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Heißes Niedersachsen-DerbyDie besseren Raubeine

Hannover ringt zum Auftakt der Fußball-Bundesliga Wolfsburg nieder. Die VW-Elf wird für den Versuch, das harte Spiel der Gastgeber zu kopieren, doppelt bestraft.

Voll eingeschlagen: Leon Andreasen ist für Hannover 96 wie ein Neuzugang Bild: dpa

HANNOVER taz | Zu den Deutungsversuchen, die der angesäuerte Klaus Allofs unternahm, gehörte eine bittere Erkenntnis: „Dieses robuste Spiel mit taktischen Fouls, das können die richtig gut und besser als wir“, sagte der ehrgeizige Geschäftsführer des VfL Wolfsburg. Die – das sind die rauflustigen Spieler von Hannover 96, deren Start in die 51. Saison der 1. Fußball-Bundesliga gelungen ist. Mit Angriffslust und Einsatzbereitschaft hatten sie ihren niedersächsischen Rivalen in die Knie gezwungen.

Spielentscheidend beim 2:0-Erfolg waren neben den Toren von Leon Andreasen in der 17. und Szabolcs Huszti in der 84. Minute zwei Platzverweise gegen Wolfsburger. Weil sie versucht hatten, die harte 96-Spielweise zu kopieren und dabei das nötige Geschick vermissen ließen, sah Maximilian Arnold in der 32. Minute die Rote und Timm Klose in der 52. die Gelb-Rote Karte.

Zwei Wolfsburger fliegen

Der sichtbarste Beleg dafür, wie unangenehm und zuweilen schmerzhaft Hannover 96 Fußball spielen kann, war das Lamentieren und Fluchen von Diego. Immer wieder wurde Wolfsburgs Spielmacher gefoult, gebremst und geärgert. Natürlich ist der technisch begnadete Brasilianer den meisten Gegenspielers deutlich überlegen. Aber den Wolfsburgern, die so gerne wieder die Nummer eins im Fußball-Norden sein möchten, fehlte die Cleverness, um zu einem Erfolgserlebnis zu kommen.

„Wir fühlen uns nicht ganz korrekt behandelt. Beide Entscheidungen waren sehr hart“, sagte VfL-Trainer Dieter Hecking mit Blick auf die Platzverweise. Trotzdem gab er sich stolz: Obwohl die Wolfsburger fast die gesamte 2. Halbzeit mit zwei Profis weniger auf dem Feld waren, ärgerten sie Hannover tüchtig und hatten den Ausgleich bei zwei Lattentreffern vor Augen. Aber die Puste reichte nicht, um das entscheidende zweite Tor durch Huszti abzuwenden.

An dem Kraftakt, den beide Teams gezeigt hatten, fand vor allem einer großen Gefallen: Mit Leon Andreasen ist ein Routinier in das Team von Hannover 96 zurückgekehrt, der wie ein Neuzugang einzustufen ist. Der Däne hat schon eine zweijährige Zwangspause wegen rätselhafter Leistenbeschwerden hinter sich. Als er im Vorjahr an die Wende zum Besseren geglaubt hatte, warf ihn ein Kreuzbandriss erneut zurück. „Ich bin einfach nur glücklich, dass alles so gelaufen ist und mein Knie gehalten hat“, sagte der 30-Jährige, den die Fans wie einen Helden feierten, als er in der 73. Minute wegen Knöchelbeschwerden vorsichtshalber ausgewechselt wurde.

Verteidiger Marcelo kommt

„Es ist eine Freude, ihm zuzusehen“, befand 96-Präsident Martin Kind, der kurz nach dem Spiel bestätigte, dass er weitere Verstärkung bewilligt hat: Der brasilianische Innenverteidiger Marcelo vom PSV Eindhoven soll bis 2017 die in der Vorsaison anfällige Defensive festigen. Damit geht die Runderneuerung eines Teams weiter, das unbedingt wieder einen Platz im europäischen Fußball erkämpfen soll.

Genau dieses Ziel verfolgt auch der VfL Wolfsburg, beschreitet aber einen anderen Weg: Das Hecking-Team möchte offenbar mehr kombinieren und brillieren. Damit war es dummerweise gleich zum Saisonauftakt an den völlig falschen Gegner geraten.

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