Plagiatsaffäre um Annette Schavan: Das Trauerspiel

Ist eine Bildungsministerin ohne Doktortitel haltbar? Annette Schavan hat von Anfang an klar gemacht: Sie will um Titel und Amt kämpfen.

Bald kein „Prof. Dr.“ mehr: Bildungsministerin Annette Schavan. Bild: dpa

BERLIN taz | Schon die Abreise ist eine klare Ankündigung. An dem Tag, an dem die Uni Düsseldorf entscheidet, ihr den Doktorgrad zu entziehen, ist Annette Schavan auf Dienstreise in Südafrika. Buisness as usual für eine Forschungsministerin. Die Botschaft lautet: Schavan will kämpfen, um ihren Titel – und um ihr Amt. Noch am Dienstagabend, kurz nach der Entscheidung der Uni, kündigten Schavans Anwälte Klage gegen den Titelentzug an.

Damit könnten zähe Wochen beginnen. Denn so eisern wie Schavans Kampfansage, so klar sind auch die Forderungen aus der Opposition: Eine Wissenschaftsministerin, der der Doktortitel aberkannt wurde, ist nicht länger tragbar.

„Das Amt der Ministerin für Bildung und Forschung erleidet einen Verlust an Ansehen und Vertrauen", sagte etwa Petra Sitte, die forschungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag. Da die Handlungsfähigkeit der Ministerin nach der Aberkennung des Doktorgrades kaum noch gegeben sei, wäre ein Rücktritt wohl nicht vermeidbar.

Titelentzug

Der Rat der Philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorf hatte am Dienstag gut sechs Stunden über den Fall beraten. Am Abend gab Dekan ein Ergebnis bekannt, das niederschmetternd für Schavan ist: 12 der 15 stimmberechtigten Mitglieder des Gremium sprachen sich für den Titelentzug aus, zwei votierten dagegen, ein Mitglied enthielt sich der Stimme.

Dekan Bruno Bleckmann sagte, die Vielzahl von wörtlichen Übernahmen ergebe „das Gesamtbild, dass die damalige Doktorandin systematisch und vorsätzlich über die gesamte Dissertation verteilt gedankliche Leistungen vorgab, die sie in Wirklichkeit nicht selbst erbracht hatte“. Im Klartext heißt das: Die Uni erkennt in der Arbeit keine Flüchtigkeitsfehler, die auch Schavan zuletzt zugab – sondern bewusste Täuschung.

Kein zweites Gutachten

Ein so hartes Urteil ist auch deswegen bemerkenswert, weil sich vorher immer wieder Wissenschaftler vor Schavan stellten und die Uni Düsseldorf offen kritisierten. Führende Wissenschaftsorganisationen warfen der Uni Düsseldorf kürzlich offen vor, kein zweites Gutachten eingeholt zu haben.

Auch Schavan, die sich lange zurückgehalten hat, hatte zuletzt ein weiteres Gutachten verlangt. Der Hochschulverband, die Vertretung der Professorenschaft in Deutschland, nahm die Uni Düsseldorf dagegen ausdrücklich in Schutz.

Dass die Uni dennoch bei ihrer Haltung geblieben ist, verleiht der Entscheidung Gewicht – und setzt Schavan umso mehr unter Druck. Die Bildungsministerin selbst geht bisher offenbar davon aus, auch den Titelentzug als Ministerin überstehen zu können, bis ein Gericht abschließend darüber geurteilt hat. Schavan gilt als Vertraute von Bundeskanzlerin Merkel – und auf deren Rückendeckung setzt sie offenbar.

Als die Uni Düsseldorf vor zwei Wochen bekannt gab, das Hauptverfahren zur Titelaberkennung zu eröffnen, telefonierte die Bildungsministerin noch am selben Abend mit Merkel. Bisher spricht die Kanzlerin ihrer Ministerin das volle Vertrauen aus. Die Frage ist, wie lange noch.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.