piwik no script img

Nach Palästinas UN-AntragAbbas demonstriert Entschlossenheit

Die Palästinenser bereiten Präsident Mahmud Abbas einen jubelnden Empfang in Ramallah. Der fordert weiter den Stopp des Siedlungsbaus als Verhandlungsgrundlage.

Mahmud Abbas zeigt sich nach seiner Rückkehr aus New York der begeisterten Menge in Ramallah. Bild: reuters

JERUSALEM taz | Nach seinem Vorstoß vom Freitag haben tausende Palästinenser Präsident Mahmud Abbas am Sonntag in Ramallah bei seiner Rückkehr wie einen Helden gefeiert. Vor der jubelnden Menge bekräftigte Abbas seine Forderung nach einem vollständigen Siedlungsstopp Israels als Bedingung für neue Friedensverhandlungen. Danach traf sich die PLO-Führung, um über die neue Initiative des Nahostquartetts zu beraten.

Am Freitag hatten Tausende Palästinenser die Abbas-Rede auf offener Straße verfolgt. In Ramallah begingen etwa 5.000 Menschen das Ereignis mit Musik und Tanz wie ein Volksfest. Aus Sorge vor Auseinandersetzungen waren 10.000 Polizisten im Westjordanland im Einsatz. Israel hat vor allem im Grenzbereich und in Jerusalem über 20.000 Soldaten und Polizisten in Alarmbereitschaft versetzt. Bis spät in die Nacht lieferten sich junge Steinewerfer am Grenzübergang Kalandia und anderen Orten im Westjordanland Kämpfe mit den israelischen Sicherheitskräften.

Ohne die Entscheidung des UNO-Sicherheitsrates abzuwarten, der ab Montag über den Antrag auf UN-Vollmitgliedschaft Palästinas berät, plant Mahmud Abbas nach seiner Rückkehr aus New York Veränderungen an den Mitte der neunziger Jahre zwischen Israel und der PLO getroffenen Vereinbarungen.

Unfaires Abkommen

So müsse das sogenannte Pariser Abkommen vom April 1994 neu verhandelt werden, da es die Produktions- und Exportmöglichkeiten sowie die Nutzung des palästinensischen Landes einschränke, erklärte Abbas. "Das Abkommen ist unfair", sagte er. Es erschwere das Ziel der Palästinenser, von der internationalen Finanzhilfe loszukommen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat seit Beginn seiner Regierungszeit die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem Westjordanland deutlich vorangetrieben, doch an dem Exportvolumen der Palästinenser änderte sich nur wenig.

Die PLO rechnet "mit Wochen, nicht mit Monaten", so Abbas, bis der UNO-Sicherheitsrat zu einer Entscheidung über die Vollmitgliedschaft Palästinas kommt. Sollte es länger dauern, würden die Palästinenser erwägen, doch noch vor der UNO-Generalversammlung die Anerkennung des Staates Palästina zu beantragen. Abbas gab sich offen enttäuscht über Netanjahu, der der strikteste aller israelischen Regierungschefs sei, mit denen er seit Beginn des Friedensprozesses vor knapp zwanzig Jahren zusammengekommen ist.

In dem Antrag, den Abbas an UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon überreichte, wird auch die UNO-Resolution 181 von 1947 erwähnt, die die Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat vorsieht. "Wir haben die Hoffnung nicht aufgegeben", kommentierte Dschibril Radschub, ehemals Sicherheitschef im Westjordanland und Mitglied im Fatah-Zentralrat. "Wir sind Partner für eine Koexistenz und für einen Frieden im Nahen Osten."

Ein toter Palästinenser

Die friedlichen Kundgebungen, die zumeist fernab von militärischen Straßenkontrollpunkten und israelischen Siedlungen stattfanden, reflektierten "die Einsicht unseres Volkes und die nationale Verantwortung, sich nicht in eine Spirale der Gewalt ziehen zu lassen". So resümierte der palästinensische Regierungschef Salam Fajad. Fajad verurteilte zugleich den Tod eines jungen palästinensischen Mannes, der bei einer Razzia in der Nähe der Stadt Nablus von Soldaten erschossen worden war.

In Jerusalem stieß die Quartett-Initiative hingegen auf offene Ohren. Benjamin Netanjahu hatte wiederholt seine Bereitschaft zur Wiederaufnahme von Verhandlungen "ohne Vorbedingungen" signalisiert. Ein erneuter Siedlungsbaustopp steht für die aktuelle israelische Koalition außer Frage. Außenminister Avigdor Lieberman, der am Freitag mit Beginn der Rede von Abbas den UN-Sitzungssaal demonstrativ verlassen hatte, drohte am Wochenende mit "scharfen Reaktionen", sollte die UNO den palästinensischen Staat anerkennen.

Bei den Palästinensern wachsen inzwischen Unverständnis und Frustration über US-Präsident Barack Obama, der den Palästinensern immer wieder Hindernisse in den Weg legt, anstatt konstruktiv zu vermitteln.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • BU
    Barbara Uduwerella

    @ blueeyedevil:

    Weder die USA, noch Israel oder Deutschland haben die Palästinenser in Flüchtlingslager eingepfercht, das konnten die Brüder und Schwestern in den arabischen Nachbarstaaten ohne fremde Hilfe.

    Israeli hatten nicht die Araber vertrieben, sondern viele sind auf Propaganda reingefallen und geflüchtet.

    Wenn die Israeli so böse-böse sind, warum will man dann unbedingt beim Erzfeind arbeiten?

     

    Sind es nur Steine werfende Jungs, oder sind es nicht auch Raketen, die von Gaza aus abgefeuert wurden?

    Ich hätte gern die Quellenangabe, aus der ich ersehen kann, wann Israeli mit Drohnen attackiert hatte.

    Wie würden Sie denn in ein Gebiet fahren, wo Sie mit Schüssen aus dem Hinterhalt rechnen müssen, mit dem Fahrrad?

  • E
    end.the.occupation

    >> Es waren schließlich die Araber (incl. der erst später erfundenen Palästinenser), die den Teilungsplan ablehnten.

     

    Die Leugnung der Existenz einer indigenen Bevölkerung (hier der Palästinenser) sei es in Australien, den USA oder Palästina - war schon immer die ideologische Vorraussetzung zu deren Vernichtung.

     

    Weiterhin gab es für die Palästinenser nicht einen einzigen Grund der Teilung ihres Landes zuzustimmen, welche die Vertreibung hundertausender Palästinener zur Grundlage hatte.

     

    Aber - wohlgemerkt - im philosemitischen Diskurs sind Araber gar keine Menschen. Und dies betrachten auch andere Philosemiten wie Mallmann und Cüppers oder Tarach als Ausweis westlicher Werte.

  • S
    Stefan

    Zitate über Zitate. Die "Friedens"-Fürsten werden hier mit ihrer Heuchelei am laufenden Band zitiert. Es ist schon mehr als geheuchelt, wenn die Erfüllung der Resolution 181 gefordert wird. Es waren schließlich die Araber (incl. der erst später erfundenen Palästinenser), die den Teilungsplan ablehnten. Man setzte lieber - auch in den folgenden Kriegen - auf die Vernichtung Israels. Vom Prinzip hat sich nichts geändert, nur die Mittel sind andere geworden.

    Wie wüdern wir eigentlich einen Deutschen bezeichnen, der nach der missglückten Weltherrschaft die "Wiederherstellung" der Grenzen in der größten deutschen Ausdehnung fordert?

  • D
    Djibrila

    Von einem geteilten Palästina zu sprechen ist ja wohl ein Witz. Es ist eher zustückelt.

    Die Zionisten lassen grad mal ein paar Krümel übrig und brüsten sich dann noch als Friedensengel.

    Es ist mir peinlich, daß Deutschland so viel Ungerechtigkeit hinnimmt (oder fördert).

  • J
    Josef Švejk

    Ist es sinnvoll, den zu gründenden Staat als "Palästina" zu bezeichnen?

    Sind Jaffa, Akko, Safed, ...... keine "palästinensischen" Städte?

    Jaja, es ist allerhand passiert seit der Balfour-Deklaration.

    Es gibt einen jüdsichen Staat in Palästina - nur mit dem arabischen, das hat seither nicht so recht geklappt.....

    Westjordanland und Gaza wollte ich bestenfalls als Rest-Palästina bezeichnen.

    Die Teilung Palästinas kam durch einen Krieg zustande, das sollte man nicht vergessen. Das was jetzt als Grenze gefordert wird, war mal eine Waffenstillstandslinie. Beide Seiten haben auf der jeweils anderen Seite Verluste erlitten. (Ohne jetzt eine Mengen-Abwägung zu machen)

    In Hebron gab es bis 1929 eine alteingesessene jüdische Gemeinschaft; in der Gegend südwestlich von Jerusalem (Kfar Etsion) gab es bis 1948 eine zionistische Ansiedlung. Wie wäre da weiterzuverfahren?

    Auch wenn alle maßgäblichen Kräfte derzeit die "Zweistaatenlösung" als alternativlos ansehen, behält doch die Teilung des Landes einen schalen Beigeschmack. Nur wegen des Krieges von '48 von einem "arabischen Ostjerusalem" zu sprechen, klingt unschön und ist ahistorisch. (Wann hätte der Westen der Stadt aufgehört arabisch zu sein?)

    Und auf der anderen Seite: hat die arabische Seite nicht vielleicht doch auch Profit aus der mit den Zionisten ins Land gekommenen Wirtschaftskraft gezogen?

    Welche Aufmerksamkeit würde die Weltöffentlichkeit heute der Region ohne den Palästina-Konflikt widmen?