtlinge zu sagen. Eine dahingehende Befragung habe nicht stattgefunden, so Kurpiers. Bekannt ist allerdings, dass Flüchtlinge mit dem Fluchtziel Skandinavien oft die Registrierung in Deutschland vermeiden wollen, weil sie sonst in anderen Ländern keinen Anspruch auf Asyl haben. Gleichzeitig hat sich vermutlich herumgesprochen, dass die Flüchtlinge in Berlin mittlerweile direkt von der Bundespolizei empfangen werden.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • "Aus bisher nicht bekannten Gründen hatte Sachsen die eigentlich vorgesehene Aufnahme der Flüchtlinge offenbar abgelehnt."

     

    Ja das schöne Bundesland Sachsen ... warum wollten sie nicht die Flüchtlinge aufnehmen?

  • Interessanterweise wollen die IHKn Sorge für die Bereitstellung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen für die Flüchtlinge und für die so genannten Flüchtlinge tragen.

    Woher kommen denn jetzt urplötzlich die Arbeitsplätze?

    Wie weiland die so genannten DDR-Flüchtlinge in der BRD in den 1970ern und 1980er Jahren in der BRD und in Berlin (West) bevorzugt Ausbildungs- und Arbeitsstellen, BaföG erhielten, vorrangig vor den Westberliner/innen und Westdeutschen, so wird hier erneut verfahren.