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„Wir können die Banken nicht überwachen“

Die Weltbankgruppe will ihren Verhaltenskodex für Investitionen in Entwicklungsländern verschärfen. Obwohl freiwillig, seien die „Äquator-Prinzipien“ ein Erfolg, so Nachhaltigkeits-Chefin Kyte. „Die Firmen verbessern ihren Ruf“

taz: Mrs. Kyte, nach sieben Jahren novellieren Sie die Normen für Banken, die Entwicklungsprojekte finanzieren. Wie kann man sich die Umsetzung der so genannten Äquator-Prinzipien praktisch vorstellen?

Rachel Kyte: Die Äquator-Prinzipien verlangen, dass ein Unternehmen schon in der Planung eines Projektes die sozialen und ökologischen Auswirkungen gründlich analysiert. So lassen sich frühzeitig Risiken erkennen. Die Äquator-Prinzipien stellen zum Beispiel sicher, dass Umweltschäden minimiert werden. Weil Rücksicht auf die Interessen der Bevölkerung genommen wird, sind Unruhen weniger wahrscheinlich.

Wie unterscheiden sich die neuen Äquator-Prinzipien von den bisherigen?

Wir haben unsere Anforderungen an Firmen erhöht, denen wir Geld leihen. Neu ist zum Beispiel, dass die Unternehmen dafür sorgen müssen, dass die Arbeitsbedingungen gut sind und die Arbeiter ihre Interessen gegenüber der Geschäftsführung vertreten können. Außerdem müssen die Firmen mehr gegen Umweltverschmutzung tun. Wir wollen auch, dass die Unternehmen eine größere Rolle für die allgemeine Gesundheitsvorsorge – Stichwort Aids – und die Sicherheit spielen.

Der Verhaltenskodex für Firmen wird oft als „Selbstverpflichtung ohne Konsequenz“ kritisiert.

Die Banken, die sich dem Kodex verpflichtet haben, tun dies freiwillig, weil sie auch ein wirtschaftliches Interesse haben, ökologische und soziale Risiken zu minimieren. Durch diese Verpflichtung verbessern sie natürlich auch ihren Ruf. Vor zwei Jahren haben sich 10 Banken den Prinzipien verpflichtet. Heute sind es 35 Finanzinstitute. Das spricht für sich.

Was ist aber mit Trittbrettfahrern, die lediglich das positive Image der Verhaltensnormen nutzen und sich in der Praxis wenig um Sozial- und Umweltstandards scheren?

Die Äquator-Prinzipien basieren auf einer Selbstverpflichtung. Wir können die Umsetzung dieser Normen durch die Banken nicht überwachen und auch keine Sanktionen bei Fehlverhalten aussprechen. Aber es gibt bei den Äquator-Banken einen spürbaren Druck, das Ansehen der Umwelt- und Sozialstandards nicht zu beschädigen.

Wie kommt es, dass Banken wie die WestLB, die sich auch den Äquator-Kriterien verpflichtet haben, Geld in Entwicklungsprojekte investieren, die offenbar gegen die Umweltnormen verstoßen?

Wir überwachen die Äquator-Banken nicht. Ich glaube aber, dass der Markt langfristig auf Fehler jeder Bank reagiert. Alle Banken sind für ihr Verhalten verantwortlich. Banken, die ein schlechtes Risikomanagement betreiben, werden mit ihren Aktionären und Kunden Probleme bekommen.

INTERVIEW: TARIK AHMIA

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