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Verhältnis Vietnam-USAAuf dem Ho-Chi-Minh-Pfad zu Obama

In Washington wird erstmals für einen vietnamesischen KP-Chef der rote Teppich ausgerollt. Beide Seiten eint das Misstrauen gegenüber China.

Vietnams KP-Generalsekretär Nguyen Phu Trong. Foto: AP

BERLIN taz | Schon zwanzig Jahre haben die einst verfeindete Sozialistische Republik Vietnam und die USA wieder volle diplomatische Beziehungen. Seitdem wurde Vietnam 2007 in die Welthandelsorganisation aufgenommen, 2013 eine „umfassende Partnerschaft“ vereinbart und 2014 sogar das US-Waffenembargo gelockert. Doch aus Anlass des jetzigen Jubiläums geht die Annäherung noch weiter.

Am Dienstag wird erstmals Vietnams KP-Chef im Weißen Haus empfangen. Dabei neigt der konservative KP-Generalsekretär Nguyen Phu Trong, offiziell die Nummer eins der Führung in Hanoi, bisher eher zu Peking als zu Washington.

Laut US-Medien geht Truongs Besuch auf seinen eigenen Wunsch zurück, US-Präsident Barack Obama zu treffen. Da Trong kein Regierungsamt hat und in Washington niemand einen entsprechend mächtigen Parteiposten, gab es ein protokollarisches Problem. Offiziell trifft Trong deshalb jetzt US-Vizepräsident Joe Biden, Obama stößt dann dazu.

Die Annäherung zwischen Vietnam und den USA beruht nicht nur auf beiderseitigen Wirtschaftsinteressen, sondern hat vor allem auch viel mit China zu tun. Die USA und China sind strategische Rivalen, die Nachbarn Vietnam und China streiten um Inseln im südchinesischen Meer (vietnamesisch: Ostsee).

Vietnam misstraut China

Vietnam hat sich schon jahrhundertelang chinesischer Aggressionen erwehrt, zuletzt kam es 1979 zum Krieg. Die Vietnamesen empfinden Chinas Verhalten im Inselkonflikt heute als zunehmend aggressiv und suchen deshalb die Nähe zu den USA.

Als Peking letztes Jahr eine Ölplattform in das zwischen beiden umstrittene Gebiet schleppen ließ, eskalierten in Vietnam Proteste gegen China. Vermeintlich chinesische Fabriken wurden angegriffen, es gab sogar Tote.

„Trong und seine konservative Fraktion haben offenbar zunehmend Zweifel an China. Deshalb will er jetzt persönlich in Washington ausloten, wie weit er den USA im Ernstfall wirklich trauen kann“, sagt Erwin Schweisshelm, Büroleiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Hanoi, der taz.

Hanoi ist an US-Waffen interessiert

Vietnams Regierung drängt die USA schon seit einiger Zeit zur vollständigen Aufhebung des Waffenembargos. Hanoi will seine Abhängigkeit von russischen Rüstungsgütern reduzieren und seine militärischen Fähigkeiten modernisieren. Doch Schweisshelm sieht bei Waffengeschäften noch keinen Durchbruch.

Dafür erwartet er Fortschritte im Wirtschaftsbereich, wo beide Seiten über Vietnams Teilnahme an der von Washington favorisierten Freihandelzone Transpacific Partnership (TPP) verhandeln. Die schließt China bisher aus.

Deshalb haben mehrere Länder damit auch ein Problem, nicht jedoch Vietnam. Dabei ist auch Hanoi offiziell bemüht, Peking nicht zu provozieren und betont die weitere Gültigkeit seiner bisherigen Außenpolitik der „drei Nein“: Keine Militärbündnisse, keine Allianzen, die sich gegen dritte richten und keine ausländischen Militärbasen im Land.

Aus US-Sicht stehen bisher vor allem die Menschenrechtsverletzungen in Vietnam einer stärkeren Annäherung im Wege. Hanoi hat erst letzte Woche einen Dissidenten freigelassen und signalisiert, dass es zugunsten des Freihandelsabkommen auch beim Thema Gewerkschaftsrechten kompromissbereit sein wird.

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