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Atomgegner brechen mit ihrer ParteiGrün wirkt nicht

In der Endlagerfrage wenden sich AktivistInnen aus der Region um Gorleben gegen ihre einstigen Verbündeten. Die Kritik: Ihre Postion zum Verfahren sei gar nicht erfragt worden.

Zerrbild: In einer möglichen Endlagerfrage fühlen sich Anti-Atom-Aktivisten in und um Gorleben nicht mehr gebührend von den Grünen vertreten. Bild: dpa

BERLIN taz | Den Grünen steht Ärger mit zahlreichen Anti-Atomkraft-Initiativen ins Haus. In einem offenen Brief an den Grünen Bundesvorstand wenden sie sich gegen die Politik der Ökopartei in der Debatte um die Suche nach einem geeigneten Endlager für hoch radioaktiven Abfälle in Deutschland.

Die Parteispitze der Grünen hatte kürzlich beschlossen, sich dafür einzusetzen, direkt nach der Sommerpause ein Gesetz zur Endlagersuche in Deutschland im Bundestag zu verabschieden. Sollten sich die Gespräche weiter verzögern, würde das zulasten von Gorleben und den dort betroffenen Menschen gehen, heißt es.

Die kontern jetzt. „Leider hat der Bundesvorstand der Grünen nicht einmal gefragt, ob die Menschen vor Ort das eigentlich auch so sehen“, schreiben in einem offenen Brief etwa die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, .ausgestrahlt, oder die Bäuerliche Notgemeinschaft – alles Organisationen, die sich seit Jahren gegen ein Endlager im niedersächsischen Salzstock Gorleben einsetzen.

Unterstützt werden sie von Umweltgruppen wie dem BUND, Campact oder Robin Wood. Seit November vergangenen Jahres verhandelt eine Arbeitsgruppe aus Bund und Ländern darüber, wie ein Gesetz aussehen soll, auf dessen Grundlage nach einer Alternative zu Gorleben gesucht werden kann.

Breite gesellschaftliche Debatte gefordert

Die Initiativen vor Ort fordern, dass Gorleben darin von vornherein als Endlager ausgeschlossen werden soll. Sie fordern eine breitere gesellschaftliche Debatte über die Endlagerfrage, Mitbestimmung der Betroffenen vor Ort und mehr Zeit für Bürgerbeteiligung. Das bisherige Gesetz sei in Hinterzimmergesprächen ausgehandelt worden. „Wie es bisher läuft, führt es zu einem klaren Gegeneinander“, schreiben sie.

Sylvia Kotting-Uhl, atompolitische Sprecherin der Grünen, hat zwar Verständnis, dass sich die Antiatombewegungen dagegen wehren, dass der Grüne Bundesvorstand in ihrem Namen spricht. „Aber die Unterzeichner verurteilen ein Gesetz, das sie noch gar nicht kennen, und gehen sofort in eine Antihaltung. So kann Beteiligung auch nicht funktionierten“, sagte sie der taz. Zudem sei es politisch nicht durchsetzbar, Gorleben von vornherein als Endlager auszuschließen.

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13 Kommentare

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  • KP
    Karl-Otto Porip

    Es bleibt festzuhalten: auch die Grünen im LK dannenberg sprechen sich weiterhin gegen Gorleben aus. Unsere atompolitische Sprecherin Martina Lammers wird auch weiterhin dafür streiten, dass Gorleben nicht mehr im "Topf" der Neuuntersuchungen ist.

  • KR
    Kai Rake

    Der Widerstand gegen das geplante Endlager im Salzstock von Gorleben war gewissermaßen identitätsstiftend für die GRÜNEN. Drei Jahrzehnteland haben sie immer wieder betont, dass Gorleben aufgrund geologischer Mängel, aber auch aufgrund seiner politischen Vorgeschichte (geschmierte Kommunalpolitiker, gefälschte Landkarten, manipulierte und zurückgehaltene Gutachten)NICHT GEEIGNET ist. Jetzt plötzlich heisst es: Dieser Standpunkt sei bei Verhandlungen über ein Endlagersuchgesetz nicht haltbar oder durchsetzbar. Und das ist - gelinde gesagt - ein Offenbarungseid grüner Politik. Einfach nur peinlich. Ein Schuss, der gewaltig nach Hinten losgehen wird.

  • RK
    Rainer Klute

    Wer die Diskussion verfolgt, gewinnt den Eindruck, die Endlagerung des Atommülls sei alternativlos. Die Möglichkeit, Dabei kann man Atommüll – inklusive der langlebigen Transurane – in sogenannten Schnellen Reaktoren »wegbrennen« und dabei noch große Mengen Energie gewinnen. Diese Möglichkeit ist leider noch weitgehend unbekannt. Schade eigentlich!

     

    Mehr weiß die Nuklearia der Piratenpartei: .

  • O
    OnlyHuman

    Die Grünen begannen mit Frieden, politischem Rotationsprinzip und Natur- und Umweltschutz.

     

    Was sich in den letzten zwei Jahrzehnten daraus entwickelte, ist eine grüne FDP.

     

    Anfang der 80er des letzten Jahrhunderts wählte sie unsereins einmal.

     

    Endlich im Bundestag war danach die Metamorphose im politischen Machtgehabe und Postenverteilung nicht mehr zu übersehen. Danke.

  • EB
    Eleonore Bischoff

    Frau Kotting-Uhl sagt: "Aber die Unterzeichner verurteilen ein Gesetz, das sie noch gar nicht kennen, und gehen sofort in eine Antihaltung. So kann Beteiligung auch nicht funktionierten“. Welche Beteiligung? Das ist in der Tat keine Beteiligung, wenn ein Gesetz zur Endlagersuche in Deutschland nach der Sommerpause im Bundestag verabschiedet werden soll und bis jetzt der Öffentlichkeit nicht bekannt und mit den BIs nicht diskutiert wurde. Hinterzimmergespräche - oder auch Küchengespräche - bringen offensichtlich Akzeptanz in den Oppositionsparteien ("Wenn ich das Bundesamt in meinem Wahlkreis behalte" oder "Wenn ich meinen Präsidenten im Bundesamt behalte", "dann bin ich einverstanden"),nicht aber in der Bevölkerung.

    Dazu ein Artikel auf

    http://waagwf.wordpress.com/2012/04/22/hinterzimmer-politik-statt-offenem-dialog-eine-zwischenbilanz-zur-diskussion-um-das-standortauswahlgesetz/

  • E
    Elisa

    Die Grünen haben sich in ihrer "Anti-Atompolitik" bereits mehrfach disqualifiziert:

     

    Erst haben sie sden Atomausstieg, als sie mit der SPD zusammen regierten, bis auf den Skt. Nimmerleinstag aufgeschoben und haben ihn auch noch rechtlich umkehrbar gemacht.

     

    Dann haben sie kürzlich in der "Opposition" für den Atomasusstieg erst 2022 gestimmt. Anstatt für den nachgewiesenermaßen (Umweltbundesamt) machbaren Atomausstieg beeits 2017.

     

    Wer den Grünen noch irgendetwas glaubt, der ist dumm.

    Die haben Hartz IV, Agenda 2010, Kriegseinsätze, Fiskalpakt und ESM zugestimmt.

     

    Die Grünen lassen sich stets auf Protestwellen in die Parlamente spülen (siehe Kretschmann und CO in Ba- Wü: Die sind nur wegen S 21 Protestbewegung und wegen dem Fukushima - GAU an die Macht gekommen und jetzt bauen die Grünen Stuttgart 21.)

     

    Sobald die Grünen regiren kann man sie vergessen. Achne, - auch in der Opposition sind sie zu nichts zu gebrauchen (siehe Fiskalpakt und ESM). Die zocken einfach nur die Steuergelder ab und machen sich ein priviligiertes Leben. Die kriechen Frau Merkel dermaßen in den Allerwertesten, dass einem übel wird.

     

    Die Doofen sind am Ende immer die jahrelang ehrenamtlich Engagierten in den Bürgerinitiativen. Diejenigen, die neoliberalen Grünen aus idealistischer Verblendung wählen.

     

     

    A propos: Die Grünen und die Bürgerbeteiligung.

    Die klappt weder offline noch online...

     

    http://www.freitag.de/autoren/lila-lueftchen/berliner-grune-im-online-krampf

  • KF
    Öko Fritz

    Die Grünen hatten durch Fukushima beste Wahlergebnisse, Vorschußlorbeeren.

     

     

    Nun gilt es Erwartungen zu erfüllen! - Die Grünen haben einen "Auftrag vom Volk"!!! - Also bitte nicht kneifen vor der Mama-Merkel!

     

    Auch hier in der Region um die ehemaligen AKWs Bilbis drücken sich die Grünen...

     

     

    Die Grünen sollten sich gerade jetzt konsequent um ihre originären Kernkompetenzen und Kernthemen der Gründerzeit besinnen: Nachhaltigkeit, ökologische und soziale Verantwortung!

     

     

    PS:

    Wenn dies die anderen Parteien auch analog täten, wäre ja alles auf dem besten Wege:

     

    CDU/CSU = sollten sich auf die christlichen Werte erinnern; Nächstenliebe: "Was Du nicht willst, was man Dir tue, das mute auch keinem anderen zu" (=Gorleben, Atomrisiken, Atommüll auf Generationen, GVOs,etc.)

     

    SPD = Machtkonzentrationen, Privatisierungen sind ungerecht und unsozial.

    Gemeinwohl sollte hier wieder zum Kernthema werden!

    Die notwendigen Dinge des Lebens gehören allen Menschen gemeinsam.

     

    Da keiner Atommüll haben will, gehören AKWs per se abgeschaltet. 100 % sichere Endlager wird es nicht geben!!!

  • H
    Halunke

    Die Grünen sind doch längst zum Steigbügelhalter von Merkels Politik geworden.Genau wie die SPD stimmen sie immer zu...:)Wie sagte Merkel gestern so schön in einem Interview,wir bekommen unsere Mehrheiten immer zusammen...:)Dank rot-grün...:)

  • ED
    Endlage: DIE GRÜNEN

    Die sog. "GRÜNEN", die seit Jahren sehr gut auf Kosten der WählerInnen leben und arbeiten können, sind grundsätzlich (leider) einfach nicht mehr wählbar.

     

    Sie drehen sich wie in den anderen Parteien auch ebenfalls nur um sich selbst und alles geht um ihren Machterhalt.

     

    Konsequenz: Ab mit den GRÜNEN ins Endlager!?! Oder einfach mal wieder auf den Boden der Realität zurück:

     

    Als abhängige ArbeitnehmerInnen, Arbeitslose, Landwirte/innen und kranke und/oder Pflegebedürftige, ggf. auch als prekäre Selbständige.

    Sie können es sich wahlweise aussuchen.

     

    C'est la vie.

  • V
    vic

    Die Grünen sehen sich gerne bei Anti-Demos. Ganz vorne, wo die Kameras sie sehen können.

    Ansonsten labern sie auch nur- wie alle anderen.

     

    Dazu ein Lesetipp:

    Von Jutta Ditfurth

    "Krieg, Atom, Armut. Was Sie Reden, Was Sie Tun

    Die Grünen"

  • S
    Susina

    So ist das leider mit den Grünen, der allzulange Aufenthalt auf Berliner Regierungsbänken und den dazugehörigen Hinterzimmern, hat sie durch und durch verbogen und vermurkst.

     

    Das zeigte sich u.a. bereits, als sie den Ausstieg aus der Atomenergie feierten, zu dem sie wenig genug beigetragen haben. Wir, die Bürgerinitiativen, haben nach Fukushima den Ausstieg erstritten - während die Grünen vor lauter Beschäftigung mit der Machtfrage (Kommunalwahlkampf) kaum merkten, daß in Fukushima die Erde bebte. Und das zeigte sich noch deutlicher, als die Grüne Spitze auf dem grünen Sonderparteitag in Berlin das schmähliche und unnötige "Ja zu 2022" durchdrückte. Wer erlebt hat, was da hinter den Kulissen für Druck aufgebaut wurde um dieses Ja durchzukriegen, der wird sich bei den Grünen über nix mehr wundern.

     

    Es wäre den Grünen Spitzenleuten zu wünschen, daß sie mal ein, zwei Legislaturperioden fern der Macht verbringen und ganz normal arbeiten müssen.

  • T
    T.V.

    "Ihre Partei"? Gilt vielleicht für die Generation 40+, der Rest hat eher das jüngere Handeln der Grünen im Kopf und das mündet gnadenlos in die Aussage der Pressesprecherin hier, die belegt, wie schwarz die Grünen mittlerweile sind.

  • W
    Wiener

    „Leider hat der Bundesvorstand der Grünen nicht einmal gefragt, ob die Menschen vor Ort das eigentlich auch so sehen“,

     

    Der Landkreis und die Gemeinden koennten sich da ja jederzeit aeussern. Oder nehmen die Buergerinitiativen etwa fuer sich in Anspruch, ALLE Anwohner zu vertreten? Woher dieser Anspruch auf Sonderrechte?