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Kommentar Europas JugendDie Hoffnung stirbt zuerst

Kommentar von Marco D'Eramo

Die europäische Krisenpolitik raubt den Menschen mehr als ihren Wohlstand: Es ist die Idee der Zukunft selbst, die zum umkämpften Gut geworden ist.

Im Süden Europas ist die Zukunft schon zunichtegemacht worden: Obdachloser in Athen. Bild: imago / Invision

G ibt es ein Rezept, um die Angela Merkels in Europa bei Wahlen zu besiegen? Ja. Es heißt Zukunft – oder wenigstes ein klein wenig davon. Denn alles Mögliche können wir denen, die uns regieren, verzeihen: Niedriglohn, ein aus den Fugen geratenes Gesundheitssystem, Urlaub nur noch auf dem Balkon, Entlassungen und Arbeitslosigkeit.

Aber dass sie uns um unsere Zukunft gebracht haben, das können wir nicht hinnehmen. Denn Zukunft ist ein Grundbedürfnis. Ohne sie sind wir alle Gefangene. Ohne Zukunft ist ein Greis, wer eigentlich noch alles vor sich hat.

Im Süden Europas ist die Zukunft schon zunichtegemacht worden; dort, wo es nicht nur kein Morgen, sondern auch kein Heute mehr gibt. Denn was ist das für eine Gegenwart, in der vier von zehn jungen Menschen ohne Arbeit sind (Italien: 39 Prozent Arbeitslosigkeit bei den 16- bis 25-jährigen); oder fünf Junge von zehn (Spanien) oder sechs von zehn (Griechenland)?

Marco D'Eramo

geboren 1947, ist Journalist und Schriftsteller. Er lebt in Rom. Nach einem Physikstudium in Italien ging er nach Paris und wurde Schüler von Pierre Bourdieu. Er war Mitbegründer der italienischen Tageszeitung il manifesto, leitete das Feuilleton und arbeitete als USA-Korrespondent. Ende 2012 verließen er und andere prominente Autoren wie Rossana Rossanda die Zeitung. Auf Deutsch liegt vor: „Das Schwein und der Wolkenkratzer. Chicago: Eine Geschichte unserer Zukunft“.

Spanien goes Griechenland

Und jedes dieser Länder stellt keine beklagenswerte Ausnahme von der Regel dar, sondern sie bilden den Horizont, auf den sich, wie bei der Wegener’schen Plattentektonik, das jeweils nachfolgende zubewegt: Spanien verschiebt sich in Richtung Griechenland, Italien folgt Spanien. Und dabei bleibt es nicht – jedenfalls, wen man der Einschätzung des in Finanz- und Politikkreisen hochgeschätzten italienischen Expremiers Mario Monti glaubt: Ihm zufolge wird es noch schlechter als den ganz Jungen der Generation der heute 30- bis 40-Jährigen ergehen, die – „das muss man so grob sagen“ – eine „verlorene Generation“ seien. Wir sprechen hier von einem Schicksal, das 130 Millionen Menschen droht.

Doch es geht nicht nur um den Süden. Der ganze Kontinent ist, mit unterschiedlicher Geschwindigkeit, ins Rutschen geraten. Wir hören ja oft genug den Vorwurf, dass wir Linken, negativ, wie wir nun mal seien, immer nur über die Millionen von Armen in unseren „Wohlstandgesellschaften“ reden wollten. Dabei ist es augenfällig, wie gering der Unterschied zwischen den blühenden Landschaften in Deutschland und den verwüsteten in Spanien, Griechenland und Italien ist.

Dieser Beitrag ist aus der taz.am wochenende vom 4./5. Mai 2013. Darin außerdem: Ein Gespräch mit dem heimlichen Star des Kirchentages Fulbert Steffensky. Und: Wie in einem Dorf in Brandenburg ein Schweinestall zur Opernbühne wird. Außerdem klingelt die taz mal wieder an fremden Türen - diesmal in Friedland. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo.

15,8 Prozent der Bevölkerung in Felix Germania leben unterhalb der Armutsgrenze. In Italien sind es 19,6 Prozent, in Spanien 21,8 und in Griechenland (2011) 21,4 Prozent. Darf man fragen, worin der viel gepriesene Aufschwung eigentlich besteht, wenn er die Anzahl der Armen nicht vermindern kann, ja sie sogar wachsen lässt? In 11 Jahren ist das deutsche BIP um mehr als 50 Prozent gestiegen, aber auch die die Armen sind mehr geworden (2011 waren es noch 11 Prozent).

„Not in education, employment or training“

Die Wahrnehmungen sind unterschiedlich, gänzlich entziehen kann sich keiner. Die krasseste, realistischste und erbarmungsloseste Definition des Phänomens der jungen Armen kommt wieder mal aus Großbritannien, wo man eine Leidenschaft für Akronyme hegt: Eine Million sind hier „NEET“ – also diejenigen zwischen 16 und 24 Jahren, die „Not in education, employment or training“ sich befinden: die also, anders gesagt, überhaupt nichts tun.

Gegen dieses Abdriften ist kein europäisches Land immun, auch wenn sich manche noch in Sicherheit wähnen. Die jungen Franzosen wissen, wie stürmisch die See ist, in der sie schwimmen müssen, und nennen sich selbst poetisch „génération flottante“, also eine, die wie ein Korken frei auf dem Wasser treibt; die hervorragend ausgebildet ist, aber keine Arbeit findet, die ihrer Qualifikation entspricht. Die New York Times zitierte dazu im Dezember eine 23-Jährige, die einen Master in Verwaltungswissenschaften hat und nun für fünf Dollar die Stunde Hunde Gassi führt.

Frankreich ist unterwegs Richtung Italien: In der Jugendarbeitslosigkeit von 25,7 Prozent (viertes Quartal 2012) ist die junge Akademikerin, die mit den Hunden geht, nicht enthalten. Auch in Deutschland ist die Quote bereinigt. Die Arbeitslosigkeit ist sehr niedrig (5,4 Prozent, 2,5 Millionen Menschen), aber die fünf Millionen Deutschen, die nur einen Minijob haben, tauchen nicht auf.

Die 450-Euro-Mini-Gehälter liegen weit unterhalb des Mindestlohns in den Ländern mit hoher Arbeitslosigkeit (in Spanien etwa liegt er aktuell bei 645 Euro, also fast 50 Prozent höher). Zählte man die Minijobber mit ihrer Scheinrente dazu, so käme man auf 16,5 Prozent Unterbeschäftigung: Und da ist sie wieder, die verlorene Generation.

Zukunft ist das, worauf wir warten

Aber ist es nicht so, dass hier gar niemand um seine Zukunft betrogen wird, sondern vielmehr um seine Gegenwart? Ja und nein. Denn man muss sich darüber verständigen, was Zukunft bedeutet. Der Erste, der sich damit beschäftigt hat, war der heilige Augustinus (354–430 n. Chr.). In seinen „Bekenntnissen“ fragt er sich, was Zeit ist, und kommt zu der Antwort, dass es keine Vergangenheit gibt, sondern eine Gegenwart der Vergangenheit; keine Zukunft, sondern eine Gegenwart der Zukunft: Denn, sagt Augustinus, die Vergangenheit lebt lediglich in unserer Erinnerung und die Zukunft nur in unserer Erwartung. Die Zukunft ist das, worauf wir warten, was uns in Spannung versetzt. Und in diesem Sinn hat man uns die Zukunft gestohlen, weil man uns die Hoffnung gekappt hat.

Oder möchte jemand einen Minijob eine Perspektive nennen? Oder einem Hund mit dem Kotbeutel hinterherzulaufen?

Es ist nicht nur so, dass die Jungen mehr Lebensjahre vor sich haben als die Alten; es ist vielmehr so, dass Jugend mehr ist als ein biologischer Zustand – es ist auch ein sozialer. Wenn man jung ist, steht man vor einem Fächer der Möglichkeiten: Wirklich jeder Weg scheint offenzustehen. Nach Pierre Bourdieu besteht die soziale Alterung einer Gesellschaft ebendarin: in der fortgesetzten Beschränkung des Horizonts der Möglichkeiten, bis zu dem extremen Punkt, wo man nur noch der sein kann, der man schon gewesen bist. Und genau dann ist man alt.

Wenn man sagt, vor uns liege keine Zukunft mehr, dann ist der Fächer unserer Erwartungen und Hoffnungen zugeklappt; dann sind die Jungen, als soziale Gruppe betrachtet, schon alt.

Das gilt nicht nicht für Europa, sondern auch für die USA. In einer ökonomischen Perspektive steht der Fächer der Möglichkeiten für den Aufstieg, für die Leiter, die einen nach oben führt. Es geht um soziale Mobilität. Diese Mobilität hat sich in den Vereinigten Staaten in den letzten Jahrzehnten drastisch verringert, ja sie ist praktisch verschwunden – und mit ihr der Mythos vom Selfmademan. Der Blick über den Atlantik unterstreicht, dass der Hunger nach Zukunft keine frontier kennt, keine Grenzen, dass sich niemand dieser Sehnsucht entziehen kann, egal welchen Alters.

Yankee-Fassung von Augustinus

Woher kommt denn der rational nur schwer nachzuvollziehende Enthusiasmus, den Barack Obama 2008 auslöste, und zwar nicht nur bei den US-Wählern, nicht nur bei den Jungen, sondern auch im Rest der Welt, ja sogar bei der schlafmützigen Osloer Jury für den Friedensnobelpreis? Letztlich hat Obama nichts anderes getan, als die Dimension Zukunft wieder in den politischen Diskurs einzuführen, wenn auch nur für sehr kurze Zeit.

Sein „Yes, we can“ war die Yankee-Fassung und 21.-Jahrhundert-Version der Spannung und Erwartung, die sich bei Augustinus findet. Einen historischen Moment lang ist Barack Obama der spezifischen Aufgabenstellung für jeden Politiker der westlichen Demokratien gerecht geworden: den Weg in die Zukunft zu weisen und das Fortschrittsversprechen vital und glaubwürdig zu halten.

Dass er diesem Hunger nach Zukunft dann nicht sättigen konnte, dass er diejenigen, die am meisten auf ihn zählten, verraten hat, ist dabei nicht wichtig. Entscheidend ist, dass er diesen Hunger, wenn auch nur, um daraus sein eigenes Süppchen zu kochen, vor der ganzen Welt offenbart hat.

Es ist diese Lektion, die die europäischen politischen Eliten sehr genau beachten sollten. Denn wenn sie es nicht tun, werden auch sie zu denjenigen gehören, denen keine Zukunft beschieden ist.

Aus dem Italienischen: Ambros Waibel

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13 Kommentare

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  • ZA
    zu als für D

    Wer in D die 40 überschritten hat, ist hierzulande kaum noch vermittelbar. Kommen noch weitere Hindernisse, wie z.B. eine jahrelange Selbstständigkeit hinzu, kann sich der Betreffende auf eine Sozialkarriere bis zum Friedhof freuen. Er ist ist Deutschland für den Rest seines Lebens zum Nichtstun verurteilt. Da ich im Ausland gearbeitet und teilweise auch studiert habe, stand für mich die Frage des Kofferpackens gar nicht zur Debatte.

  • I
    Irmi

    Mir schreibt jemand : Die Milliarden, die Deutschland in andere Länder pumpt, dienen ganz wesentlich auch der finanziellen Absicherung von institutionellen Anlegern aus Deutschland! 

     

    Soll heißen, wir Steuerzahler in Deutschland finanzieren die deutschen Spekulanten in Griechenland ???

     

    oder die Frage an mich: Kennen Sie das Prinzip "Teile und herrsche", Irmi? 

    Meine Antwort :Teilen ja, herrschen nein. Was im Falle Griechenland, Zypern heißt teile das Vermögen deiner Bürger und ich kann weiter herrschen ?

     

    Beziehe ich teilen und herrschen auf das Buch von Dirk Müller „Showdown“ der beweisen kann worum es in den Krisenländern geht spez. Griechenland, (Gas-Ol-Kohlewasserstoff) ist auch das Thema teilen. Teilen mit den ausl. Investoren in einem hohen Prozentsatz natürlich für die Investoren, die auch bestimmen wollen wohin Gas oder Öl zu fließen hat.

     

    USA soll demnach gesagt haben Griechenland soll aus der Eurozone gehen, den Euro abschaffen und wieder Drachmen einführen, nur dann werde man Griechenland helfen Öl und Gas zu fördern, was sie selbst nicht können weil sie nicht wissen würden wie und ihnen fehlt das Material dazu anfangen zu können.

     

    Griechenland ist so reich an Gas und Öl, das sie ihre Schulden xmal sofort begleichen könnten.

    Sollen sie aber nicht können wie es scheint. Man will ja billigst an ihr Öl und Gas kommen. Lieber soll es in den Abgrund stürzen mit ihm ein ganzes Volk um so ein Land abhängig und wehrlos zu machen..

     

    Problem dabei ist, bis die anfangen zu bohren, wenn Griechenland dem Wunsch der USA zustimmen würde, ist Griechenland untergegangen. USA will nicht das wir bei den Russen Gas kaufen sondern bei den USA. So sind dann auch wir Deutschland abhängig von den USA, sollte deren Plan noch funktionieren v. den Griechen das ÖL und Gas billig zu bekommen. USA die (Welt) Macht über alles.

     

    Deutschland hätte auch gerne von dem vielen Gas und Öl profitiert, aber Russland und vor allem die USA waren wieder schneller.

  • SG
    Schmidt Georg

    ja, ja der Kapitalismus ist sch..... dass der Sozialismus grandios baden gegangen ist, ist Nebensache-hätte die kapitalistische BRD die sozialistische DDR pausenlos unterstützt, wäre die DDR schon 1960 finanziell tot gewesen, bei meinem ersten Besuch 1974 in der DDR, sagte ein DDR Bürger, bekäm die DDR nicht aus dem Westen Geld, wären wir längst frei oder tot!

  • SG
    Schmidt Georg

    naja, mag alles sein, aber man kann nun nicht D die Schuld an der miserablen Politik anderer Länder geben-die Deutschen Steuerzahler werden mit 50% vom Staat belasstet, die anderen €u Länder belassten ihre Bürger mit 20-25%, letztes Jahr musste der deutsche Arbeitnehmer 2 Tage länger arbeiten, um Steuern zu bezahlen, dieses Jahr bin ich gespannt, also nochmal der Deutsche ( beiderlei Geschlecht) arbeitet ein halbes Jahr nur für Herr Schäuble und die Grünen, im Falle eines Wahlsieges, wollen die Schrauben noch mehr andrehen-die ham se doch nich alle !

  • LF
    Lambros Fountas

    Wer die Armutsgrenze in Deutschland mit der im Süden vergleicht und sogar gleichsetzt, ist völlig benebelt und spielt genau Adolf Merkel und seinen Wirtschaftsterroristen in die Hände. Während es kein Hartz4 gibt, 35% der Griechen sich keine Krankenversicherung mehr leisten können, weil ihre Stütze von 360 Euro nach einem Jahr ausgelaufen ist und damit 1,3 Millionen Menschen ohne Einkommen leben, heisst Minijob in Griechenland einmal die Woche an der Kasse für 3-4 Euro die Stunde, Vollzeit gibt es nur für Sklaven in der Landwirtschaft - 22 Euro für 10 Stunden, wenn sie denn bezahlt werden und nicht auf sie geschossen wird - genau wie in Italien; damit der Hartzer Kiwi für 20 Cent fressen kann.

  • A
    anonym

    seid 2005 ist unsere BIP um 50% gestiegen. Dass bedeutet, dass jeder 50% mehr Leistung erbringen muss. Da aber ein Mensch nur 100% geben kann, wurde die Finanz EU erschaffen. Mit Spekulationen ist dies nun zu erreichen. Die freiwillige Abstimmung für die Diktatur (ESM) ist von Deutschen gewollt, denn damit sind Privatinvestoren alle gesichert die in Deutschland leben. Denn Misswirtschaft erlangt kein gutes Image. Lieber so, als Getreidesprit zu bauen. Zwar steigert er das BIP aber verbraucht mehr Energie zur erstellung, als es wieder hergibt. Oder Nahrung und Massenfertigungsanlagen. Diese arbeiten 24h, fakto wird für 12Milliarden Menschen, Nahrung produziert(+nicht Einheitliche= 15-20Milliarden). Das zerstören der ganzen 7Milliarden Versorungsprodukten bringt ein gutes BIP, aber dafür ein um so schlechteres Image.

    Uns gehts statistisch gesehen gut. Keiner erwartet von euch das ihr Kinder zeugen müsst.Lebt einfach euer leben!

    Happy bet ;)

  • TK
    Tim K.

    Auch viele Journalisten (nicht nur Politiker) scheinen nicht verstanden zu haben was überhaupt gerade passiert. Das Zeitalter der fossilien Brennstoffe geht langsam, aber sicher, zu Ende. Die ganzen Hilfsmilliarden sollten nicht in die Tilgung von Schulden, sondern in jeweils regionale, alternative Umstrukturierungen- in die Energiewende und der dazugehörigen veränderten Versorgung auf allen Ebenen (Lebensmittel, Kleidung, Arznei, etc.) gesteckt werden.

    Es geht hier gerade nicht nur ums Geld...man sollte langfristig nicht in z.B. Autos und Flugzeuge investieren, weil die aus Günden des Ölmangels in wenigen Jahrzehnten nicht mehr fliegen bzw. fahren können....

  • FF
    Fischers Fritze

    Friedensprojekt EU.. muaha, ha, ha, ha, ha,ha, ha,ha, ha,ha, ha,ha, ha,ha, ha,

     

    Lasst uns Fischers Villa stürmen.

  • JM
    Jules Mari

    Sehr konzise Analyse - eine konkrete Alternative zum "System Merkel" bleibt er aber schuldig.

  • II
    @ Irmi

    "... seither baut Deutschland den Sozialstaat ab. Muss er wohl, weil wir Milliarden in andere Länder pumpen, obwohl wir genau wissen, dieses ganze Geld nie wieder zu sehen."

     

    - Die Milliarden, die Deutschland in andere Länder pumpt, dienen ganz wesentlich auch der finanziellen Absicherung von institutionellen Anlegern aus Deutschland!

     

    Die Entscheidung der deutschen Regierung, lieber die Anleger statt den Großteil der Bevölkerung zu schützen, ist keineswegs alternativlos - ebensowenig wie die sukzessive Zerschlagung des deutschen Sozialstaats.

     

    Die Zeche für diesen risikofreien Kapitalismus zugunsten der oberen 10% in den Euroländern zahlt die Bevölkerungsmehrheit der jeweiligen Länder, die zunehmend in die soziale Verelendung getrieben wird.

     

    Kennen Sie das Prinzip "Teile und herrsche", Irmi? - Genau dieses Prinzip wird auch bei der Euro-Rettung angewandt. Offenbar mit Erfolg, wie man derzeit an vielen Kommentaren zu den Rettungspaketen sehen kann.

     

    In der Folge steigt der Hass zwischen den Bevölkerungen der Euroländer, während sich die institutionellen Anleger, deren Einlagen vom Steuerzahler gerettet werden, ins Fäustchen lachen können.

     

    Zur möglichen weiteren Entwicklung der EU-Länder in Anbetracht der zur Verelendung breiter Bevölkerungsschichten führenden Austeritätspolitik gibt es eine interessante Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung mit dem Titel "EURO CRISIS, AUSTERITY POLICY AND THE EUROPEAN SOCIAL MODEL".

     

    http://library.fes.de/pdf-files/id/ipa/09656.pdf

     

    Besonders erhellend sind dabei die Ausführungen unter Punkt 5.3 "Economic Development Paths out of the Crisis and the Consequences for the European Social Model".

  • SG
    Schmidt Georg

    nicht nur die Jungen,auch die Alten wenden sich mit Grausen von der Politik ab, naja, Politik kann mans wohl nicht nennen!

  • I
    Irmi

    blühenden Landschaften in Deutschland und den verwüstetes Spanien, Griechenland und Italien.

     

    Da scheint jemand nicht zu sehen, das es bei uns 2005 angefangen hat mit der Agenda 2010 und seither baut Deutschland den Sozialstaat ab. Muss er wohl, weil wir Milliarden in andere Länder pumpen, obwohl wir genau wissen, dieses ganze Geld nie wieder zu sehen.

     

    Wenn man noch ein paar Jahre wartet, dann wird man sehen, das Deutschland da gelandet ist, wo man in den Ländern ist, die heute schon leiden. Es hat nur den Anschein, das es den Deutschen unterhalb der Mittelschicht gut gehen würde.

     

    Durch ein sehr interessantes Buch verstehe ich jetzt manches besser, besonders Griechenland. Jetzt weis ich warum die Griechen so lebten wie sie bis zum Absturtz lebten, warum sie die Deutschen so hassen.

     

    Aber, man müßte in Griechenland auch einsehen, das Mißwirtschaft einfach Folgen haben mußte.

     

    Es ist unendlich hart, was die Griechen, die Spanier, die Zyprer durchmachen. Aber auch bei uns sind die Renten drastisch gekürzt worden, soziale Programme und Einrichtungen werden nicht mehr vom Staat finanziert, Millionen Arbeitslose und Hartz IV Empfänger. Ihr in Griechenland habt die schlimme Erfahrung schon machen müssen, uns steht sie bevor, nur uns erzählt darüber keiner was. Bei uns wird alles schön geredet weil ja bald Wahlen sind.

  • N
    Neo

    Die Jasminrevolution in Tunesien war auch das Resultat der gleichen perspektivlosen Generation prekär. Die Selbstverbrennung eines jungen Mannes, der nur Gelegenheitsjobs fand und für sich keine Zukunft sah. Die Generation prekär ist weltweit. Auch in Deutschland und überhaupt überall. Die jetzige Gesellschaftsordnung mit ihrer permanenten Umverteilung von arm zu reich hat sich als unfähig erwiesen, den Menschen Perspektiven zu bieten. Hinzu kommt das Produktivitätswachstum, Automatisierung und Rationalisierung und zeitgleich steigende Weltbevölkerung. Der Kapitalismus kann all diesen Menschen keine sinnstiftende Arbeit bieten, schon gar nicht eine auskömmliche. Neue Modelle werden wir nicht mehr erleben, sondern Gesellschaften im Niedergang. wieviele Altersarme wird DE denn so in 30 bis 40 Jahren haben? Das ist doch klar, dass es auch hier weiter bergab gehen wird, egal wer regiert. Seit rot-grün hat sich der Verfall beschleunigt.