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Greenpeaceaktivisten in RusslandDoch keine Piraten

Für Russlands Präsident Putin sind die 30 festgenommenen Greenpeaceaktivisten keine Piraten. Trotzdem sitzen sie erstmal in Untersuchungshaft.

Polare Piraten? Umweltaktivisten in Murmansk auf dem Weg zur Befragung. Bild: dpa

MOSKAU taz | In die Affäre um die versuchte Besetzung einer Ölplattform durch Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace hat sich jetzt Russlands Präsident Wladimir Putin eingeschaltet. „Ich kenne nicht die Details, doch es ist ganz offensichtlich, dass sie keine Piraten sind“, sagte Putin am Mittwoch bei einer Veranstaltung in Salechard am nördlichen Polarkreis.

Zugleich verteidigte Putin das Vorgehen russischer Sicherheitskräfte. Diese „hätten nicht gewusst, wer da unter dem Deckmantel von Greenpeace versucht, die Bohrinsel zu besetzen“. Zwei Greenpeaceaktivisten waren am 18. September festgenommen worden, als sie auf eine Plattform der staatlichen Erdgasfirma Gazprom klettern wollten, um gegen Ölbohrungen in der Arktis zu protestieren. Am Tag darauf stürmte die Küstenwache den Greenpeace-Eisbrecher „Artic Sunrise“ mit 30 Aktivisten an Bord. Derzeit sitzen sie in Murmansk in Untersuchungshaft.

Noch am Dienstag hatte Präsidialamtschef Sergej Iwanow gesagt, die fehlgeschlagene Kaperung der Gazprom-Bohrinsel erinnere ihn an Piraterie vor Somalia. Präsident Wladimir Putin formulierte es bei einem Treffen mit Staatschefs der arktischen Anrainerstaaten Finnland und Island verhaltener.

Der Kremlchef wurde dabei von Rosneft-Chef und Vizepremier Igor Setschin begleitet. Welche Bedeutung Moskau der Sicherung der arktischen Ressourcen beimisst, ließ sich auch an den versammelten Wirtschaftsoligarchen ablesen – darunter auch Putins Freund, der Energiemagnat Gennadi Timtschenko.

Begehrte Ressourcen

Die Arktis weckt seit Langem nicht nur bei den Anrainerstaaten Begehrlichkeiten. Der Gipfel in Salechard soll den Dialog zwischen den Nachbarn institutionalisieren. Während des Kalten Krieges zählte die Arktis zu den militarisiertesten Regionen der Welt. Derzeit entbrennt der Streit um die Verteilung der Ressourcen erneut. Russland will spätestens 2014 bei der UN-Kommission für Meeresrecht die Zuteilung eines größeren Gebietes beantragen. Moskau geht davon aus, dass der russische Kontinentalschelf weiter reicht als bislang angenommen.

Unklar blieb, ob Putins Worte direkten Einfluss auf das weitere Schicksal der Aktivisten haben, die derzeit in Murmansk verhört werden. Am Dienstag hatten die russischen Behörden ein Verfahren wegen Piraterie angekündigt. Im Falle einer Verurteilung drohen den Aktivisten bis zu 15 Jahre Gefängnis sowie Geldstrafen in Höhe von 500.000 Rubel (11.600 Euro). Die Beschuldigten stammen aus 18 verschiedenen Ländern. (mit ap)

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