Braunschweiger Stürmer Kumbela: „Nur positive Erfahrungen“
Stürmer Dominick Kumbela ist ein Braunschweiger Fußballheld. Aber darf man jemanden feiern, der seine schwangere Freundin getreten hat?
BRAUNSCHWEIG taz | In Braunschweig nennen sie ihn nur „Kumba“ oder „Domi“. Sie haben allen Grund, ihn zu feiern: Dominick Kumbela ist einer der wertvollsten Spieler der zu Ende gegangenen Zweitliga-Hinrunde. Er ist nicht nur zweitbester Torjäger der Liga, er ist genauso wertvoller Vorbereiter. In letzter Zeit zeigt er sich in Braunschweig gar als Spaßkanone: Beim 3:0-Heimerfolg kürzlich gegen Ingolstadt entwendete der 28-jährige einem Fan aus der Kurve die blau-gelbe Wollmütze: Er bejubelte seinen Treffer, indem er mit dem Stofffetzen seine Glatze bedeckte.
Kein Zweifel, wenn Eintracht Braunschweig Mitte Mai tatsächlich nach 28 Jahren Abstinenz wieder in die erste Liga zurückkehren sollte, hat der Kongolese Kumbela einen großen Anteil am sportlichen Erfolg. Aber Kumbela? Da war doch was?
Richtig, der Spieler, der den Braunschweiger Kids jetzt Grund zum Feiern gibt, hat eine problematische Vergangenheit. Im Jahr 2009 wurde er zu 14 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, nachdem er 2007 unter anderem seine schwangere Freundin geschlagen und getreten hatte. „Es ist ’ne Sache, die in der Vergangenheit liegt, das ist für mich kein Thema mehr“, sagt er heute. Ob ein solcher Spieler jedoch noch adäquate Identifikationsfigur für den Braunschweiger Anhang sein kann, darf bezweifelt werden.
Kumbela sagt: „Ich weiß, dass mich viele junge Spieler in der Region als Vorbild auf dem Platz und außerhalb des Platzes sehen, und so versuche ich mich zu verhalten.“ Dennoch wirkt es zum Teil verharmlosend bis abwiegelnd, wenn er über seine Taten spricht: „Es war einfach eine dumme Sache, es war Alkohol im Spiel, das hat nichts damit zu tun, dass jemand ein aggressiver Mensch ist.“
Es geht nicht um Lappalien
Ende 2009 wurde erneut wegen einer Schlägerei in Paderborn gegen ihn ermittelt. Als das Verfahren eingestellt wurde, sagte die Richterin, er habe Glück gehabt, nicht in den Knast gewandert zu sein. Zudem wurde er 2007 vom Sportgericht des DFB wegen Verwicklung in den Wettskandal zu einer Geldstrafe verurteilt.
Skepsis bleibt angebracht im Falle Kumbela. Es geht hier eben nicht um Lappalien wie eine Kneipenprügelei. Es geht um jemanden, der dazu in der Lage war, auf eine schwangere Frau einzutreten. Offensiv geht Kumbela die Fehler, die er gemacht hat, nicht an. Aber er verteidigt sich: „Jeder war mal jung und hat Blödsinn gemacht, die Frage ist, wie man sich in Zukunft verhält“, erklärt er. „Seit 2010 bin ich wieder hier in Braunschweig und habe mich in dieser Zeit ganz gut verhalten.“
Kumbela sitzt in einem provisorischen Zelt nahe der Braunschweiger Geschäftsstelle, die gerade umgebaut wird. Er ist genervt von den Fragen nach seiner Vergangenheit. „Deshalb mache ich solche Interviews auch nicht gerne“, sagt er. Er kommt gerade vom Training im Braunschweiger Schneegestöber. Seit er wieder hier ist, gibt er den vorbildlichen Profi. Trainer, Fans und Verein sehen ihn überwiegend als geläutert. Er selbst spricht davon, dass er an seinem Image arbeite. Miriam Herzberg, Pressesprecherin der Eintracht, die neben ihm sitzt, sagt: „Wir haben hier mit Dominick in den letzten zwei Jahren nur positive Erfahrungen gemacht.“
Nord-Sportler des Jahres
Kumbela kam mit seiner Familie Mitte der 1980er Jahre ins baden-württembergische Pforzheim. Seinerzeit floh die Familie vor dem Bürgerkrieg im Kongo. Er hat drei Geschwister, allesamt im Südwesten der Republik zuhause. Als Fußballer galt er früh als Talent, mit 18 Jahren war er bei Kaiserslautern schon auf dem Sprung ins Profiteam, ehe man ihn entließ, weil er gekifft hatte.
Nach Stationen in Erfurt, Braunschweig, Paderborn und Ahlen kehrte er 2010 in die Löwenstadt zurück. Seither schoss er in 104 Ligaspielen für den Traditionsklub 43 Tore, im Jahr 2011 war er Torschützenkönig der dritten Liga. Vom NDR wurde er im selben Jahr zum Nord-Sportler des Jahres erkoren.
Sein Trainer Torsten Lieberknecht sieht Kumbelas Entwicklung in den vergangenen Jahren positiv: „Domi hat von mir bewusst mehr Verantwortung im sportlichen Bereich für das Team bekommen. Dies hat ihm aber auch geholfen, persönlich zu reifen.“ Die gegenseitige Wertschätzung teilt Kumbela: „Ich denke, dass ich hier einen Trainer und ein Umfeld gefunden habe, in dem ich mich auf Fußball konzentrieren kann.“
Wenn der Fußball seine gesellschaftliche Verantwortung ernst nimmt, sollte er jedoch weiter kritisch hinschauen, wenn jemand wie Kumbela den Fanscharen im Eintracht-Stadion entgegenjubelt. Auch am Montagabend, wenn sich Braunschweig bei einem Sieg über Union Berlin Wintermeister nennen darf.
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