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BundeswehrreformFünf Geschwader weniger

Inspekteure der Streitkräfte haben berechnet, zu welchen Kürzungen die schwarz-gelbe Reform führt. Der Druck auf Verteidigungsminister de Maizière nimmt zu.

Noch fliegt er: ein Flieger des Jagdgeschwaders 74, das in Neuburg stationiert ist. Bild: dpa

BERLIN taz | Gegenwind für CDU-Verteidigungsminister Thomas de Maizière - von den Inspekteuren der Teilstreitkräfte. Eine Reduzierung der Bundeswehr von 250.000 Soldaten auf 185.000 Personen würde Teile der Streitkräfte empfindlich treffen, warnen die Fachleute: Im Bereich der Luftwaffe müssten 5 der 13 Geschwader gestrichen werden, die Marine würde die Anzahl ihrer U-Boote von 10 auf 6 verringern. Auch bei Heer und Kampfpanzern gäbe es Einschnitte. Die Planungen sind ein Vorgeschmack darauf, welche Schwierigkeiten auf den Verteidigungsminister mit der Bundeswehrreform warten.

Die Reform hat de Maizière von seinem Amtsvorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) geerbt, der im März wegen seiner weitgehend plagiierten Doktorarbeit zurückgetreten war. Guttenberg hatte die Reform im vergangenen Sommer angestoßen - um Geld zu sparen. Doch wie die geplante Reduzierung um rund 70.000 Soldaten umgesetzt werden soll, ließ er offen. Wie wird das Ministerium aussehen? Welche Standorte werden geschlossen? Welche Teile des Heeres werden die Folgen spüren?

Auf die letzte Frage gibt der Bericht der Inspekteure der Teilstreitkräfte nun eine Antwort. Sie macht deutlich, wie einschneidend die Folgen für die Bundeswehr sein werden. Und Kompromisse sind kaum denkbar. Im Verteidigungsetat müssen bis 2015 8,3 Milliarden Euro eingespart werden.

Vor den Folgen der Einschnitte warnt nun der SPD-Verteidigungspolitiker Hans-Peter Bartels: "Man kann die Bundeswehr nicht im freien Fall reduzieren", sagt der Kieler, "wenn man die Truppenstärke noch weiter verringert, wird die Bundeswehr ganze Fähigkeiten abgeben müssen." Ginge es nach Bartels, müsste sich der Verteidigungsminister beim Finanzminister bemühen, die Sparvorgaben aufzuweichen: "De Maizière muss bei Schäuble nachverhandeln." De Maizière will im Mai öffentlich machen, wie genau die Bundeswehrreform ablaufen soll.

Ein Zurück gibt es nicht mehr, die letzten Wehrpflichtigen verlassen im Sommer die Kasernen. Wegen der klammen Kassen wären sogar die angepeilten 185.000 Personen noch zu teuer: In der vergangenen Woche waren interne Berechnungen des Verteidigungsministeriums bekannt geworden, nach denen die Sparvorgaben nur eine Truppenstärke von 158.000 Soldaten zulassen würden.

"Man kann auch mit reduzierten Streitkräften eine schlagkräftige Armee aufbieten - nun muss der Minister eine sicherheitspolitische Ableitung seiner Pläne vorlegen", sagte die FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff. Eine Verschiebung der Sparziele sei zwar denkbar, aber eins sei klar: "De Maizière kann nicht von den Einsparungen ausgenommen werden."

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7 Kommentare

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  • Z
    zzzzanonym

    Länder, wie Libyen und Syrien, das unterschwellig

    immer noch köchelnde ehemalige Jugoslawien

    und die militärische Kampfbereitschaft von Italien

    und Frankreich zeigen, dass wir

    in keinen befriedeten

    Umfeld leben.

    Frankreich und Italien versuchen auf diese

    Weise außenpolitisch Lorbeeren zu sammeln,

    wo sie innenpolitisch versagen.

    Wahrscheinlich verschlimmern sie aber die

    Situation, weil sie Hoffnungen schüren,

    die sie nicht erfüllen können und um so mehr

    wieder auf die USA angewiesen sind.

    Deshalb werden viele Menschen auch umsonst sterben,

    die in Ihren Glückswahn hoffen, die NATO wären

    Befreier. Aber die "Retterländer" stehen nahe

    am ökonomischen und moralischen Desaster.

    Die Probleme könnten bei Nicht- Gelingen

    drastisch anwachsen und es ist dann eine

    Verantwortung gegenüber den Asylsuchenden

    gegeben(sinnvollerweise in einen nicht NATO-Staat,

    wegen Schläfergefahr).

    Spätestens als Clinton irakische Aufständische

    im Stich ließ, trotz großer anderslautender

    Gesten, hätte eine zukünftige ehrliche

    Interventionsstrategie oder klare Absage

    in Krisenfällen verpflichtend sein müssen.

    Wir brauchen eine nachhaltige, arbeitsplatzsichernde

    Armee mit Rüstungsindustrie und

    vielfältiger Ausstattung, um auf Dauer sicher

    leben zu können. Auch für den Fall das

    Europa wieder auseinanderfällt.

    Wir müssen auch für nachkommende Generationen

    ein sicheres und lebenswertes Land bleiben

    und unsere vitalen Interessen verteidigen können

    im Einklang mit der NATO. 250.000 ausgebildete

    Soldaten, davon 70.000 hochqualifizierte Soldaten,

    20 U-Boote, 2000 Flugzeuge unterschielichster

    Waffengattung und 19.000 Panzer unterschiedlicher

    Waffengattung und 300 hochmoderne

    und Kampf-Schiffsysteme sind für ein Land wie Deutschland die unterste Bewaffnungsgröße,

    um den eigenen Güterverkehr hauptverantwortlich

    zu gewährleisten und auch auf Naturkatastrophen

    reagiern zu können und eben außenpolitische

    Verantwortung im Zweifelsfall auch

    gerecht zu werden und auch bei technischen

    Katastrophen konkrete Einsatzpläne durchzuziehen.

    Weiterhin braucht man mindestens 10 hochprofessionelle Bautrupps und Infrastrukturproduzenten an den militärischen

    Komplex angegliedert. Deshalb braucht Deutschland

    auch Hochtief und hätte sich hier ein Goldene

    Aktie mit zulegen müssen, wenn unser Wirtschaftsministerium etwas wert wäre.

    Dieses Land versucht zu überleben, indem es jede

    Restreserve abbaut und damit völlig schutzlos

    seinem Schicksal gegenübersteht!!!

    Zuerst kommen wir und dann kommt Europa und

    dann kommt Afrika oder Afghanistan und

    nicht umgekehrt!!!!

    Wir schaffen unsere Verteidigung ab, um in Ländern rumzupfuschen mit Pfuschern, wo nichts anständiges

    irgendwann einmal herauskommt. Es ist eine Farce!

  • R
    Resterampe

    Am liebsten wäre es den Selbstversorgern unserer Regierung wir kämen alle nur noch wegen der Ehre, wie der Verteidigungsminister so nett formulierte. Wegen des Geldes kämen ja doch nur die falschen, hat er gemutmaßt. Hat dem eigentlich schon mal jemand gesagt, dass wir die letzten beiden Armeen abwickeln mussten weil zu viele wegen der Ehre kamen? Vielleicht sollte man es doch besser mal mit denen die des Geldes wegen kommen versuchen. Problem: da kommt dann keiner mehr, bei den Zuständen.

     

    Für die derzeitigen Leibeigenen der Bundeswehr gilt aber wohl was die Eagels schon in den 70ern wussten - You can check out any time You want, but you can never leave...

  • KL
    Kurt L.

    Beim vorletzten Schritt bleibt nur noch eine Rumpfarmee übrig, die zu keinem operativen Einsatz mehr fähig ist. Dann kommt der letzte Schritt, die Auflösung der Bundeswehr.

    Dann hat Deutschland Platz für fremde Armeen. Das war es dann mit unserer Freiheit und Demokratie.

  • M
    MDarge

    Die Kritik der Inspekteure ist schwer verständlich. Ist es ein Wert für sich 13 Geschwader zu haben und 10 U-Boote ? Wir kennen alle die Werbung "meine Frau, mein Haus, mein Boot" und "ich habe den Längsten". Doch welche Relevanz hat das für die Landesverteidigung ?

     

    Welche Standorte geschlossen werden, ist zweitrangig, wichtig ist nur, dass ausreichend VIELE Standorte geschlossen werden, wenn dauerhaft und nachhaltig Kosten gespart werden sollen. Wasch mich, aber mach mich nicht nass. Die Kosten können ebenso bei Eingliederungsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose gespart werden oder bei den staatlichen Zuschüssen zum Sozialsystem oder bei den über-finanzierten Kommunen.

     

    Oder wenn es vermutlich um Standorte in Bayern geht, wäre es möglich auf die Bundeswehrreform zu verzichten und stattdessen 8,3 Milliarden Euro MEHR ins Militär zu pumpen. Bald kommt der Dritte Weltkrieg, da braucht's doch ausreichend Böller, um ein lustiges Feuerwerk zu zünden.

  • C
    Chris

    Auf die Idee, bei der Bundeswehr mal Verwaltung abzubauen, kommt keiner ?

    Mittlerweile findet man nicht mal mehr Infos drüber, wie viel Prozent die am Etat ausmacht, ich schätze mal (so wie ich unseren Staat kenne), das ist der Bereich, in dem am wenigsten gespart wurde.

    Irgendwann gibt es 2 Soldaten, 1 Panzer ein Halbes Flugzeug (mit Luxemburg geteilt), aber 75000 Mann in der Verwaltung.

  • E
    Eberhard

    Tauchboote, Fregatten, Korvetten, Schnellboote, Schausegler, Minenjäger reduzieren ? Kein Problem, denn die können, nach dem Entfernen des Muffs von 1000 Jahren, sofort exportiert werden. Inder, Israelis, Südafrikaner etc. schreien alle: Hier, wo die grosse Kohle ist !

     

    Gleiches gilt für Panzer und Tornados. Nach dem Ende der arabischen Revolutionen gibt es mit Sicherheit Bedarf an gebrauchten Waffensystemen zu vernünftigen Preisen. Das hereinkommende Steuergeld muss für den Schuldenabbau verwandt werden.

     

    Je weniger Bundeswehr, desto weniger Krieg und Ressourcenverschwendung.

  • JH
    Jakobus Heinze

    Oh je! Weniger U-Boote und Flugzeuge! Das ist natürlich tragisch. Wozu eigentlich U-Boote? Um Piraten vor Somalia zu torpedieren?

     

    Meiner Meinung nach sollte man die BW ganz auflösen und eventuell in eine Europäische Verteidigungsarmee (wenn es denn wirklich sein muss) einfliessen lassen. Nationale Armeen sind in Europa einfach nutzlos. Und "interventionsfähig" muss sie ebenfalls nicht sein.

     

    Aber das würde div. Leuten ja nur das Spielzeug aus der Hand nehmen, wird also eh nichts.