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Dresdner ÜberwachungsskandalHandydaten bleiben unter Verschluss

Der Staatsanwalt verweigert die Auskunft über gesammelte Handydaten. Bundestagsvize Wolfgang Thierse ist empört und überlegt, zu klagen.

Die Dresdner Behörden sind offenbar nicht bereit, Rechenschaft über ihr Handeln zu geben, beklagt Thierse. Bild: dpa

BERLIN taz | Wolfgang Thierse ist empört. Er hatte sich im Februar an den Antinaziprotesten in Dresden beteiligt, zuvor auch zur friedlichen Blockade der Rechtsextremen aufgerufen.

Nachdem die taz vor gut einem Monat aufgedeckt hatte, dass die Polizei während der Proteste am 13. und 19. Februar über eine Million Handy-Verbindungsdaten von mehr als 330.000 Demonstranten, Anwohnern, Journalisten und Politikern erfasst und gespeichert hat, sprach der SPD-Vizepräsident des Bundestags Thierse bereits von einem "skandalösen Vorgang".

Er wollte von den sächsischen Behörden wissen, ob auch er von dieser Überwachungsmaßnahme betroffen war, und stellte bei der Staatsanwaltschaft ein Auskunftsersuchen. 400 derartige Ersuchen gingen dort bisher ein, bestätigte die Behörde am Mittwoch. Die Auskunft allerdings verweigert sie.

"Es entsteht der Eindruck, dass die Dresdner Behörden nicht bereit oder nicht fähig sind, Rechenschaft über ihr Handeln, über den massenhaften Eingriff in die Grundrechte von Bürgern zu geben", sagte Thierse der taz. Das sei ein durchaus beunruhigender Vorgang.

Ermittlungen könnten noch dauern

In dem Schreiben der Dresdner Staatsanwaltschaft an Thierse und andere Betroffene heißt es, dass "eine Auskunft derzeit nicht erfolgen kann". Grundlage sei Paragraf 491 Strafprozessordnung, wonach Auskunft über Verfahren, deren Einleitung nicht mehr als sechs Monate zurückliegt, nicht erteilt wird.

Die Staatsanwaltschaft Dresden stellte gegenüber der taz in Aussicht, dass sich dies nach Abschluss der Ermittlungen, "die noch eine Zeit dauern können", ändern könnte. "Wir wissen noch nicht, wer als Täter für die schweren Landfriedensbrüche in Betracht kommt. Deshalb können wir so lange keine Auskunft erteilen", sagte Oberstaatsanwalt Lorenz Haase. Dazu müsse außerdem ein berechtigtes Interesse der Betroffenen vorliegen. "Allein der Umstand, dass personenbezogene Daten in diesem Fall gespeichert wurden, reicht dafür wohl nicht aus", so Haase.

Ob diese Einschätzung zutrifft, ist umstritten. Auch um das klären zu lassen, erwägen einige Parlamentarier jetzt eine Klage. So etwa Niema Movassat von der Linksfraktion im Bundestag. "Aus meiner Sicht ist es rechtswidrig, gegenüber Abgeordneten die Auskunft zu verweigern", sagte er der taz. Zudem müsste der Bundestag in solchen Fällen informiert werden.

Wie wenig selbst die Bundesregierung über das Ausmaß von sogenannten Funkzellenabfragen weiß, geht unterdessen aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen hervor. In dem Schreiben, das der taz vorliegt, heißt es, dass "eine gesonderte statistische Erhebung" dazu "nicht vorgesehen ist". Die Regierung selbst strebt hierzu keine Gesetzesänderung an, verweist aber auf eine Bundesratsinitiative aus Sachsen. Deren Vorschläge will die Regierung "im Rahmen des von Sachsen in Aussicht genommenen Gesetzgebungsverfahrens prüfen".

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4 Kommentare

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  • H
    Hasso

    Die Stasi-Akten sind ungenügend aufgearbeitet worden, darum werden die so frech da in der "ehemaligen Hinterwelt". Das steckt noch in den Knochen dieser Waldheinis.Man scheint mit Verfassungstreue wenig anfangen zu können.

    Wo bleiben die Kasperl der Bundesregierung? Sind sie damit einverstanden oder nur zu schwach. Man trägt die Demokratie sukzessive zu Grabe, und alle Volksvertreter machen mit. Oder hat Merkel selbst noch einiges zu verbergen, dass sie nichts dagegen unternimmt? Wie wär.s wenn mal die Handys von den Bankenmanagern abgehört würden oder die mancher Politiker-,manch Gefährliches käme dabei heraus.Wenn man schon abhört,dann auch gezielt.

  • Z
    zwischenDenZeilen

    Die Auskunftsverweigerung der Staatsanwaltschaft ist in meinen Augen rechtswidrig und zudem absurd. Dies verstößt gegen das Demokratieprinzip. Alle Institutionen des Staates handeln auf der Grundlage von Gesetzen, die maßgeblich von den Abgeordneten initiiert und verabschiedet werden. Somit sind diese Institutionen bezüglich ihres Handelns gegenüber der Legislative uneingeschränkt rechenschaftspflichtig. Die Auskunftsverweigerung mit Verweis auf Paragraf 491 Strafprozessordnunhg ist nicht nachvollziehbar.

     

    Besteht der Verdacht, dass durch eine staaatliche Institution Prinzipien und Festlegungen des Grundgesetzes verletzt werden, so kann diese Institution die Aufklärung möglichen Fehlverhaltens nicht behindern, indem es sich auf Gesetze beruft, die dem Grundgesetz untergeordnet sind.

     

    Mit der andauernden Auskunftsverweigerung wird Artikel 46 Absatz 3 des Grundgesetzes ad absurdum geführt. Wie kann ohne Prüfung der gespeicherten Daten der Funkzellenauswertung geprüft werden, ob mit selbiger gegebenenfalls der Artikel 46 des Grundgesetzes missachtet wurde?

     

    Dieser besagt:

     

    Die Genehmigung des Bundestages ist ferner bei jeder anderen Beschränkung der persönlichen Freiheit eines Abgeordneten oder zur Einleitung eines Verfahrens gegen einen Abgeordneten gemäß Artikel 18 erforderlich.

     

    Demnach wäre die Durchführung selbst mit richterlicher Anordnung unzulässig gewesen, da es meiner Einschätzung nach der Zustimmung des Bundestages bedurfte. Von einer Teilnahme von Abgeordneten musste ausgegangen werden und im konkreten Fall war dies sogar bekannt.

     

    In dem Verhalten der Dresdner Behörden sehe ich persönlich einen Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung.

     

    Für diesen Fall sieht Artikel 20 Absatz 4 vor:

     

    "Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist."

  • R
    Rainer

    Wenn der Thierse nicht aufpasst halten die Staatsanwaltschaften ihn noch für einen Linken Terroristen. Es kann doch nicht sein das ein mensch sein Recht einfordert! Wo kommen wir hier in Deutschland denn hin? Nachher glauben die Bürger noch wir seien in einem Rechtsstaat111

  • Z
    zwischenDenZeilen

    Die Auskunftsverweigerung der Staatsanwaltschaft ist in meinen Augen rechtswidrig und zudem absurd. Dies verstößt gegen das Demokratieprinzip. Alle Institutionen des Staates handeln auf der Grundlage von Gesetzen, die maßgeblich von den Abgeordneten initiiert und verabschiedet werden. Somit sind diese Institutionen bezüglich ihres Handelns gegenüber der Legislative uneingeschränkt rechenschaftspflichtig. Die Auskunftsverweigerung mit Verweis auf Paragraf 491 Strafprozessordnunhg ist nicht nachvollziehbar.

     

    Besteht der Verdacht, dass durch eine staaatliche Institution Prinzipien und Festlegungen des Grundgesetzes verletzt werden, so kann diese Institution die Aufklärung möglichen Fehlverhaltens nicht behindern, indem es sich auf Gesetze beruft, die dem Grundgesetz untergeordnet sind.

     

    Mit der andauernden Auskunftsverweigerung wird Artikel 46 Absatz 3 des Grundgesetzes ad absurdum geführt. Wie kann ohne Prüfung der gespeicherten Daten der Funkzellenauswertung geprüft werden, ob mit selbiger gegebenenfalls der Artikel 46 des Grundgesetzes missachtet wurde?

     

    Dieser besagt:

     

    Die Genehmigung des Bundestages ist ferner bei jeder anderen Beschränkung der persönlichen Freiheit eines Abgeordneten oder zur Einleitung eines Verfahrens gegen einen Abgeordneten gemäß Artikel 18 erforderlich.

     

    Demnach wäre die Durchführung selbst mit richterlicher Anordnung unzulässig gewesen, da es meiner Einschätzung nach der Zustimmung des Bundestages bedurfte. Von einer Teilnahme von Abgeordneten musste ausgegangen werden und im konkreten Fall war dies sogar bekannt.

     

    In dem Verhalten der Dresdner Behörden sehe ich persönlich einen Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung.

     

    Für diesen Fall sieht Artikel 20 Absatz 4 vor:

     

    "Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist."