piwik no script img

Schavan will klagenDie Titelverteidigerin

Ministerin Schavan will gegen die Aberkennung ihres Doktortitels klagen. Das Verfahren könnte dauern – und vor dem Bundesverwaltungsgericht enden.

Annette Schavan will ihren Titel nicht aufgeben. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Uni Düsseldorf hat zwar entschieden, dennoch wird Anette Schavan ihren Doktor wohl erst einmal weiter führen dürfen. Der Titelentzug wird erst rechtskräftig, wenn die Ministerin alle Rechtsmittel ausgeschöpft hat. Dass Schavan um ihren Doktor kämpfen will, ihren einzigen Studienabschluss, hat sie deutlich gemacht.

Der Kampf könnte sich hinziehen: Sollte das Verwaltungsgericht Düsseldorf der Uni recht geben, kann Schavan weiterziehen vor das Oberwaltungsgericht und schließlich ihren Titelkampf letztinstanzlich vor dem Bundesverwaltungsgericht austragen.

Die erfolglosen Klagen anderer Politiker sprechen eher für die lange Variante. Der FDP-Europaabgeordnete Jorgo Chatzimarkakis scheiterte vor dem Verwaltungsgericht Köln mit einer Klage gegen den Entzug des Doktortitels. Nun liegt der Fall beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster. Die FDP-Politikerin Margarita Mathiopoulous scheiterte ebenfalls mit ihrer Klage vor dem Kölner Verwaltungsgericht, und auch ihr Fall liegt jetzt dem OVG Münster vor.

Schavans Anwälte teilten noch am Dienstagabend mit, dass die Ministerin vor Gericht ziehen wird: Die Entscheidung der Uni Düsseldorf sei „in einem fehlerhaften Verfahren zustande gekommen“ und auch „materiell rechtswidrig“. Zu den Details der Klage wollte sich die Kanzlei gegenüber der taz nicht äußern.

Die Erklärung macht aber deutlich, dass es Schavan vor allem um zwei Punkte geht. Zum einen hält sie das Verfahren für ungültig, da ein internes Gutachten vorab an die Presse gelangte. Zum anderen bemängeln ihre Anwälte, dass die Universität kein weiteres Gutachten eines externen Prüfers eingeholt hatte. Das hatte Schavan zuletzt ausdrücklich gefordert.

„Verfahren nicht diskreditiert“

Die Uni Düsseldorf hatte sich ihrerseits rechtliche Expertise besorgt. Der Bonner Verwaltungsrechtler Gärditz attestierte der Uni im Januar, keine „rechtlich relevanten Verfahrensfehler“ gemacht zu haben.

Dass ein internes Gutachten vorab durchsickert, bedeutet Gärditz zufolge noch nicht, dass das Verfahren diskreditiert sei. Zum einen sei nicht klar, dass ein Mitglied des Promotionsausschusses den Bericht an die Presse durchgestochen hat – und damit befangen wäre. Und zum anderen spreche die Klarheit der Entscheidung dagegen: „Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Promotionsausschuss letztlich einstimmig empfohlen hat, eine Doktorgradentziehung einzuleiten, sodass ein maßgeblicher Einfluss eines etwaigen Mitglieds auf das Entscheidungsergebnis praktisch auszuschließen ist“, so Gärditz in seinem Gutachten.

Die Uni sei auch nie verpflicht gewesen, ein externes Gutachten heranzuziehen. Das Gesetz lege die „Mittel zur Aufklärung in das Ermessen der Behörde“: Die Uni kann also selbst entscheiden. „Gerade eine externe Bestätigung der Vorwürfe, die nach den ersten Vorprüfungen innerhalb der Fakultät nicht unwahrscheinlich erscheinen musste, wäre auf eine Vorverurteilung der Betroffenen hinausgelaufen, die erheblichen Druck in Richtung Doktorgradentziehung aufgebaut hätte“, schreibt Gärditz.

Mit dem Doktor steht auch Schavans Titel als Honorarprofessorin an der Freien Universität Berlin auf dem Spiel. Ein Sprecher der FU wollte sich nicht zu Schavans Professorenzukunft äußern. Das Landeshochschulgesetz verlangt allerdings, dass ein Honorarprofessor oder eine Honorarprofessoren „auf Grund hervorragender wissenschaftlicher oder künstlerischer Leistungen“ berufen wird. Vor vier Jahren sah die FU die noch gegeben: Frau Dr. Schavan sei eine Person, die „in besonderer Weise geisteswissenschaftliche Exzellenz mit gesellschaftlicher Präsenz und Wirksamkeit“ verbinden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • H
    Harro

    @Dr. Shla U. Wahn

    Das ist kein Mitleid, sondern das ist die Solidarität der anderen Aufschneider, Fälscher, Abschreiber und Betrüger. Davon gibt es wohl weitaus mehr, als der liebe Normalbürger glauben möchte. Wenn einem die Wissenschaft, wissenschaftliche Exzellenz und Standards vollkommen egal sind, dann kann man auch einen Dr. ergaunert Sch... akzeptieren. Dann ist eben alles egal. Dann kann auch die Wissenschaftsministerin seitenlang das geistige Eigentum anderer Forscher als ihre eigene Leistung ausgeben und dazu noch über Moral und Ethik schreiben.

     

    Also das Ganze ist doch eine Jauchegruppe, fällt mir dazu nur ein.

     

    P.S. Seltsam nur, dass die wenigsten Bundesbürger zu einem Zahnartzt gehen würden, der an der Universität von Mogadischu oder El Salvador Zahnmedizin studiert hat (oder auch nicht, vielleicht war er auch auf dem zweiten Stuhl beim Friseur aktiv oder hatte 5000 US-Dollar gehabt). Da wollen sie dann nur das Beste und ziehen wegen jeder Kleinigkeit vor die Gerichte.

  • A
    asdasd

    @Wal: der Blick nach Wikipedia gibt dazu mehr Auskunft. Man kann nicht, man konnte früher zum Teil.

  • B
    Betrug

    nein, es ist keine Kleinigkeit, die sich Frau Schavan geleistet hat, und die Uni Düsseldorf hat ein fundiertes Urteil gefällt, wie sich jeder überzeugen kann.

    http://schavanplag.wordpress.com/

     

    Das dreiste Leugnen von erst Guttenberg, dann Koch-Mehrin und jetzt Schavan kommt auch daher , daß sie sich nicht damit abfinden wollen, daß es mit dem Internet MÖGLICH geworden ist, ihnen auf die Schliche zu kommen.

    In bestimmten Kreisen ist es offensichtlich lange Zeit üblich gewesen, sich einen akademischen Titel so plump zu erschleichen.

    Das macht es weder legal noch gerechtfertigt.

     

    Merkels Regierung ist aber nicht erst durch diese Betrugsfälle keine Vertretung des deutschen Volkes, sodern die weniger Interessengruppen und Vermögender.

  • DS
    Dr. Shla U. Wahn

    Auch Kriminelle und Gauner haben das Recht auf den Klageweg, und das ist auch gut so!

     

    Es ist mir aber unbegreiflich, warum man Mitleid mit einer Betrügerin hat oder überhaupt noch drüber iskutiert, sie im Amt - als Vorbild für die Wissenschaft und Bildung - zu belassen. Die Botschaft wäre: Mit Betrug und Diebstahl kannst du es zu was bringen!

    http://plagiatschavan.wordpress.com

    Diese Frau hat die Persönlichkeit einer launischen Feudalherrin, die am liebsten noch ihre Vasallen auspeitschen lassen würde. Man ollte nicht vergessen, welch leitende Rolle sie bei dem Berufsverboten für die Kopftuchleherin und dem Linken in BaWü hatte.

    Da gab es kein Mitleid ihrerseits.

  • J
    Joeris

    Angenommen, ich würde als kleiner Bürger schuldhaft mit dem Gesetz in Konflikt geraten und könnte mich umgehend von hochqualifizierten Anwälten beraten lassen.

    Selbstverständlich würde man mir zuallererst empfehlen, mich entweder gar nicht oder so wenig wie möglich zur Sache zu äussern und ggf. eine Gegenklage einzureichen.

     

    Politiker folgen uneingeschränkt diesem Verhaltensmuster um ihre Macht zu zementieren.

     

    Unsere Ministerin Frau Schavan hat in Wahrheit kein Recht mehr einen Doktorktitel zu beanspruchen, trotzdem kämpft sie gegen die Tatsachen an.

  • W
    Wal

    "... ihren einzigen Studienabschluss, ..." - kann man einen Doktor machen, ohne davor schon einen Magister oder so was zu haben? Wusste ich gar nicht.

  • VL
    vergessene Liebe

    meine Güte also ! Was soll diese `Hexenjagt´ gegen Frau Dr. Schavan denn nur? Heutzutage- im Internetzeitalter, können (zumindest) philosophische Doktorabhandlungen, bei guter Software vom computer selbst verfasst werden. Ok.. mit `menschlich- intelligenter´ Korrekturlesung selbstverständlich! Oder man heuert irgend arbeitslosen Philosophen an um den ganzen krams´ zu formulieren etc!!

    Das wusste Frau Schavan, als sie den Ex-Verteidigungsminister kritisierte!

    Es ist zu vermuten, das Frau Schavan in den end 70´ern - ohne Internet! - hart über grossen Bergen von Büchern und Literatur geschwitzt hat und wochenlang oder länger zuhause oder in der Uni Bibliothek ihre Tage an ihrer Abhandlung gearbeitet hat. Im besten Wissen und Gewissen! Und dann irgendwann- zitternd vor Stress- ihre Abhandlung an die `Götter´ der Universität gegeben hat!

    Und diese weisen `Götter´ haben in jedem Fall den Sinn und die Idee ihrer Abhandlung akzeptiert! So wurde `Frau Dr. Schavan´ geboren! Das nun die `Götter´ der Universität kleine Fehler in ihrer Abhandlung übersehen haben- evtl. wissentlich, weil sie es als unwesentlich sahen? ... (ja und? Fast jede einzelne Doktorarbeit enthält Fehler gleicher art!!) Deswegen nun den Dr. Titel der Frau Schavan zu negieren, ist gleichzeitig ein Certifikat für Inkompetenz der Universitäts- `Weisheits-Götter´ !

    -------------

    Ich meine... Frau Dr. Schavan hat ihre wissenschaftlich- ethische Kompetenz oft bewiesen!

    -------------

    Was jedoch notwendig erscheint ist `Neudenken- Neustrukturierung´ der historisch etwas verstaubten akademischen Autoritätsinstitutionen!

  • P
    Pete

    Wer hätte mal gedacht das der Dr. Titel dank Leuten wie Schavan, Guttenberg, Koch-Mehring & Co so einen schalen Beigeschmack bekommt. Wer etwas auf sich hält verzichtet in Deutschland besser auf die Anrede, weil es schlicht eine Schande ist. Deutschland macht sich lächerlich und ist blamiert bis auf die Knochen...

  • VV
    Vural Varan

    Ein sehr gut gewählter Titel, der kommt noch vor

    "Der spitze Kandidat" (für Brüderle auf Stern Online).

  • RT
    Ruth Teibold-Wagner

    Ein Gedanke kam mir letzte Nacht, als ich nicht schlafen konnte und halb schlafend, halb wachend über Gott und die Welt nachdachte:

     

    Durch die Gründung und Erhaltung von politischen Gemeinwesen schafft menschliches Handeln die Bedingungen für eine Kontinuität der Generationen und damit für Geschichte.

     

    Primär geht es also um Kontinuität, ein ewiges Streben der conditio humana, eine anthropologische Konstante.

     

    Als mir diese Erkenntnis im Halbschlaf zufiel, hatte ich das Gefühl von Evidenz und Klarheit, einer Sicherheit, wie ich sie noch nie erlebt hatte.

     

    Ich griff zu meinem Heidegger auf dem Nachttisch, schlug auf und las die Stelle, die Ihr sicher alle kennt:

     

    "“Im Sichrichten auf … und Erfassen geht das Dasein nicht etwa erst aus seiner Intimsphäre hinaus, in die es zunächst verkapselt ist, sondern es ist seiner primären Seinsart nach immer schon ‘draußen’, bei einem begegnenden Seienden der je schon entdeckten Welt” („Sein und Zeit“, Seite 64)

     

    Eine Stelle, an der ich, was Ihr vielleicht nicht verstehen könnt, schon lange geknabbert hatte. Was will uns der Meister damit sagen, fragte ich mich schon lange.

     

    Wie Schuppen fiel es mir von den Augen und ich erkannte, dass der Mensch zum In-sein nicht erst durch das Erkennen gelangt, im Gegenteil: nur weil ihm das Seiende bekannt ist, er darüber verfügt und damit vertraut ist in den verschiedensten Weisen des Besorgens, kann er sich auf das Erkennen einlassen.

     

    Erkennen setzt also immer schon den Bezug zur Welt VORRAUS!!! Es ist so einfach! Dass mir das solange nicht klar war!! Ich lief bisher wie eine Blinde durch die Weltgeschichte!

     

    Nachdem dies Wissen in völliger Klarheit in mir erwachsen war, fielen mir befriedigt die Augen zu, ich schlief tief und traumlos, erwachte gestärkt und voller Energie begab ich mich in den Kampf des Tages, als Siegende.

  • F
    franky

    ... ich habe bei meiner Klassenarbeit beim Abitur betrogen und von meinem Nachbarn abgeschrieben ... leider wurde mir das Abitur danach aberkannt ... dagegen werde ich klagen ... ich kann gar nicht so viel essen wie ich kotzen möchte