Alarmierende Zahlen: Immer weniger Frauen in Vollzeit
Eine Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung zeigt: Die Zahl der vollzeitnahen Jobs nimmt ab, die der Minijobs steigt. Die Politik will eigentlich das Gegenteil.
BERLIN taz | Die Frauen in der Bundesrepublik arbeiten immer weniger in Vollzeit und mehr in „kleinen“ Teilzeitjobs. Das ergeben Zahlen der Hans-Böckler-Stiftung, über die zuerst die Bild berichtet hatte. Demnach schrumpfte vor allem der Anteil der Vollzeitjobs zwischen 1991 und 2010 enorm: von 61,6 auf 41,6 Prozent aller Arbeitsverhältnisse. Zugenommen haben dagegen Stellen unter 20 Stunden. Sie machen mit 29,5 Prozent fast ein Drittel aller Jobs aus. 1991 lagen sie noch bei etwa 18 Prozent.
Besonders gewachsen ist dabei die geringfügige Beschäftigung, sogenannte Minijobs. 1991 arbeiteten nur 6 Prozent unter 15 Stunden pro Woche. 2010 waren es schon 14 Prozent.
Woher kommt der Trend zur geringen Stundenzahl? Christina Klenner, die diese Forschung beim wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Institut der Stiftung betreut, sieht hier eine neue Gruppe von Arbeitnehmerinnen am Werk: „Es liegt zunächst daran, dass zunehmend auch Mütter jüngerer Kinder erwerbstätig wurden. Vorher war diese Gruppe eher Hausfrau“, sagte sie der taz. „Dass sie das aber nicht mit oft gewünschter ’höherer‘ Teilzeit oder in Vollzeit tun, liegt zum einen an den immer noch fehlenden oder unpassenden Kinderbetreuungsangeboten, zum anderen an den von Arbeitgebern angebotenen Stellen.“
Teilzeitjobs werden zunehmend als Minijob angeboten, hat die Forscherin beobachtet. Das aber seien sozial nicht abgesicherte Arbeitsverhältnisse, warnt sie.
Anderes Wunschmodell
Empfohlen wird Eltern dagegen immer wieder die „große Teilzeit“ zwischen 31 und 35 Wochenstunden. Doch die spielt weiterhin kaum eine Rolle. Gerade mal 5,7 Prozent aller Arbeitsverhältnisse bewegen sich in diesem Bereich. Zwischen 20 und 30 Stunden arbeiten 16,4 Prozent. Dabei ist unklar, wie viele eher einen klassischen Halbtagsjob haben und wie viele an die „große Teilzeit“ mit 30 Stunden heranreichen.
Dabei sind zwei Eltern, die beide um die 30 Stunden arbeiten und damit sowohl den Kindern gerecht werden können als auch noch eine Chance auf Karriere haben, das Wunschmodell auch des Familienministeriums.
„Wir wissen, dass es für Firmen oft einfacher ist, entweder ganze oder halbe Stellen anzubieten. Aber wir brauchen mehr Teilzeit im 30-Stunden-Bereich“, sagte ein Sprecher des Ministeriums der taz. Auf dem kommenden Familiengipfel werde es deshalb auch um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gehen.
Was die Opposition nicht beeindruckt: „Die Zahlen sind absolut alarmierend“, so Caren Marks, die frauenpolitische Sprecherin der SPD. „Minijobs verhindern eine eigenständige Existenzsicherung der Frauen. Sie müssen dringend reformiert werden.“ Die SPD wolle zudem prüfen, ob man Eltern, die in „großer Teilzeit“ arbeiten, von der Bundesagentur für Arbeit unterstützen lassen könne, damit solche Arbeitsverhältnisse zumindest finanziell abgesichert sind.
Auf dem Familiengipfel am 12. März soll auch die „Charta für familienbewusste Arbeitszeiten“ bilanziert werden. Ziel der 2010 gestarteten Initiative des Familienministeriums war es, Arbeitgeber zu unterstützen, mehr familienfreundliche Arbeitszeitmodelle anzubieten.
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