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Haribos Klage gegen LindtGoldbär schlägt Goldbär

Wenn Lebensmittel kämpfen: Haribo klagt gegen Lindt, weil der „Gold-Teddy“ dem „Goldbären“ ähnlich sieht. Zu ähnlich, meint ein Richter.

Hüftgoldkrieger sehen dich an: Gummibären und ein Schokobär. Bild: dapd

Wer kennt ihn nicht, den Goldbären? Genau, dieses Süßtier aus gehärtetem Glibber, das Thomas Gottschalk einst nach einer verlorenen Publikumswette erfunden hat. Der Haribo-Goldbär eben, die kulinarische Großleistung der Deutschen. Der Italiener hat seine Pizza, der Franzose sein Coq au vin und der Deutsche eben den Goldbären. Manches ist gerecht eingerichtet auf der Welt.

Und nun stellen Sie sich vor, Sie spüren gerade dieses nicht zu zügelnde Verlangen auf einen Goldbären – eine Grunderfahrung, die zu dem Begriff „Bärenhunger“ führte – und begeben sich zum nächsten Delikatessenhändler, greifen dort im Regal nach der so wohlig vertrauten Speise, bezahlen und beißen voller Vorfreude hinein. Nur um dann zu erkennen, dass Sie böse getäuscht wurden.

Denn das Goldbärchen war gar keines, statt auf Gelatine kauen Sie plötzlich auf Schokolade, und zwar exakt jener Schokolade, die Ihre Geschmacksrezeptoren untrennbar mit dem in Goldpapier gewickelten Schoko-Hasen verbinden, den die Firma Lindt seit Jahrtausenden herstellt. Dabei ist doch noch gar nicht Ostern! Kann man sich denn auf gar nichts mehr verlassen in dieser modernen Welt?

So etwa argumentierten die Anwälte der Firma Haribo, die dem Konkurrenten Lindt höchstrichterlich untersagen ließen, ihren Schokohasen als „Teddy“ auf den Markt zu werfen. Der Lindt-Bär verstoße gegen die „eingetragene deutsche Wortmarke ’Goldbären‘“, entschied das Landgericht Köln am Dienstag, denn die Ausgestaltung des Lindt-Teddys stelle nichts anderes als die bildliche Darstellung des Wortes „Goldbär“ dar.

Jeder gegen jeden

Dabei sieht der so aus wie sonst der Schokohase: in goldenes Papier gewickelt und mit roter Halsbinde. Die Verbindung Bär, Gold und rote Halsbinde reklamiert aber Haribo für sich und seine Goldbären. 90 Prozent der Deutschen, das hätten Marktbefragungen gezeigt, sehen das genauso. Es besteht also akute Verwechslungsgefahr. Hier geht es an die gesellschaftlichen Fundamente.

Man könnte derzeit zu der Vermutung gelangen, dass die Zusatzstoffe in industriell gefertigten Lebensmitteln aggressiv machen, denn aktuell überzieht ein Lebensmittelkonzern den nächsten mit Klagen. Ein bizarrer Streit um ein Gemisch von Vanille- und Schokopuddingersatz zwischen den Produkten „Paula“ von Oetker und „Flecki“ von Aldi mündete in richterlichen Erörterungen über Puddingeinspritztechniken: „Paula hat eher runde, gleichmäßige Flecken. Bei Flecki läuft alles mehr ineinander über, mit schmalen Stegen dazwischen.“

Und Ritter Sport verklagte Milka, auf dass sie keine Schokolade mehr in „Doppelquadraten“ verkaufen dürfe, denn quadratisch, praktisch, gut ist nun einmal nur Ritter Sport. Die Großbäckerei Hofpfisterei mahnt derweil reihenweise Kleinbäckereien ab, die ihre Brote „Sonne“ nennen, weil sie die Namensrechte an der „Pfister Öko-Sonne“ innehat. Was ist da bloß los in der Lebensmittelbranche?

Nichts, will uns die Sprecherin von Lindt weismachen – und erweist sich dabei doch bloß als Süßkram-Utopistin: „Unsere Produkte sollen friedlich miteinander im Regal stehen können.“ Tja, daraus wird nichts. Nicht, dass Thomas Gottschalk am Ende noch für Lindt Werbung macht. Einige Konstanten brauchen wir doch in unserer schnelllebigen Zeit. Aber hier noch ein guter Ratschlag an die Firma Lindt: Verpflichten Sie doch einfach Markus Lanz als Werbeträger. Das wäre dann in jeder Hinsicht perfekt choreografiert. Und genauso langweilig schmeckt der ganze Retortenkram ja sowieso. Und warum eigentlich immer Bären? Warum nicht mal einen Marzipan-Nacktmull?

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12 Kommentare

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  • E
    Egal

    Ich weiß die Hintergrundgeschichte:

    Also, da war mal ein Justizangestellter, nennen wir ihn Herrn Richter. Dieser wurde von seinem Töchterchen angerufen und sollte ihr Goldbären mitbringen. Herr Richter, schon ewig nicht mehr in einem Supermarkt gewesen, dies erledigt immer seine Frau, versprach es vorschnell seiner Tochter. Es gab beim Einkaufen auch keine Probleme, Herr Richter fand das Süßwarenregal und stolperte dann über einen Extraaufbau. Goldene Teddys, einer größer als der andere. Nun, Herr Richter verdient gut und nahm den größten goldenen Bären. Zuhause kam ihm seine Tochter schon entgegen, erwartungsvoll überreichte Herr Richter seiner Tochter den XXL-Bären und was geschah dann? Na, kennen wir doch alle: Töchterchen rannte heulend in ihr Zimmer, total enttäusch, Frau Richter schaute ihren MAnn vorwurfsvoll an (weil der Bär ja auch wesentlich teuer ist als die Gummibärentüte), Herr Richter schmollt beleidigt und jetzt fragt der Rest der Welt, wieso das Urteil so ausgefallen ist!?!

  • G
    Gummischoko

    Ich vermute es war nur eine gemeinsame Marktingaktion der beiden Firmen. Die beiden Firmen arbeiten seit über einem Jahr gut zusammen. Das zeigt sich schon darin, dass der Werksverkauf von Haribo in Bonn vor einiger Zeit ein Viertel seines Ladens zu Gunsten eines Lindt-Werksverkaufs geräumt hat, wo nun vom Band gefallene Lindt Produkte billig zu bekommen sind. Abgerechnet wird über die Kassen vom Hans Riegel.

    Es ist völlig egal wie der Prozess ausgeht... die beiden Herstellernamen waren mal wieder in aller Munde.

  • S
    SAM_OSSI

    Natürlich ist das dargestellte Tier nicht mit dem Haribo-Goldbär zu verwechseln. Vor dem EUGH wird Lindt sicherlich Recht bekommen!

     

    Die furchtbare Wahrheit aber haben die Richter übersehen: Der Lindt-Bär sieht den chinesischen Plastik(Panda)bären aus dem ASIA-Shop zum Verwechseln ähnlich. Kennen Sie nicht? Achten Sie beim nächsten Einkauf auf die niedlichen Tiere, die batteriebetrieben den rechten Arm zum Gruß erheben - es gibt Leute die behaupten, der Führer hätte daran seine Freude gehabt.

     

    Aber Chinesen, die in Deutschland für die Einhaltung des Markenrechtes klagen? Das würde nun fast alles auf den Kopf stellen, was wir über Wirtschaft wissen.....

  • N
    noevil

    Dann gehöre ich also zum jämmerlichen Rest von 10 %, der noch Augen im Kopf hat und nicht nur blind dem Worte folgend irgend etwas aus dem Regal fischt, das mit "Gold" anfängt und mit "Bären" aufhört. Einfach lachhaft.

     

    Aber Lindt kann ja daraus einen "Gold-Teddybärlein" machen falls daraufhin nicht Roosevelt Nachfahren klagen, dann wäre ein Gold-Theodor (ohne "e" am Ende) zu empfehlen. Falls Haribo das Wort "Gold"auch schon für sich beansprucht, dürfte sich Lindt allerdings in guter Gesellschaft befinden, nämlich der der Goldschmiede und Juweliere..

     

    Herzhaft lachhaft - wenn es nicht so normal wäre!

     

    Ach ja, da waren ja auch noch die Bäcker, die sich wegen ihrer "Weltmeister-Brötchen" in die bemehlten Finger geschnitten hatten...

  • S
    Süßmaul

    Den Marzipan-Nacktmull würde ich sofort kaufen! Eine schöne Idee.

  • L
    lowandorder

    Beschneidung des Goldbärchens von Lindt?

    Also - in diesem Fall hätten sich die Kölner Landrichter mal was

    bescheiden können.

     

    Ganz unbescheiden: Lindt wird - so möglich - erfolgreich Rechtsmittel einlegen.

    !

  • J
    Jan

    Manchmal frage ich mich, für wie dumm und teilnahmslos wir Verbraucher gehalten werden. Wie soll man denn in den durchchoeographierten Warenausgaben der Supermärkte einen Lindt-Bären mit Hariobos Goldbären verwechseln? Die stehen nicht mal ansatzweise nebeneinander. Und selbst wenn sie das mal tun sollten, so sehe ich doch ob ich einen 10 cm großen Schokobären kaufe oder eine Packung Gummibärchen. Bei solch einer Erbsenzählerei kommt mir einfach nur das Kotzen.

  • M
    Mork

    ".. das Thomas Gottschalk einst nach einer verlorenen Publikumswette erfunden hat." Also, für alles dürft Ihr den Mann nun aber auch nicht verantwortlich machen. Hans Riegel ("Haribo") war da deutlich früher unterwegs. Gottschalk hat sie in seiner Show nur unters (Promi-)Volk gebracht.

  • S
    SOKO_Goldbaer

    Haribo (Bonn, Deutschland) gegen Lindt (Kilchberg, Schweiz) der Kampf wurde entschieden vom Landgericht Köln. Köln und Bonn sind Nachbarstädte. Das Urteil macht für mich keinen Sinn. Kann Lindt jetzt in die Berufung gehen? Haribo verstehe ich auch nicht. Die haben doch die besten Goldbären, das beste Produkt, macht man sich doch lächerlich, mit dieser Klage.

    Wünsche den beiden Unternehmen dann noch viel Spass in der nächsten Runde. Ob Richter auch Goldbären mögen..?

  • B
    Bine

    Ha Ha Ha Haribo :-).

  • U
    Unker

    Hmm...Wenn ich in der Wikipedia unter "Goldener Bär" nachsschaue, finde ich aber ganz was anderes...und älteres ;) Vielleicht sollte Dieter Kosslick mal über eine Klage Richtung Bonn nachdenken...

  • P
    Paul

    Na sowas, da erwartet man einen stinknormalen und staubtrockenen Wirtschaftartikel und dann bekommt man eine witzige Glosse.

     

    Aber die Hofpfisterei hätte ich in der Aufzählung, inbsbesondere wenn sie nach der Erwähnung von Zusatzstoffen kommt, hier nicht mitreingenommen, da gerade die sich gegen Zusatzstoffe stark machen und vor allem aus ökologisch erzeugten Zutaten produzieren. Da emfpinde ich es sogar sehr sinnvoll, dass die Hofpfisterei dagegen vorgeht, wenn die anderen Drecks-Bäckereien das gute Image der Pfister Öko-Sonne mit mit ihren Fertigback-Mist versauen und gleichzeitig darauf zielen, ihren Billgschrott einen grünen Anstrich mit dem von Pfister eingeführten Namen zu verleihen.