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Kolumne PressschlagSchonwaschgang mit Weichspüler

Kolumne
von Markus Völker

Im ZDF-Werbespot schießt eine Nationalspielerin einen dreckigen Ball in die Waschmaschine. Was soll der Quatsch? Und warum spielt die deutsche Elf so miserabel?

Und rein mit der matschigen Pille! Bild: ZDF

W ährend die NSA just in dieser Sekunde wieder zwei Millionen Terabyte Daten aus deutschen Privatnetzen absaugt und Innenminister Hans-Peter Friedrich, der gerade in den USA brav Pfötchen gibt, dazu freundlich nickt, empört sich Frauenfußball-Deutschland also über einen schmutzigen Fußball, der von einer Kickerin recht gekonnt in eine Waschmaschine geschossen wird.

Es ist Frauenfußball-EM in Schweden, sagt der ZDF-Spot, schaut doch mal rein, liebe Zuschauer. Mehr ist da nicht. Der Spot ist handwerklich gut gemacht, weder spektakulär noch fad. Und doch erregen sich die Gemüter im Netz, weil ein Frauenbein neben einer Waschmaschine reicht, um ein Assoziationsnetz des Verdachts über die vermeintlich reaktionäre und schwer sexistische ZDF-Truppe zu stülpen. Könnte sie es womöglich ironisch gemeint haben? Wollte man sich spielerisch an Klischees heranwagen? Diese Fragen sind offenbar nicht wichtig, weil Surfen auf der Empörungswelle mehr Spaß macht als der analoge Dreikampf Nachdenken, Abwägen und Erörtern.

Nun ist das ZDF, allgemein das Öffentlich-Rechtliche, nicht vor Fehlern gefeit. Da hat es beim EM-Auftaktspiel der Deutschen gegen Holland ein Kommentator, Norbert Galeske, ans Mikrofon geschafft, der nicht als Journalist auftrat, sondern als Anwalt des Frauenfußballs. Aber wann kapieren es die Berichterstatter endlich mal: Die Frauenfußballerinnen brauchen keine Medienfuzzis, die sie mit Wattestäbchen abtupfen. Diese Spielerinnen sagen „Mannschaft“ und „Kapitän“. Und sie lachen eher über verkniffene Frauenfußballversteher aus den Redaktionen.

taz
Markus Völker

ist Sportredakteur der taz.

Warum fällt es so schwer zu sagen, dass die deutsche Mannschaft einfach mal hundsmiserabel gespielt hat gegen Holland, weit unter den Erwartungen blieb und hoffentlich jetzt endlich mal den Arsch hochkriegt. Warum redet keiner über das Coaching von Trainerin Silvia Neid, die nur noch im Amt ist, weil es ein gewisser Theo Zwanziger so wollte.

Sechs Millionen Zuschauer

Stattdessen säuselte Kommentator Galeske, die jungen Spielerinnen hätten sehr viel Spaß im Training und seien auch sehr motiviert. Ach wirklich, ist ja ein Ding!? Diese Art des wohlmeinenden Gefasels hat der Frauenfußball nicht verdient. Er fühlt sich zwar recht wohl in der Nische, aber deswegen muss man ihn ja nicht behandeln wie eine vom Aussterben bedrohte Art. Psst, bloß nichts Kontroverses sagen, das scheue Tierchen könnte ja vor Aufregung umkippen.

Sechs Millionen haben dem Treiben in Växjö am Donnerstagabend zugeschaut. Eine gute Quote. Das kennt man von der Frauen-WM in Deutschland. Damals versuchte man das ganz große Ding aus dem Nischensport zu machen. Alles sollte so sein wie bei den Männern: Überschwang, Autofähnchen und so. Es kam anders. Fast schien es, als hätte das fußballerische Unbewusste den Spielerinnen befohlen, die Erwartungen zu enttäuschen. Jetzt haben sie es schnuckelig im schönen Schweden. Wenn da bloß nicht dieser blöde ZDF-Spot wäre, über den alle reden.

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Redakteur
Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.
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9 Kommentare

 / 
  • BB
    Butter bei die Fische

    Tja, wenn im ZDF Aufsichtsrat jetzt 95% Frauen sitzen würden, konnte man ja über "Ironie" diskutieren aber so...? War es doch eher ein blöder Altherrenwitz.

     

    Statt das Ganze dann durch einen "Bügelboy" zu mildern - wieso kommt mir da spontan ein taz-Schreiberling in den Sinn, dessen Namen ich mir doch nicht mehr merken wollte... - hätte man die Kickerin vielleicht lieber mal ein auf der Waschmaschine aufgebautes Kaffee-Service mit der Pille abräumen lassen sollen.

     

    Diese "Ironie" wäre nicht mal mir entgangen.

     

    P.S.: Wenn schon, dann "Nur der HSV".

  • N
    NurderSVW

    Stimme dem Autoren zu, dass man den Frauenfussball einfach mal normal behandeln soll, ohne Klischees (positiv oder negativ). Aber der ZDF Werbespot ist einfach doof und erinnert unnötigerweise an solche Klischees. Auch wenn es ironisch gemeint sein soll, hinterlässt es einen unangenehmen Nachgeschmack. Finde es ok, den Clip zu kritisieren.

     

    Ich wünsche mir, dass der Sport einfach normal behandelt wird, und weder aus ideologischen Gründen verteidigt/verhätschelt noch runtergemacht/abgewertet wird.

     

    Stellt euch vor, Mädels spielen nicht Fussball, um irgendwas gendermässig zu beweisen, sondern weil es Spass macht.

     

    Liebe Medien, berichtet über den Sport und gut ist. Und dann kann man sich das Spiel entspannt angucken oder halt auch nicht. Danke!

  • A
    ah-ja

    Mit diesem Spot des ZDF werden - ob nun bewusst oder unbewusst - Rollenklischees und -stereotype reproduziert. Es ist wichtig, darauf aufmerksam zu machen. Und das geschieht mit der Kritik an diesem Spot.

     

    Die Werbung kommt auch nicht besser an, wenn Markus Völker "lobt", wie "ein schmutziger Fußball von einer Kickerin recht gekonnt in eine Waschmaschine geschossen wird". Ich habe bei keinem Fußballspiel oder -training (egal ob es sich um Spielerinnen oder Spieler handelt) eine Waschmaschine auf dem Platz gesehen, die es gekonnt zu treffen gilt.

     

    @genderpest:

     

    "Dass Frauen einfach nur Fussball spielen, geht nicht. Da muss eine Gendernummer draus gemacht werden."

     

    Ich finde es toll, wenn Frauen einfach nur Fußball spielen. Aber durch wen erfolgt denn die Zuschreibung des Besonderen bzw. von "der Norm" abweichenden, das extra bezeichnet werden muss? Wann wurde das letzte Mal eine Männerfußball-EM als eine solche gekennzeichnet? Oder trägt dieses Ereignis nicht regelmäßig den Namen Fußball-EM, ohne die "besondere" Kennzeichnung "Männer"?

    Das kann dann schon mal als anstrengend oder "Pest" empfunden werden, wenn die Bequemlichkeit des Schubladen-Denkens angekratzt wird. ;o)

  • A
    Anti-Korinthenkacker

    Guter Artikel, Markus Völker. Und viele Millionen (nein, so viele Leserinnen hat die taz nicht, also: viele tausend) intelligente und der Objektivität fähige Frauen werden ihn so verstehen, wie er ist: Sachlich, realistisch und frauenfreundlich. Die anderen, lauter, aber hoffentlich deutlich in der Minderheit, werden das nicht begriffen haben. (Und die notorischen Anti-Frauen-Stänkerer unter den Männern natürlich auch nicht.)

     

    Beim ersten Anschauen der ZDF-Programmwerbung für die Frauen-EM (übrigens: wann, außer zur Heim-WM, gab's sowas überhaupt schon mal?) dachte ich auch: Frau vor Waschmaschine geht gar nicht. Allerdings bekämpft man dumme Klischees am besten dadurch, dass man sie spöttisch zitiert. Und die Verspottung des Klischees liegt darin, dass Frau den Fußball souverän in die Waschmaschine kickt - objektiv unmöglich. Aber das Verständnis solcher Feinheiten ist leider weder jedem noch jeder gegeben...

  • C
    Couchkartoffel

    Schön, dass ich mich zukünftig nicht allein weiß, wenn ich am Sonntag wieder auf Frau Neid und Herrn Galeske fluche.

  • E
    ebennicht

    @Dadama

     

    Aber er ist doch eben gerade nicht verbiestert. Vielleicht haben Sie den Artikel falsch verstanden.

    Ich fand ihn sehr treffend, gute Argumente aus der Realität und nicht aus Genderhausen...

  • N
    nemorino

    Hat die TAZ keine Reporterinnen, die etwas von Damenfußball verstehen? Es ist doch sicher nicht im Sinne der sonst von der TAZ peinlich beachteten genderpolitischen Generallinie, dass es Männer sind, die hier über die sog. Damenfußball-Europameisterschaft schreiben. Mit Fußball hatte das vor allem extrem langsame und von einer Serie elementarer Unzulänglichkeiten (Flanken, Stoppen, Torschuss) geprägte Gewürge gegen die Niederlande ohnehin kaum etwas zu tun.

  • G
    genderpest

    Der deutsche Genderfeminismus ist eine Pest, die sich in alle öffentlichen Bereiche ausbreitet. Dass Frauen einfach nur Fussball spielen, geht nicht. Da muss eine Gendernummer draus gemacht werden.

  • D
    Dadama

    So jung und schon so verbiestert und verkopft? So humorlos und guckt auch schon ganz böse. Und regt sich schon ganz furchtbar auf. Ein neuer Stern am "journalistischen" taz-Himmel. Ein Frauenversteher. Ganz brav, Markus Völker. Nettes Kerlchen.