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Anschlag auf Moskauer Bolschoi-ChefVerdächtiger festgenommen

Nach dem Säureangriff auf Bolschoi-Chef Sergei Filin hat die Polizei einen Mann gefasst, der den Täter zum Tatort gefahren haben soll. Dieser ist weiter auf der Flucht.

Sergej Filin wird derzeit noch in Aachen behandelt (Archivbild). Bild: dpa

MOSKAU/AACHEN dpa | Fast sieben Wochen nach dem Säureanschlag auf den Ballettchef des Moskauer Bolschoi Theaters hat die russische Polizei einen mutmaßlichen Mittäter festgenommen. Der 32 Jahre alte Verdächtige stamme nicht aus der Truppe des weltberühmten Theaters, teilte die Polizei Medienberichten zufolge am Dienstag mit.

Der Mann soll den mutmaßlichen Haupttäter zum Überfall auf Ballettmeister Sergej Filin am 17. Januar gefahren haben. Der mutmaßliche Haupttäter sei bei dem Polizeieinsatz entkommen. Er soll Filin mit der Schwefelsäure das Gesicht verätzt haben. Die Fahndung läuft.

Zunächst hatten die Behörden mitgeteilt, sie hätten den mutmaßlichen Haupttäter gefasst. Der 42-jährige Filin wird weiter in der Augenklinik in Aachen behandelt. Er hatte vor seiner Abreise nach Deutschland der Polizei den Täter beschrieben sowie sich zu Verdächtigen geäußert. Bolschoi-Sprecherin Katerina Nowikowa begrüßte den Fahndungserfolg als ersten Schritt. Gefunden werde müsse nun noch der Drahtzieher des Anschlags, sagte sie.

Reihe von Anhaltspunkten

In Moskau durchsuchten Polizisten auch die Wohnung des Bolschoi-Solisten Pawel Dmitritschenko, wie die Staatsagentur Ria Nowosti meldete. Nowikowa meinte, dass ihr nichts über einen Konflikt zwischen Filin und dem Startänzer bekannt sei. Zuletzt hatte Dmitritschenko die Titelpartie in „Iwan der Schreckliche“ getanzt.

Die Ermittlungen dauerten an, sagte ein Polizeisprecher. Es gebe eine Reihe von Anhaltspunkten, die nun geprüft würden.

Die Bolschoi-Balletttruppe ist mit etwa 220 Tänzern die größte der Welt. Sie gilt als Wiege klassischer russischer Ballettkunst mit makellosem Spitzentanz, streng synchronen Bewegungen und einzigartiger Körperbeherrschung. Der hausinterne Konkurrenzkampf am Bolschoi ist extrem hart.

Der Verdächtige sei im Moskauer Gebiet gefasst worden - dank einer Überprüfung von Telefonverbindungen am Tattag, wie das Internetportal lifenews.ru berichtete. Filin hatte selbst angegeben, er habe immer wieder Drohanrufe bekommen.

Nach der Tat hatte die Polizei nach eigenen Angaben schwerpunktmäßig im Theater ermittelt. Auch die Direktion geht von einem Zusammenhang mit der einflussreichen beruflichen Tätigkeit Filins aus. So entscheidet der Ballettchef etwa über die Besetzung der begehrten Solistenrollen. Die Theaterleitung hatte eingeräumt, dass es immer wieder zu Konflikten komme, weil die um Traumpartien kämpfenden Tänzer mitunter enttäuscht seien.

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