Streit über Familienbesteuerung: Splitting splittet die Koalition
Die Regierungsparteien streiten über eine gerechtere Besteuerung von Familien - drei Koalitionspartner: Das ergibt vier Meinungen.
BERLIN taz | Die Debatte der Union um die Weiterentwicklung des Ehegattensplittings wird immer vielstimmiger. Die verschiedenen Interessengruppen schlagen ihre Pflöcke ein, weil demnächst ein Urteil des Verfassungsgerichts erwartet wird, nach dem die Steuervorteile für Verheiratete aller Wahrscheinlichkeit nach auch auf verpartnerte Homosexuelle ausgedehnt werden müssten.
Das Steuerrecht muss also geändert werden - und bei dieser Gelegenheit könnte auch das Ehegattensplitting an sich zeitgemäßer gestaltet werden.
In der Koalition sind zwei Themen umstritten: Zum einen geht es um die Frage, ob das Splitting auch für homosexuelle Paare gelten soll. Zum anderen darum, ob kinderlose Ehen weiterhin wie bisher den Splittingvorteil genießen sollen
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erwärmt sich langsam für ein Splitting auch für homosexuelle Paare. „Die Steuervorteile müssen für alle Paare gelten, die Verantwortung für ihre Kinder übernehmen,“ sagte er der Rheinischen Post. Die CSU ist derzeit noch gegen das Splitting für Homo-Paare.
Die FDP begrüßte Schäubles Vorschlag: „Ich glaube, Herr Schäuble hat da einfach die Realität erkannt“, sagte der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Otto Fricke heute früh dem WDR-Radio.
CSU-Generalsekretär: Ehegattensplitting bleibt
Zugleich will die CSU die kinderlosen Ehen weiter subventionieren: Das Ehegattensplitting werde auf jeden Fall bleiben, sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt der Berliner Zeitung. „Zuzüglich kann es weitere Familienleistungen geben“, erklärte er.
Beim Ehegattensplitting wird das Einkommen der Ehepartner addiert, durch zwei geteilt, und dann erst versteuert. Da der Steuertarif umso stärker ansteigt, je mehr Einkommen man versteuern muss (Progression) „rutscht“ der Vielverdiener auf der Steuertabelle nach unten in einen günstigeren Tarif.
Ein Beispiel, das im Gleichstellungsbericht des Bundes erwähnt wird: Ein Paar, von dem ein Partner 60.000 Euro verdient und der andere nichts, zahlt durch das Splitting 5.672 Euro weniger Steuern im Jahr als wenn der verdienende Partner allein veranlagt worden wäre.
Das Familiensplitting wird in der Union im Moment in zwei Varianten diskutiert: Familienminsterin Kristina Schröder (CDU) möchte, dass das zu versteuernde Einkommen nicht nur durch die Ehepartner - also durch zwei - geteilt wird, sondern durch die Zahl aller Familienmitglieder. Je mehr Kinder eine Familie hätte, desto günstiger würde dann der Tarif. Das Ehegattensplitting würde also erweitert
von der Leyen: kein Splittingvorteil für Kinderlose
Für dies Variante kann sich auch die CSU erwärmen, wie man an Dobrindts Aussage erkennt. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) dagegen möchte mit einem Familiensplitting nur die Paare mit Kindern subventionieren. Kinderlose Paare hätten dann keinen Splittingvorteil mehr. Beide Modelle sehen vor, dass auch Familien mit unverheirateten Eltern in den Genuss des Steuervorteils kommen. Bisher soll Finanzminister Wolfgang Schäuble der Variante Schröder näher stehen.
Das Familiensplitting an sich steht allerdings stark in der Kritik: Viele junge Familien zahlen ohnehin wenig Steuern, weil sie von hohen Freibeträgen im deutschen Steuerrecht profitieren. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat das Familienplitting in mehreren Varianten durchgerechnet.
Das Fazit der DIW-ForscherInnen: „Nur Familien mit drei oder mehr Kindern und sehr hohem zu versteuerndem Einkommen würden steuerlich stärker entlastet als im derzeitigen Familienleistungsausgleich. Keine steuerliche Entlastung ergäbe sich auch für Familien mit mehreren Kindern im unteren und mittleren Einkommensbereich.“
Mit anderen Worten: Die Familien, die Steuererleichterungen am nötigsten hätten, profitieren nicht vom Familiensplitting.
Die Opposition steht dem Familiensplitting deshalb kritisch gegenüber. SPD, Linkspartei und Grüne wollen das Ehegattensplitting eher abschaffen und stattdessen neue Unterstützungsmodelle für Familien mit Kindern entwickeln. Die einzige Partei, die das Ehegattensplitting in seiner jetzigen Form behalten und es nur auf Verpartnerte ausweiten möchte, ist die FDP. Um Kinder zu fördern, wollen sie einen höheren Freibetrag für den Nachwuchs einrichten.
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