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Anti-Rassismus-Wahlgesetz abgeschafft„Attacken-Flut“ auf US-Minderheiten

Obama reagiert „tief enttäuscht“ auf die richterlich verfügte Änderung des Wahlgesetzes. Er fordert den Kongress auf, fairen Zugang zu den Wahlurnen zu garantieren.

USA: Eine gut bewachte Demo für Bürgerrechte Bild: ap

WASHINGTON dpa/ap/afp | Bürgerrechtler und Präsident Barack Obama kritisieren die Änderung des US-Wahlgesetzes scharf. Der Oberste Gerichtshof hatte einen Teil des Voting Rights Acts von 1965 gekippt, der die Wahlgesetze in einer Reihe von Bundesstaaten im Süden unter Aufsicht der Regierung in Washington gestellt hat. Mit der Regelung sollte sichergestellt werden, dass Afroamerikaner nach dem Ende der Rassentrennung ungehindert ihre Stimmen abgeben können.

Obama und Justizminister Eric Holder äußerten sich „zutiefst enttäuscht“ über das Urteil und sprachen von einem Rückschlag. Obama sagte, das mehrfach angewendete und wiederholt verlängerte Gesetz habe seit fast 50 Jahren geholfen, das Wahlrecht für Millionen Amerikaner zu sichern.

Mit dem Urteil werde eine der Schlüsselpassagen des Gesetzes eliminiert, die faire Wahlen garantiert habe. Obama rief den Kongress zum Handeln auf: Er müsse durch ein neues Gesetz sicherstellen, dass alle Bürger gleichermaßen Zugang zu den Wahlurnen hätten.

Der afroamerikanische Bürgerrechtsverband NAACP sprach von einer „empörenden“ Entscheidung des Supreme Court. Wähler aus ethnischen Minderheiten seien nun weniger geschützt vor der „Flut der Attacken, die wir in den letzten Jahren gesehen haben“, sagte NAACP-Präsident Benjamin Jealous.

Jealous spielte damit auf Versuche an, im Vorfeld der Präsidentschaftswahl 2012 die Stimmabgabe an neue Bedingungen zu knüpfen. Mehrere Bundesstaaten – die meisten im Süden gelegen und von Republikanern regiert – verabschiedeten Gesetze, wonach Wähler nur gegen Vorlage eines Ausweises mit Bild ihre Stimme abgeben dürfen. Teilweise wurden die Regelungen von Gerichten wieder kassiert.

Bürgerrechtsaktivisten kritisierten, dass die Wahlgesetze insbesondere Einwanderer benachteiligen. Viele Immigranten haben keine Geburtsurkunde und können daher nur mit großem organisatorischen und finanziellen Aufwand einen offiziellen Ausweis beantragen. Auch unter Afroamerikanern und in ärmeren Bevölkerungsschichten sind Ausweisdokumente weniger verbreitet.

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6 Kommentare

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  • KT
    komische typen

    Ist so ein bißchen wie U-Bahnfahren, wo es bei Kontrollen hilfreich ist, einen gültigen Fahrschein vorzuweisen. Darauf stelle ich mich ein.

  • M
    Mask

    Die deutsche Regelung mit dem Personalausweis ist eine riesige Ausnahme: in fast keinem anderen Land der Welt gibt es ueberhaupt einen Personalausweis, den man beantragen muss (dort identifiziert man sich ueber die Sozialversicherungsnummer oder aehnliches).

    Nur wer verreist, beantragt extra (fuer Geld, wie in Deutschland auch) einen Reisepass, das heisst (wie in Deutschland auch), wer kein Geld hat, um ins reisepasspflichtige Ausland zu reisen, hat auch keinen Reisepass.

     

    Damit werden in den USA also effektiv weniger reisende (aermere) Bevoelkerungsschichten ausgeschlossen, was nicht bedeutet, dass sie illegale ImmigrantInnen sind, sondern nur, dass sie aermer sind (und Ueberraschung: in den USA stellen die ImmigrantInnen, AfroamerikanerInnen etc einen Grossteil der aermeren Bevoelkerungsschichten).

  • J
    jemand

    @eksom "In Deutschland müssen wir doch entweder die Wahlbenachrichtigungskarte oder einen gültigen Personalausweis/Reisepass vorlegen." Irrtum, den Ausweis vorlegen müssen wir sowieso. Nur mit der Benachrichtigungskarte sind wir schneller im Verzeichnis zu finden.

     

    Für uns scheint das seltsam, aber ich kann mich erinnern, daß vor ca. 20-25 Jahren in Großbritannien ein Streit darum geführt wurde, ob auf den Führerscheinen ein Foto eingeführt werden sollte - dies wurde als Schritt zur Einführung des Personalausweises und damit mehr Kontrolle gesehen.

     

    Anderswo bekommen Menschen einen Finger eingefärbt, damit sie nicht doppelt wählen können. So ist es eben überall unterschiedlich.

  • H
    Hasso

    Wenn "Die toten Seelen" wählen dürfen, fürchten die Republikaner ihren Ku Klux Klan Status. Ein Farbiger ist Präsident-, und das soll nicht mehr vorkommen. "Das Land der unbegrenzten Unmöglichkeiten"!

  • E
    eksom

    In Deutschland müssen wir doch entweder die Wahlbenachrichtigungskarte oder einen gültigen Personalausweis/Reisepass vorlegen.

    In solchen Ländern, wo dies nicht so gehandhabt wird, gehen auch Kühe, Schafe, Esel und längst verstorbene mit variablen Adressen und sogar Ihrer Friedhofsadresse immer wieder wählen. Die AKP in der Türkei wurde in der Vergangenheit von Mindesten 40.000 bis 100.000 solchen nicht existierenden Wählern (meisten Tiere und Leichen) gewählt und gewinnt seither immer wieder die Wahlen.

  • T
    Twoply

    Bei der Stimmabgabe ist nun ein offizielles Ausweisdokument vorzulegen?!

     

    Welch himmelschreiende Ungerechtigkeit! Wie sollen denn dann die illegalen Einwanderer wählen, die ja sowieso kein Stimmrecht haben?!

     

    /s

     

    Kein Wunder, dass BHO das nicht gefällt.