piwik no script img

Open Source und die WirtschaftDer Gedanke hinter der Software

Die Raumfahrt und die Stadt München nutzen freie Software. Doch es geht nicht nur ums Geld, sondern auch um Beständigkeit.

Schlauer Fuchs: Mit seinem Browser Firefox erreicht Mozilla fast auf der ganzen Welt zweistellige Marktanteile. Bild: reuters

BERLIN taz | Nun also auch die ISS. Die Internationale Raumstation hat vor Kurzem einen Teil ihrer Notebooks von Windows auf das freie Betriebssystem Linux umgestellt. Die Stadtverwaltung München verabschiedet sich schon seit 2007 nach und nach von Windows. Und in Italien ist seit vergangenem Jahr per Gesetz vorgeschrieben, dass die öffentliche Verwaltung bei der Anschaffung neuer Software auf Open Source setzen soll.

„Open Source hat das Image, eher etwas für Freaks zu sein“, sagt Jürgen Jähnert von der Open Source Business Alliance. Das Netzwerk ist Veranstalter des heute beginnenden Open-IT Summit in Berlin. Dort und auf dem parallel laufenden Linux-Tag trifft sich die Branche der Produzenten von freier Software. Im Visier der Unternehmen sind laut Jähnert dabei vor allem öffentliche Einrichtungen. Denn die Mitarbeiter dort arbeiten immer noch größtenteils mit Windows – obwohl Beispiele wie München zeigen, dass es anders geht.

„Wir konnten früher einfacher unseren Lieferanten wechseln als unsere Textverarbeitung“, sagt Peter Hofmann, Projektleiter LiMux bei der Stadt München. Seit 2007 hat die Stadt 14.200 von 15.000 Arbeitsplätzen in der Verwaltung von Windows auf LiMux – zusammengesetzt aus Linux und München – umgestellt. Und damit gespart.

Denn trotz Kosten für Schulungen und Support, die auch bei dem neuen System anfallen, fällt vor allem der große Posten der Lizenzkosten weg. Statt 34 Millionen Euro kommt die Stadt so innerhalb des Projektzeitraums von acht Jahren nur auf 22 Millionen.

Die Technik kontrollieren

Doch es geht nicht nur um Geld. Sondern auch um den Gedanken hinter der Software. „Es geht um die Freiheit, unsere Technik zu kontrollieren und selbst zu bestimmen, was unser Computer tut“, sagt Karsten Gerloff, Geschäftsführer der Free Software Foundation Europe. Es gebe bei freier Software viel mehr Auswahl und Möglichkeiten, Computer nach den eigenen Bedürfnissen einzurichten. „Klar, bei Apple läuft auch alles prima – aber nur, solange man das tut, was Apple von einem erwartet und damit Geld verdient.“

Ein weiterer Vorteil laut Gerloff: Beständigkeit. Bestelle eine Bibliothek etwa eine Archivsoftware auf Open-Source-Basis, lasse sich die auch dann problemlos weiterentwickeln, wenn etwa der Entwickler pleitegehe. „Man muss das Produkt dann nicht gleich wegschmeißen.“

Ein Bereich, in dem sich freie Software schon etabliert hat, ist der Browser-Markt. Mozilla mit seinem Browser Firefox schafft es in fast in jedem Land der Welt auf zweistellige Marktanteile. Und die Finanzierung funktioniert trotz Open Source – wenn auch auf eine sehr spezielle Art. Im Jahr 2011 hat die gemeinnützige Stiftung 163 Millionen Dollar eingenommen.

Und die kommen vor allem vom Internetkonzern Google, der mit Chrome selbst einen Browser anbietet. Wer bei Firefox ein Wort in die Suchbox eingibt, nutzt standardmäßig Google und verschafft Mozilla somit Provisionszahlungen. Zum Vergleich: An Spenden und Projektmitteln erhielt die Stiftung im selben Jahr rund 1,4 Millionen Dollar.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • S
    Stefan

    »Free software is a matter of liberty, not price. To understand the concept, you should think of free as in free speech, not as in free beer.«

     

    Danke für den Beitrag. Man kann es nicht oft genug erklären.

  • O
    OSS

    Auch die taz nutzt einen Server mit debian und Apache.

     

    OSS ist gut. Zitat: "Doch es geht nicht nur um Geld. Sondern auch um den Gedanken hinter der Software."

     

    Aber wenn ich den mit freier (und kostenloser Software) erstellten Artikel der taz lesen will, dann muss ich erst die komische Pay-Wall wegklicken.

     

    Liebe taz, ihr wollt für Eure Arbeit einen finanziellen Obolus. Darf ich mal fragen, wieviel ihr bereits an OSS Projekte gespendet habt, die ja erst euren Internet-Auftritt ermöglichen und ind denen insgesamt viele Mannjahre an Arbeitsaufwand stecken?

  • O
    OpenSourcer

    @Jens Brehl,

     

    da empfehle ich am Anfang ne Knoppix- oder Ubuntu- Live-DVD; in das Laufwerk reinschieben und den Rechner neu starten, da wird er staunen!

    Kann man damit sofort problemlos ins Internet gehen, etc...

     

    Glück auf!

  • JB
    Jens Brehl

    Danke für diesen Beitrag, der mich daran erinnert, dass ich mich schon längst vermehrt mit Open Source Software und vor allem Linux beschäftigen wollte. Den Artikel habe ich gleich durch Twitter weiterempfohlen.

  • O
    OpenSourcer

    Wozu die Stadt München Schulungen für Linux und seine Anwendungen braucht?!

    Typisch Beamte eben...

    Linux ist einfach,

    OpenOffice ist einfach,

    Firefox ist einfach,

    Thunderbird ist einfach,

    einfach cool!