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Schweden und die syrischen FlüchtlingeAsyl statt Assad

Als erstes EU-Land gewährt Schweden allen Flüchtlingen aus Syrien eine Daueraufenthaltserlaubnis. In Deutschland ist die Lage anders.

Freundliche Menschen, diese SchwedInnen: Diese hier freut über die königliche Hochzeit. Bild: dpa

OSLO/BERLIN/BRÜSSEL taz | Als erstes europäisches Land hat Schweden beschlossen, allen syrischen Flüchtlingen Asyl zu gewähren. Juristisch wird ihnen eine „permanente Aufenthaltserlaubnis“ angeboten, die ihnen selbst einen unbegrenzten Aufenthalt ermöglicht und auch den Weg zum Familiennachzug für Angehörige öffnet.

Direkt betroffen von dieser Regelung sind zunächst rund 8.000 Flüchtlinge, die sich bereits in Schweden aufhalten und bislang befristete Aufenthaltserlaubnisse hatten. Sie gilt aber auch für alle Syrer, die in Zukunft nach Schweden kommen.

Der Konflikt habe sich „gelinde gesagt deutlich verschlimmert“ und man gehe davon aus, dass er „in absehbarer Zeit nicht beendet sein wird“, gab Anders Danielsson, Generaldirektor der Migrationsbehörde als Begründung an. Er betonte, dass sich damit erstmals für Syrer ein legaler Weg in die EU geöffnet hat.

Man sei sich bewusst, dass nun der Zustrom von Flüchtlingen aus Syrien steigen werde, sagte Migrationsminister Tobias Billström in einem Interview und nannte es deshalb auch „wichtig, dass andere Länder, dem schwedischen Beispiel folgen“. Cecilia Malmström, die schwedische EU-Kommissarin für Innenpolitik, erklärte, sie werde „andere auffordern, so wie Schweden zu handeln“.

Vertreter mehrerer schwedischer Kommunen begrüßten den Beschluss Stockholms: Die Sicherheit, dass diese Menschen nun dauerhaft bleiben könnten, erleichtere ihre Aufnahme und Etablierung in Schweden.

Befristeter Aufenthalt in Deutschland

Deutschland hatte sich im März diesen Jahres dazu entschlossen, maximal 5.000 Syrern eine befristete Aufenthaltsgenehmigung für zwei Jahre zu erteilen. Bevorzugt werden Flüchtlinge, die Verwandtschaft in Deutschland haben. Die meisten Visa werden von der deutschen Botschaft im libanesischen Beirut ausgestellt.

Bislang sind 250 Kontingentflüchtlinge in Deutschland eingetroffen. Diese sind sämtlich individuell eingereist und haben ihr Flugticket selbst bezahlt. Der erste von der Bundesregierung finanzierte Charterflug mit rund 110 syrischen Flüchtlingen wird am nächsten Mittwoch in Hannover erwartet. Bis Anfang 2014 dürften dann alle der akzeptierten 5.000 Flüchtlinge hier sein, heißt es aus dem Innenministerium.

Diese Personen werden zunächst im niedersächsischen Friedland untergebracht und dann auf die Bundesländer verteilt. So entfallen etwa auf Bayern 750 Flüchtlinge, auf Nordrhein-Westfalen 1.061 und auf Baden-Württemberg 650. Anders als Asylsuchende erhalten die Flüchtlinge eine Arbeitsgenehmigung und haben im Falle einer nachweisbaren Bedürftigkeit auch Anrecht auf Hartz-IV-Leistungen.

Verschärfung der Krise

Aufgrund der katastrophalen humanitären Lage in Syrien haben sich einzelne Länder, darunter etwa Baden-Württemberg, dazu entschlossen, zusätzlich 500 syrische Flüchtlinge aufzunehmen. Allerdings gilt dies nur, wenn sie Verwandte in Deutschland haben und diese sich verpflichten, für sämtliche anfallenden Kosten aufzukommen.

Bundesinnenminister Friedrich (CSU) hat grundsätzlich einem erweiterten Familienzuzug zugestimmt. Die Länder müssen beim Innenministerium entsprechende Anträge stellen. Der Sprecher der Bundesregierung Steffen Seibert betonte am Mittwoch, die Bundesregierung werbe bei europäischen Partnern dafür, ihr Engagement zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge zu erhöhen.

Die EU rechnet zwar mit einer Verschärfung der Flüchtlingskrise in Syrien, plant aber noch keine gemeinsame Antwort. Bisher entscheidet jedes EU-Land allein, ob es syrische Flüchtlinge aufnimmt oder nicht. Die für humanitäre Hilfe zuständige EU-Kommissarin Georgieva wies zwar darauf hin, dass sich die Zahl der Flüchtlinge seit März verdoppelt habe. Es gelang ihr jedoch ebenso wenig wie der Außenbeauftragten Ashton, eine gemeinsame Strategie zu formulieren.

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12 Kommentare

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  • F
    Finchen

    Schweden ist ein kleines bisschen größer als Deutschland. ich bitte das zu bedenken, bevor die Kritik an deutschen Asylaufnahmeverfahren stattfindet.

  • U
    Ungereimtheiten

    Ein "legaler Weg in die EU" ist auch das deutsche Aufnahmeprogramm (5.000 Syrer). Das gilt auch für den Familiennachzug. Die 500 im Artikel genannten Personen will Baden-Württemberg allein aufnehmen, Nordrhein-Westfalen sogar 1.000. Die Schweden haben vor allem das Verwaltungsverfahren für die bei ihnen lebenden Syrer vereinfacht, die sonst übliche Einzelfallprüfung wird durch eine gruppenbezogene Regelung ersetzt. Flüchtlinge sind übrigens beim Familiennachzug durch die EU-Familiennachzugsrichtlinie privilegiert (z.B. bei fehlender Unterhaltsfähigkeit), die gilt auch für Schweden, demnach war auch bisher schon Familiennachzug (nach Schweden) möglich.

  • B
    Bernhard

    Dann kann man nur hoffen, dass die Schweden die Syrer besser integriert bekommen als die hier: http://www.zeit.de/wirtschaft/2013-05/Stockholm-Schweden-Krawalle-Jugendliche-Husby

  • In Schweden sind offensichtlich Menschen in der Regierung. Im so wirtschaftl. "erfolgreichen" Deutschland wird gefeilscht. Wer hier Verwandte mit Geld hat, ist willkommen. Danke Schweden ! Du offenbarst die Scheinheiligkeit deines südl. Nachbarn und anderer.

    • @lions:

      So hätte mein Kommentar auch gelautet.

    • A
      amigo
      @lions:

      Völlig richtig!

      Allein Hamburg hat über 10.000 Einkommensmillionäre.

      Dieser priviligierte Personenkreis wird sich bestimmt besonders engagieren. Oder?

    • AS
      alter Schwede
      @lions:

      Nun diejenigen, die den Krieg angezettelt haben (also USA, Saudi Arabien, Türkei und andere nicht nennbare Parteien) haben natürlich auch ein Interesse daran, riesige Flüchtlingsstöme zu erzeugen, die vorzugsweise nach Europa kommen, zu erzeugen.

      Gibt es eigentlich auch so etwas wie schwedische Eigeninteressen?? Sind die Schweden dafür?

      • @alter Schwede:

        @ Bernhard

        Alternative für alle mit Bedenken: Tausendfacher Tod und unsere Vorgärten bleiben sauber.

        Es gibt dringenden Handlungsbedarf und das hat die schwedische Regierung erkannt.

        Mal gucken, was andere bereit sind zutun, führt zum Nichtstun in höchster Not. Hier geht´s nicht um Schuld, sondern um Menschlichkeit.

        • GI
          Gleich ist nicht das selbe
          @lions:

          Um Menschlichkeit geht es auch für Flüchtlinge aus Kongo z.B., aber über dieses Land wird im Gegensatz zu früher gerade hier nur noch sehr wenig berichtet (andere Medien gar nicht). Die Menschen aus Kongo wo im Osten des Landes seit 15 Jahren Krieg ist, wo über 5 Millionen Menschen sterben mussten, die bekommen, sollten sie hier stranden so gut wie kein Asyl, außer sie hätten Beweise dabei von wem sie verfolgt und gefoltert wurden oder sie haben die Kugeln noch im Körper um einen Hauch einer Chance auf Aufenthalt zu bekommen.

          • @Gleich ist nicht das selbe:

            Dagegen ist nichts einzuwenden. Im Kongo wie in Syrien werden Waffen gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt, die aus den Staaten entstammen, die sich so vehement gegen großzügige Aufnahme von Kriegsflüchtlingen wehren. Die Probleme sind hausgemacht.

            • GI
              gleich ist nicht das selbe
              @lions:

              Wen meinen Sie damit die Probleme sind hausgemacht. Das die Flüchtlinge die Probleme gemacht haben oder das westliche Regierungen diese hausgemachten Probleme geschaffen haben wegen der Erdschätze ??

              Jedenfalls sind die Flüchtenden doppelt gestraft, drüben Verfolgung, Vergewaltigung, Mord und hier will man sie nicht wie Menschen in Freiheit leben und arbeiten lassen, sondern sie abschieben, während andere Flüchtlinge sofort hier Aufenthalt bekommen, leben die aus dem Kongo 10 und weit mehr Jahre hier, um dann doch abgeschoben zu werden.

              • @gleich ist nicht das selbe:

                Im zweiten Sinne- lässt sich aus meiner Herleitung, denke ich,erkennen