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Workshop über SchönschriftDie Kunst, schreiben zu lernen

Ute Andresen sieht Schönschreiben als den elementaren Lernvorgang an – ästhetisch, kognitiv und erzieherisch. Viele Schüler halten zu Hause den Stift falsch.

2.000-mal sollen A-B-C-Schützen jeden Buchstaben üben, bis er sitzt. Bild: goldkatze/photocase

Dieses Buchstabenheft streitet mit dem kalligrafischen Kunstwerk und dem Sachheft darum, was es sein will. Erstklässler üben darin, das O schön zu schreiben, und schwingen die kleine Achterbahn im kleinen k. Sie lernen schreiben. Aber sie basteln auch, sie malen einen Igel, wenn es um das I geht, und basteln einen Dino für das D. In diesem Heft gibt es keinen herrischen Strich mit dem Rotstift. "Nur wenn das Heft schön ist, dann wollen die Kinder auch schön schreiben", sagt die Lehrerin.

So tut es auch Ute Andresen, die Schreiblernpädagogin aus München. "Jeder Buchstabe, der mir aus der Hand fließt, ist ein Kunststückchen, das ich beherrsche." Ute Andresen hat einhundert Zuhörer beim Grundschulkongress. Andächtig beobachten sie, was mit Schreibenlernen nur unzureichend bezeichnet wäre. Für Andresen ist das Schönschreiben der wichtigste Lernakt schlechthin. Es ist: ein ästhetisches, motorisches und kognitives Erlebnis. Und es braucht ganz unbedingt: den Lehrer.

"Wenn ich ein motorisches Muster einmal verinnerlicht habe, dann sitzt das", sagt Andresen. Und dann warnt diese lässige Frau. Ja, man solle das schöne Schreiben von Anfang an richtig lernen. 2.000-mal gelte es, jedes der 53 Kunstwerke namens Buchstaben zu üben. Leider aber "kommen zusehends Kinder in die Schule, die den Stift falsch halten". Dieses zu korrigieren ist wichtig - "aber immer eine Kränkung für die Kinder".

Ute Andresen hat seltsame Dinge mitgebracht für die Zeit, in der wir leben. Sie hat den besten Schreiblernbleistift dabei. Sie schlägt bestimmte Papiere vor und wann man Blätter mit welchen Linien einsetzt. Und dann bittet sie die Teilnehmer ihres Workshops ernsthaft - an eine Schiefertafel. Weil Kinder das schöne Schreiben auf so einer Tafel am besten lernten. Immerhin, es bleibt die Wahl zwischen einem normalen Griffel, der einem Schauer über den Rücken jagt, und einem Milchgriffel.

Andresen sagt ihren Zuhörern, dass Schreibenlernen am besten mit einer Methode geht, "die man nicht anders als frontal nennen kann". Nein, Andresen ist keine Rückwärtsgewandte. Sie schärft den Lehrerinnen ein, "dass vor Ihnen Kinder sitzen, die immer etwas Rätselhaftes haben - und es behalten sollen".

Die Zuhörer verlassen den Workshop achtsam, die Schiefertafel unter dem Arm. Sie haben nicht nur gelernt, wie bedeutsam Schreibenlernen ist. Sie haben verstanden, was Schreiben-Lehren ist: ein pädagogisches Kunstwerk.

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5 Kommentare

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  • I
    iacobson

    @Besserwisser:

    es tut mir leid, aber bei der aeusserung, schoenschrift sei nicht so wichtig, um etwas zu erreichen, aber rechtschreibung muesse sitzen, faellt mir nur eins ein: *lol*

     

    ich kann mich nur Axel Dorken anschliessen: es ist einzig und allein der inhalt wichtig - zugegeben: er muss natuerlich durch schrift erkennbar und durch orthographie verstaendlich sein, aber dazu muss ich kein calligraph und duden sein.

     

    klingt ia echt schoen, eines kindes, das spass an schoenschrift hat, schreiblern-arbeit als kunstwerk zu wuerdigen, aber es ist einfach nur eine qual fuer iedes andere. :(

  • B
    Besserwisser

    Inhaltlich pflichte ich Rod Sanchez durchaus bei, auch wenn ich hoffe, dass uns biometrische Scanner und ähnlicher Kram noch lange erspart bleiben.

    Aber fast jeder Arzt und Gymnasial-Lehrer beweist doch täglich, dass es auch ohne schöne Schrift möglich ist, irgendwie erfolgreich zu werden.

    Ich denke, viel wichtiger als die schöne Handschrift ist es, dass Kinder ein Gespür für die Sprache entwickeln und - auch wenn das sicher in Frontal-Unterricht mündet - Rechtschreibung und Grammatik lernen. Wenn ich mir die Hausarbeiten und sonstigen Ergüsse einiger Studenten so ansehe, ist es erschütternd zu sehen, wie gravierend dort teilweise die Lücken sind. Auch (oder gerade?!) beim durchschnittsdeutschen 08/15-Vorzeige-Abiturienten...

  • EJ
    Einstein jun.

    Auch für mich gibt es ein ähnlich traumatisches Erlebnis mit Schönschreiben: gerade hatte ich mit 6 Jahren im Schönschreibunterricht die Heisenberg'sche Unschärferelation widerlegt, als mein Füller kratzte. Daraufhin schmierte ich ein, zwei Zeilen lang. Meine Lehrerin war so erbost, dass sie mir mit dem Lineal auf die Finger schlug, dabei eine Sehne verletzte und so jäh meine Jungpianistenkarriere beendete.

    Mir bleibt heute nichts anderes, als diesen Text einer Schreibsoftware zu diktieren, da ich nie Tippen lernte.

    Meine Kreativität ist zerstört, mein Leben sinnlos. Zum Glück habe ich noch meinen Computer.

  • AD
    Axel Dörken

    Na, da habe ich mehr Tiefgang erwartet, als ich die Überschrift las.

     

    Habe ich die Aussage korrekt verstanden? Hauptsache schön?

     

    Wie wäre es noch mit:

    Hauptsache angepasst?

    Hauptsache zustimmen?

    Hauptsache schneller, größer weiter, etc?

     

    Meine Philosophie ist eine andere:

    Hauptsache der Inhalt kommt rüber.

     

    Ich habe ´ne Sauklaue. Und würde es keine automatische Rechtschreibprüfung geben, würden noch viel mehr Fehler in meinen mit der Tastatur geschriebenen Texten vorkommen, da ich nie das genügende Interesse hatte auch mit Tastenschreiben fehlerfrei zu schreiben. Und das, obwohl ich in der Schule im Diktat meißt ein sehr gut hatte.

    Doch schon in der Schule hat mir die Note für "Schrift" den Schnitt versaut. Im Abschluss hätt ich ´ne 1,9 gehabt. Ohne sie. So hatte ich ´ne 2.

     

    Leute achtet bitte darauf, dass ihr nicht weiter, sinnbildlich, die Beine eurer Kinder brechen lasst, damit sie angepasst sind!

     

    Im Klartext: Anstatt sich über ihre Eigenarten zu ärgern, freut euch über ihre Einzigartigkeit. Jeder hat seine Macken. Und jeder hat ein Recht darauf, sie zu behalten.

     

    Schöne Schrift... Ich hoffe, ich habe mich verlesen.

     

    Liebe Grüße

    Axel

  • RS
    Rod Sanchez

    Der Schreibunterricht ist eines meiner schlimmsten Kindheits-Traumata. Ähnlich einer Folter wurden wir in der Schule zum Stillsitzen gezwungen. Und dann sollten wir Buchstaben abmalen. An und für sich eine schöne Beschäftigung. Aber das reichte unserer Lehrerin nicht, dass wir schreiben lernten. Es mußte vor allem unter großem Druck gelernt werden. Zeitdruck und Vergleichsdruck - wobei es nicht unbedingt darauf ankam wirklich schön zu schreiben, sondern so, wie es der Lehrerin gefiel. Und es kam überhaupt nur auf das stupide Schreiben an. Andere Leistungen wie enorme Gedächtnisleistungen, dass ich z. B. die gesamten Tafelanschriebe beim ersten Lesen nachhaltig auswendig wußte und so überhaupt keine Notwendigkeit zum Schreiben hatte interessierte niemanden. Wie ich später in meinen Unterlagen herausfand kam ich in der Grundschule von selbst auf den Gauss-Algorithmus. Meine Lehrerin zerknüllte das Blatt, weil es "nicht schön geschrieben" war.

    Wahre kreative Leistungen in Mathematik, Sprache usw. wurden durch das stupide Stillsitzen und Schönschreiben unter Zeitdruck abgetötet. Gelobt wurde wer schön geschrieben hat, nicht wer wirklich intellektuelle und/oder kreative Leistungen vollbrachte.

     

    Heute ist Handschrift sowieso überflüssig. Diesen Text diktiere ich beispielsweise einfach der Spracherkennung auf meinem Debian-Computer. Emails unterschreibe ich mit einer digitalen Signatur, meine Idendität beweise ich durch einen Scan an Scannern für Fingerabdrücke, sobald es Ausweise mit biometrischen Daten gibt wird auch das handschriftliche Unterschreiben von Dokumenten redundant sein - ein Überbleibsel aus dem Mittelalter.

     

    Schönschrift ist nur ein Mittel, um Kinder zu quälen, ihre natürliche Kreativetät und Bewegungsfreude abzutöten und sie zu dem zu machen was die Wirtschaft haben will: Stumme Befehlsempfänger, welche Arbeitsanweisungen ohne groß nachzudenken schnell ausführen. Nicht die eigene Kreativität, sondern das stupide kopierende Abmalen irgendwelcher Buchstaben zählen. Das stupide Stillsitzen und monotone Üben der immergleichen Buchstaben unter Zeitdruck bereitet Kinder bestens auf den Produktionsalltag oder stupide wie monotone Callcenterjobs vor.