Wahlkampfspenden in den USA: Das Milliardenspiel
Die beiden Präsidentschaftskandidaten durften so viel Geld einsammeln wie noch nie. Die obersten Richter erlaubten Spenden in unbegrenzter Höhe.
WASHINGTON taz | Rund 5,8 Milliarden Dollar wird die Wahl 2012 am Ende gekostet haben – wie stets in den letzten Jahren ein neuer Rekord. 5,8 Milliarden – das ist mehr als die Staatshaushalte der südlichen Nachbarländer Honduras und Nicaragua zusammengenommen. Zwei Urteile des Obersten Gerichtshofes aus dem Jahr 2010 haben hierzu beigetragen: Die Richter erlaubten es Gewerkschaften und anderen Organisationen, unbegrenzte Geldmengen an die sogenannten Political Action Committees (PACs) zu spenden – die damit dann Wahlkämpfe unterstützen können, wo immer sie wollen.
Einzige Bedingung: Sie müssen, zumindest formal, unabhängig von den jeweiligen Kandidaten agieren.
Seither haben Einzelpersonen und Lobbygruppen nie gekannten Einfluss auf die Wahlen. Zuerst zeigte sich das Anfang diesen Jahres bei den republikanischen Vorwahlen: Der frühere Chef des Repräsentantenhauses, Newt Gingrich, war nach den ersten Abstimmungen politisch tot – aber sein enger Freund Sheldon Adelson, Casino-Betreiber aus Las Vegas, hielt Gingrichs Wahlkampf mit Millionenspenden am Leben. Adelson und seine Frau sind heute mit je zehn Millionen Dollar die größten Einzelspender aufseiten der Republikaner.
taz.de wird die Wahlnacht ab 22.30 Uhr mit einem Live-Ticker begleiten. Unsere US-Korrespondenten Dorothea Hahn und Bernd Pickert werden aus Washington D.C. und aus Ohio die ganze Nacht hindurch Eindrücke schicken. Sie sind auf Wahlpartys und auf den Straßen unterwegs.
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Deren wichtigste Political Action Committees heißen Restore our future und American Crossroads. Restore our Future wurde im Jahr 2010 von Romney-Unterstützern gegründet, die Hauptspender kommen allesamt aus der Finanzbranche. Hinter American Crossroads steht George W. Bushs früherer Stabschef und Chefstratege Karl Rove. Die Spender sind fast ausschließlich Millionäre aus Öl- und Agrarindustrie, und Rove verstand es schon 2010, die Gelder einzusetzen, um den republikanischen Sieg bei den Kongresswahlen zu ermöglichen.
Auch dieses Jahr gilt die Aktivität vor allem der gezielten Unterstützung bestimmter republikanischer Senats- und Abgeordnetenhauskandidaten.
Einzelspende von 12 Millionen Dollar
Auf demokratischer Seite ist Priorities USA Action das wichtigste Political Action Committee für Präsident Obama. Es wurde 2010 von früheren Obama-Wahlkampfmanagern gegründet und sammelt ebenfalls Geld von Millionären ein. Dazu kommt das Majority PAC, das vor allem demokratische KandidatInnen für den Senat unterstützt, und das House Majority PAC für KandidatInnen zum Repräsentantenhaus. Zu den größten Einzelspendern zählt Fred Eychaner, ein Medienmogul aus Chicago, der über 12 Millionen Dollar in den Wahlkampf gesteckt hat.
Schaut man sich an, welche Branchen für wen gespendet haben, werden die Interessenlagen deutlich: Romneys wichtigste Spender kommen aus der Finanzbranche und den Krankenversicherungen, die beim Inkrafttreten von Obamas Gesundheitsreform um ihre Gewinne bangen. Obamas größte Spender kommen – wie schon zuvor bei demokratischen Kandidaten – aus Hollywood und aus der Wissenschaft, aber auch aus dem Finanz- und Immobiliensektor. Beide Präsidentschaftskandidaten zeichnen gemeinsam für fast zwei Milliarden Dollar Wahlkampfausgaben verantwortlich, wobei Romney in den letzten Wochen deutlich mehr Geld eingenommen und ausgegeben hat als Obama – ein Grund, warum die unzähligen Werbemails aus Obamas Wahlkampfzentrale immer panischer wurden.
Anders als Zuwendungen an die PACs unterliegen die Spenden an die Kandidaten selbst strikten Regeln: 2.500 Dollar maximal darf ein Individuum für einen Kandidaten spenden. Firmen umgehen das gern, indem sie Spenden auf ihre Angestellten verteilen: Microsoft zum Beispiel spendete so etwa 760.000 Dollar an Obama, Goldman Sachs fast eine Million Dollar an Romney.
Ob der enorme Zuwachs an Wahlkampfmitteln den Ausgang der Wahl insgesamt jedoch wirklich beeinflusst hat, bleibt abzuwarten. Sicher ist, dass die WählerInnen von der Flut der Fernsehspots ausgesprochen genervt sind. Nicht umsonst wurde jenes kurze Video einer Vierjährigen, die weinend ihrer Mutter erklärt, sie habe genug von Barack Obama und Mitt Romney (www.youtube.com/watch?v=OjrthOPLAKM) binnen Stunden zum Youtube-Renner. Doch die im Rückblick wichtigsten Wendepunkte im Wahlkampf, von Romneys „47 Prozent“-Video bis zu Obamas verpatztem ersten Debattenauftritt, wurden nicht mit Geld erkauft.
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