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Regenbogenaktion bei Leichtathletik-WMAthletin mit klarem Plädoyer

Um gegen das russische Antihomosexuellengesetz zu protestieren, lackierte die Schwedin Emma Green Tregaro ihre Fingernägel in Regenbogenfarben.

Trotz rotem Nagellack, „als Symbol der Liebe“, schaffte Emma Green Tregaro beim Finale am Samstag keine Medaille. Bild: reuters

STOKHOLM taz | „In der Schule war ich immer das kleine, nette Mädchen“, berichtete Emma Green Tregaro vor ein paar Jahren über ihre Kindheit: „Ich traute mich nie etwas zu tun, was ’man nicht machte'.“

Am Mittwoch vergangener Woche tat die schwedische Hochspringerin etwas, was sie nach Meinung des Internationalen Leichtathletikverbands IAAF nicht machen durfte. Jedenfalls nicht in Moskau. Sie hatte sich bei der Qualifikation zum Hochsprungfinale der dortigen WM die Fingernägel in Regenbogenfarben lackiert. Und damit das auch niemandem entging, ein Foto auf ihren Instagram-Account gestellt.

„Um zu zeigen, wofür ich stehe“, als „kleine Geste“, die „hoffentlich einige Gedanken wecken kann“, wie sie danach erklärte. Der Nagelprotest gegen das russische Antihomosexuellengesetz wurde zu einer internationalen Nachricht.

Der Chef von „Stockholm Pride“ zeigte sich „stolz, dass Emma Schweden repräsentiert und offen Stellung bezieht“. Green Tregaros russische Leichtathletikkollegin, die Stabhochsprungweltmeisterin Jelena Issinbajewa, nannte die kosmetische Aktion „respektlos“.

Zum Finale am Samstag trat die 28-jährige schwedische Spitzensportlerin und EM-Zweite von 2010 mit roten Fingernägeln an: „Als Symbol der Liebe. Und meine Ansicht habe ich nicht geändert.“ Für den Fall einer Wiederholung der „Regenbogenaktion“ habe die Disqualifikation durch den IAAF und die Verhängung von Bußgeldern gegen den schwedischen Leichtathletikverband gedroht, erklärte ihr Ehemann und Trainer Yannick Tregaro. Er twitterte: „Liebe ist die stärkste Kraft, die unsere Seele hervorbringen kann. Viel Glück, russische Regierung, beim Versuch, diese besiegen zu wollen.“

99 Prozent der Reaktionen, die sie bekommen habe, seien positiv gewesen, berichtete Emma Green Tregaro. „Und das freut mich.“ Ob sie Nagellackentferner und verschiedene Lackfarben dabeihatte, um bei einer möglichen Siegerehrung noch einmal eine „Geste“ zu wagen, wird sich nicht klären lassen: Obwohl sie beim Finale am Samstag mit 1,97 Meter ihren höchsten Sprung dieses Jahres schaffte, kam die Schwedin nur auf den fünften Platz.

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13 Kommentare

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  • M6
    moses 64

    @rainer spricht einen wesentlichen punkt an: die freiheit des andersdenkenden! und bei sportveranstaltungen gibt es mindestens zwei ebenen, die zu beachten sind. die sportliche ebene im stadion und die pressekonferenz. in der PK gilt mal spätestens die freie meinungsäußerung! dies sicherte sich die IAAF und darauf muss auch das IOC für die olympischen spiele drängen. proteste jeglicher form im stadion sind jedoch problematisch: wer wird denn die moralisch/ethische instanz, die festlegt, welcher protest politisch korrekt ist und welcher nicht? sie rainer B. oder der autor der TAZ oder wer?? da kann es nur eine option geben, wenn mann eben sportveranstaltungen nicht gnadenlos instrumentalisieren will: keine politischen, religiösen oder weltanschaulichen demos im stadion! zur zeit wird der sport vor allem in politisch problematischen staaten wie russland oder china gnadenlos von bestimmten gutmenschen instrumentalisiert. habe ich klare worte von deutschen politikern oder gar wirtschaftsführern in den letzten wochen massiv verpasst?? wohl kaum!

    • @moses 64:

      Vielleicht haben Sie es ja nicht mitbekommen, aber es ist der Schlechtmensch Putin, der allen im Land seine Vorstellung von "richtiger" sexueller Orientierung aufzwingen will.

  • ...alle die an diesen Sportveranstaltungen teilnehmen 'kriechen Herrn Putin in den Arsch', auch wenn sie sich die Fingernägel bunt anmalen.

    • A
      Arne
      @Tadeusz Kantor:

      Ich hoffe, alle Abgeordneten des Europäischen Parlamentes lackieren sich auch so lange die Fingernägel in Regenbogenfarben, bis Litauen endlich aus der EU geflogen ist.

      Denn lt. Wiki:

      "Am 16. Juni 2009 stimmten schließlich, bei drei Gegenstimmen und vier Enthaltungen, 67 Abgeordnete der Seimas für ein Gesetz, das die Thematisierung von Homosexualität an Schulen und öffentlichen Orten, an denen sich Jugendliche aufhalten könnten, verbietet."

      Verlogen ist es auf jeden Fall, Rußland zu kritisieren und ein ähnliches Gesetz in einem EU-Staat zuzulassen.

    • @Tadeusz Kantor:

      Kann man so sehen, aber dann machen internationale Sportveranstaltungen irgendwie überhaupt keinen Sinn mehr.

      • @Rainer B.:

        So gesehen ja. Ehrlich gesagt finde ich den 'Protest' von Emma Green Tregaro einfach nur verlogen. Er dient einzig und allein nur der Steigerung ihres 'Marktwertes'.

        • @Tadeusz Kantor:

          Ist aber nur Spekulation. Kann sein, kann aber auch nicht sein. Möglicherweise schadet die Sache auch ihrer Karriere und der Marktwert der Sportler, die keine Position bezogen haben, steigt. Ich finde, Sie hat was riskiert. Natürlich wär es schöner, wenn alle Sportler ein Zeichen gesetzt hätten, aber sowas lässt sich kaum organisieren bei solchen Veranstaltungen.

  • A
    Ah-ja

    Ich finde es einfach nur traurig, dass der IAAF ein Zeichen dafür, dass allen Menschen die gleichen Rechte zustehen, für rügenswert hält und Sanktionen androht. Homophobe Statements sind im Gegenzug aber völlig ok. Und sich dann vielleicht auf die Gesetzeslage in einem Land zu berufen, speziell die russische, ist armselig. Menschenrechte sind immer am höchsten zu bewerten.

  • Eine kleine, aber wichtige Geste. Respekt! Sie war wohl auch nicht die einzige Athletin, die sich gegen Diskriminierung von Homosexuellen in Russland positioniert hatte. Frau Issinbajewa hält es für respektvoll anderen Sportlern gegenüber, Herrn Putin in den Arsch zu kriechen. Das ist einfach nur lächerlich.

    • R
      Rainer
      @Rainer B.:

      Hier kriecht keiner irgendwem irgenwohin. Erschreckend ist vielmehr die durchsichtige Polemik der westlichen Presse. Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden! So auch derjenigen von Fr. Issinbajewa! Das Gesetz diskriminiert keineswegs Homosexualität, sondern schränkt lediglich die Informationsverbreitung gegenüber Kindern ein. In Deutschland heißt sowas: Schutz vor Kinderpornographie. Im UK will Cameron unter diesem Deckmantel den Zugriff aufs Internet zensieren - wo bleibt hier der Aufschrei der achso freien Welt?? Mir scheint vielmehr, hier werden liebgewonnene Ressentiments gegenüber Russland bedient im Vorfeld der Olymp. Spiele. Das inszenierte Gezeter erinnert an die an den Haaren herbeigezogene Propaganda im Vorfeld der Spiele in Peking und das von Ländern wie den USA mit einem institutionalisierten Rassismus oder der BRD in der die Regierung vom Bundesverfassungsgericht regelmäßig gezwungen wird Homosexuelle nicht zu diskriminieren...

      • @Rainer:

        Was hat bitte Kinderpornographie mit Regenbogenfarben auf Fingernägeln zu tun?

        Welche Gefährdung für Kinder soll denn davon ausgehen?

        Hab ich oder sonstwer Frau Issinbajewa etwa verboten anders zu denken? Da schmeißen Sie aber einiges durcheinander.

        • A
          Arne
          @Rainer B.:

          Hat Frau Issinbajewa irgendetwas irgendjemanden verboten, wenn sie sagt, dass sie das respektlos findet???

          • @Arne:

            Sie unterstützt damit direkt Putins Homosexuellen-Hetze. Das ist nicht nur respektlos gegenüber anderen Sportlern, sondern opportunistisch und niederträchtig.