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Mit der Pendlerpauschale über fünf ProzentFDP tankt bei den Pendlern auf

Die schwächelnde FDP trommelt weiter für die Anhebung der Pendlerpauschale – trotz Neins der Bundeskanzlerin. Den Pendlern stehe eine Erhöhung quasi zu, so die FDP.

„True Love Travels on a Gravel Road“: Ein Elvis-Song tröstet jeden Autofahrer. Bild: Busch-Design / photocase.com

Die FDP ist fest entschlossen, sich auch von der Bundeskanzlerin nicht stoppen zu lassen. „Zumindest Teile der Opposition und auch größere Kreise in CDU und CSU“ schienen die Argumentation seiner Partei „langsam zu verinnerlichen“, sagte FDP-Generalsekretär Patrick Döring am Dienstag der taz. Zu diesem Satz gehört Chuzpe. Erst am Montag hatte Angela Merkel über ihren Sprecher erneut wissen lassen, was sie von einer Erhöhung der Pendlerpauschele hält: herzlich wenig. Und Merkel ist ein nicht unwichtiger Teil der CDU.

Die Debatte über eine Erhöhung wächst sich zu einem veritablen Koalitionskrach aus, der für Merkel höchst unangenehm werden könnte. Denn längst fordern nicht mehr nur FDP-Politiker wie Parteichef Philipp Rösler oder Döring eine Anhebung. Auch in der Union mehren sich angesichts der bevorstehenden Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen Stimmen für einen Aufschlag. Schließlich eignet sich die Pauschale, von der über 6 Millionen Arbeitnehmer profitieren, ideal zur Profilierung.

Die FDP argumentiert, dass den Pendlern eine Erhöhung quasi zustehe. „Es geht bei dieser Diskussion nicht um eine Entlastung, sondern lediglich darum, höhere Steuerbelastungen, die durch Inflation entstehen, ein Stück weit an Berufspendler zurück zu geben“, sagte Döring. Und er stichelte in Richtung Merkel und Opposition. Es bleibe „bemerkenswert, wie schwer es ist, in Deutschland ein Prinzip der Fairness durchzuhalten – dass nämlich der Staat sich nicht auch noch durch Inflation heimlich auf Kosten der Steuerzahler bereichert“. Damit meint der FDP-Mann die 19 Prozent Mehrwertsteuer, die bei jedem Liter Benzin fällig werden. Weil die Benzinpreise stetig steigen, so das Argument, kassiert der Staat ungerechtfertigt immer mehr Mehrwertsteuer.

Pendlerzahlen

Pendler: 6,27 Millionen Menschen legen in Deutschland täglich mehr als 25 Kilometer auf dem Weg zur Arbeit zurück.

Belastung: Durch die steigenden Benzinkosten sinkt der Effekt der Pendlerpauschale. Laut einer vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestags auf Bitten der Linksfraktion erstellten Studie bekam ein Durchschnittspendler 1991 noch 61 Prozent seine Fahrtkosten zurück, 2004 waren es nur noch 40 Prozent.

Umsteiger: Im Jahr 2011 gab es einen Rekord: Laut Statistischem Bundesamt gab es 10,9 Milliarden Fahrten im Linienverkehr mit Bussen und Bahn. Das sind 0,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Zuwachs resultiert ausschließlich aus dem Nahverkehr, der um 2,3 Prozent wuchs. Im Fernverkehr sank die Nutzerzahl leicht. (ga)

Sie nimmt dabei eine Forderung von starken Lobbyverbänden auf. Schon im Februar warnte der ADAC vor zu hohen Spritpreisen und brachte die Anhebung der Pendlerpauschale ins Spiel. Der Bund der Steuerzahler, der sowieso stets zu hohe Besteuerung geißelt, sprang ihm bei. Dann entdeckte die schwächelnde FDP das Thema – Döring war einer der Ersten, die eine Überprüfung forderten. Der in Schleswig-Holstein wahlkämpfende Wolfgang Kubicki sprang auf. Zuletzt forderte Rösler am Wochenende eine „maßvolle Erhöhung“.

Ihr Motiv ist dabei klar. Der FDP geht es nicht nur um das Portmonee der Autofahrer, sondern auch um Prozentpunkte. Mit der Pendlerpauschale über fünf Prozent, heißt das Projekt.

Und auch CDUler geben der Versuchung nach. Norbert Röttgen, Spitzenkandidat in Nordrhein-Westfalen und Umweltminister, dürfte um die Klimaschädlichkeit langer Pendelei wissen. Dennoch sprach er sich in Düsseldorf für eine Erhöhung aus. Der Staat dürfe „die Bürger nicht im Regen stehen lassen“, sagte Röttgen. Und nahm billigend den Dissens mit der Kanzlerin in Kauf. Karl-Josef Laumann, Chef der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft und zufällig ebenfalls aus NRW, ging noch weiter und plädierte für eine Erhöhung von 10 Cent pro Kilometer.

Doch auch wenn einzelne CDUler der FDP zustimmen: Bisher ist unwahrscheinlich, dass die Regierung die Pauschale tatsächlich anhebt. Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble sind strikt dagegen. Weil sie zusätzliche Milliardenausgaben verhindern wollen und weil sie sie für das falsche Instrument halten, auf steigende Preise zu reagieren. Die Pauschale sei nicht geeignet, sagte Merkels Sprecher, „um die tägliche Benzinpreisentwicklung zu garantieren“. Die FDP wird dennoch weiter dafür trommeln.

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19 Kommentare

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  • B
    Blacky

    @Matthias:

    Ohne Sie unnötig verwirren zu wollen:

    das wurde 2007/2008 schon mal versucht, und umgehend vom BVerfG abgeschmettert.

     

    Lesen Sie die Gründe nach, das erspart hier viel überflüssige Diskussion

  • B
    Blacky

    @Mario H.:

    Sie werden's nicht glauben, aber die Pendlerpauschale ist a) keine Subvention und b) unerläßlich für die Steuergerechtigkeit zwischen Angestellten/Arbeitern und Selbstständigen.

     

    Unabhängig davon, ob man die FDP mag oder nicht (ich selber hasse sie), in dieser hinsicht scheint ihre Argumentation nachvollziehbar.

  • F
    Falmine

    Ach. Hat die FDP etwa gemerkt, dass die gekündigten 11.000 Frauen bei Schlecker doch nicht so einfach vor Ort "Anschlussverwendungen" finden, wie von Rösler und Döring und Lindner und Kubicki behauptet?

    Hoffentlich kriecht keiner auf diesen Schleim zur Wahl! Pfui Deibel!

  • A
    Antipendler

    Kann man sich gut merken: FDP: Für Die Pendler.

    Wählerwilderei im Staudschungel, bei den Eigenheim-Kleinbürgern und denen, die es nicht nötig haben. Peinlicher Lobbyismus ohne einen Hauch von Notwendigkeit, Sinn und Verstand. Viel Spaß beim Wahversprechenbrechen - falls es nach der Wahl die Kaspertruppe noch gibt...

  • R
    rainer.B

    Tja, es wird halt alles getan damit die 5% unbedingt

    übersprungen werden.

    Ein unerträglicher Medien Hype der da momentan um diese lächerlichen Figuren der Mövenpicker gemacht wird.

    Speziell im TV.FDP hier Mövenpicker dort.Erbärmlich.

    Ich hoffe diese korrupte Partei versinkt endlich

    in der Bedeutungslosikeit genau dort wo Sie schon lange hingehört!Und Herr Lindner der Liebling der Medien(der Umfaller)sagt dann wieder "Auf Wiedersehen"!

     

    Einfach nur peinlich diese Truppe.

  • R
    rainer

    Tja, es wird halt alles getan damit die 5% unbedingt

    übersprungen werden.

    Ein unerträglicher Medien Hype der da momentan um diese lächerlichen Figuren der Mövenpicker gemacht wird.

    Speziell im TV.FDP hier Mövenpicker dort.Erbärmlich.

    Ich hoffe diese korrupte Partei versinkt endlich

    in der Bedeutungslosikeit genau dort wo Sie schon lange hingehört!Und Herr Lindner der Liebling der Medien(der Umfaller)sagt dann wieder "Auf Wiedersehen"!

     

    Einfach nur peinlich diese Truppe.

  • B
    Bobo

    Die Pendlerpauschale erfasst ja alle Reisearten also auch Fahrrad, ÖVPN etc.

     

    D.h. der Mitnahmeffekt wird also viele Wähler mobilisieren.

    Nach den prima Umfragewerten der Fr. Merkel hat man ja vom Wahlvolk einiges zu erwarten.

     

    Die Hoffnung bleibt, das das Frustpotential zu den Piraten wandert und dort zwischengelagert wird ohne das es der FDP zugute kommt.

  • H
    Habacht

    Die Wege des Herrn sind unergründlich! Kaum kommt Freude auf, darüber, dass die FDP im Begriff ist endlich aus der politischen Landschaft zu verschwinden, schon kommt irgendwo ein Lichtlein her.

    Man kann nur hoffen, dass der Urnen-Fuzzy,nicht nochmal auf diesen "politischen Adel" hereinfällt.Etwas Vorschlagen und etwas durchsetzen, sind zwei verschiedene Paar Schuhe.

  • L
    Lankwitzerin

    Manchmal kostet wirksamer Protest auch etwas!

    Mich kostete es z.B. 74,00 €.

    Aus Ärger über die snobistischen Äußerungen von Patrick Döring (fdp) zu "Schlecker-Frauen". Und, dass "es weder an Shampoo noch Zahnpasta mangeln wird (taz 27.03.2012)", da lasse ich ihm heute 100 x Schlecker-Shampoo in die Bundesgeschäftsstelle liefern (DPD Auslieferung zwischen 14 und 16 Uhr).

    Als langjährige Kundin von Schlecker-homeshopping bin ich zwar nicht direkt von den Filialschließungen betroffen, trotzdem möchte ich diesem FDP-Irren medienwirksam einen Denkzettel verpassen.

  • RZ
    Ralf Zimmermann

    Pendler können Fahrgemeinschaften bliden,einer fährt und drei fahren mit.Und alle vier können die Pendlerpauschale geltend machen,obwohl drei Pkw stehen.

    Entlassene "Schleckerfrauen u.Männer"können aber keine Arbeitsgemeinschaft bilden,von der sie profitieren.Und sowieso interresiert es kein Mensch was die FDP will,sie ist unnötig und wird nicht mehr gebraucht,nicht mal mehr von der CDU als Wasserträger.Bei den nächsten Wahlen haben die Bambusbieger nicht mal mehr nen eigenen Balken,sondern fallen unter die Rubrik "Andere"...:)

  • M
    Matthias

    Hier wird sicherlich wieder eine Möglichkeit vertan über die Abschaffung der Pendlerpauschale zu diskutieren. Gerecht wäre es nämlich Menschen zu unterstützen, die es nötig haben, anstelle die fürs Autofahren zu bezahlen, die sich ohne Zwang dazu entschieden haben 100km weit vom Arbeitsplatz entfernt zu wohnen.

  • MH
    Mario H.

    Ist die FDP nicht sonst die Partei, die einfachere Steuern, Abbau von Subventionen, Steuergerechtigkeit fordert?

    Ach nee, ist ja Wahlkampf. Da passt dieser Populismus gut...

  • E
    emil

    herrlich, die fdp ist eben doch die partei der kleinen frau.

    ist das benzin auch so gemein teuer, kann der staat dir doch helfen oder was?!

     

    am ende kommen die noch in den landtag nrw mit solchen menschenfischereien.

    derartige stupide forderungen treffen gerne auf fruchtbaren boden in stammtischgeschwängerten milieus.

  • K
    Kaboom

    Dem Praktikantenstadl bei der FDP ist inzwischen auch wirklich nichts zu peinlich. Letzte Woche Profilierung auf dem Rücken von 11000 Schlecker-Mitarbeitern, diese Woche Milliarden an die Pendler. Schaun wir mal, was die noch so ausbuddeln um die 5%-Hürde zu schaffen.

  • HK
    Hardy Klag

    Und selbst wenn die FDP dafür sorgen würde, das der Sprit umsonst wäre, würde ich diese Partei nicht wählen.

  • Z
    Zafolo

    Die Pendlerpauschale ist unsozial, weil die Mehrheit derjenigen, die weite Strecken pendeln, sowieso besser verdient als der Durchschnitt. Nicht mal 2 % der Geringverdiener pendeln weiter als 50 Kilometer (Claudia Kempfert), weniger als die Hälfte fahren weiter als 5 Kilometer wenn sie nicht ohnehin kein Auto fahren. Es subventionieren also die Geringverdiener die Reicheren.

     

    Der andere Aspekt ist, dass die Pauschale um so mehr bringt, je weiter die Strecken sind. Mit dem Auto lassen sich schnell weitere Strecken zurücklegen, also ist sie trotz Verkehrsmittel-Unabhängigkeit ganz klar eine Subvention fürs Auto. Und das ist in Zeiten von Peak Oil kontraproduktiv weil wir um Himmels willen die Abhängigkeit vom Öl reduzieren müssen, nicht vergrößern. Das ist wirklich gefährlicher Schwachsinn. Denn wenn wir auf der sicheren Seite sein wollen, müssen wir in 15 Jahren 60 % des Ölverbrauchs einsparen.

     

    Das dritte ist, dass es bessere Wege gäbe einen sozial gerechten Ausgleich zu hohen Energiepreisen zu leisten. Man muss Verhalten belohnen, das Energie und besonders Öl einspart: Steuergutschrift oder Erstattung für Umzug in die Nähe des Arbeitsplatzes, Beihilfe zum Zusammenziehen von Fernpartnerschaften, Hilfe zum Wechsel in eine Wohnung mit geringeren Heizkosten. All das bringt nämlich im Gegensatz zur (wirklich bescheuerten) Abwrackprämie auch einen Vorteil für die Binnenwirtschaft daddurch dass langfristig weniger Geld an die Ölproduzenten fließt.

  • PR
    Paul Reeder

    Wenn der Heuchler Döring behauptet, dass die Benzinpreise in den letzten 10 Jahren genauso gestiegen sind, wie die Bahnfahrten, dann vergisst er, dass auch die Bahn mit Diesel fährt und die hohen benzinkosten weiter geben muss. Wo bleibt die Kritik an den abzockermaffia der mineralölindustrie? Sie sollten sich schämen das deutsche Volk so zu verarschen. Armselig.

  • HS
    Hannes Schinder

    Die schwächelnde FDP trommelt weiter für die Anhebung der Pendlerpauschale

     

    Aber nur vor der Wahl! Nach der Wahl versickert alles im Sand,

    nach dem Motto, schön dass wir da mal drüber geredet haben:

  • R
    Rainer

    Erneut ein Wahlversprechen welches sie brechen können.

    Eine unendliche Geschichte.