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Greenpeace-Mitarbeiterin über Murmansk„Nicht mal Trinkwasser“

28 Aktivisten von Greenpeace sind in Russland inhaftiert worden. Sol Gosetti spricht über die Haftbedingungen, Druck von Außen und das russische Regime.

„Wir kommunizieren also nur über die Anwälte mit unseren Aktivisten.“ Bild: reuters
Martin Kaul
Interview von Martin Kaul

taz: Frau Gosetti, Sie unterstützen //www.taz.de/Greenpeaceaktivisten-in-Russland/!124373/:in Murmansk die 28 Aktivisten und zwei Journalisten, die seit einer Greenpeace-Aktion vor drei Wochen in Haft sitzen. Wie geht es ihnen?

Sol Gosetti: Einige von ihnen bekommen kein sauberes Trinkwasser, andere werden rund um die Uhr videoüberwacht. Eine Aktivistin lebt vegan und hat seit ihrer Inhaftierung nur Gemüsebrühe und Brot gegessen. Wir haben ihr nun Nüsse und Trockenfrüchte zukommen lassen, aber das war nicht leicht.

Wieso?

Greenpeace selbst hat keinen direkten Zugang ins Gefängnis und zu den Gefangenen. Nur Anwälte, Diplomaten und lokale Nichtregierungsorganisationen können hinein. Wir kommunizieren also nur über die Anwälte mit unseren Aktivisten.

Sie haben mit einer 20-köpfigen Greenpeace-Gruppe ein Krisenzentrum in Murmansk eröffnet. Wo haben Sie denn Ihr Lager aufgeschlagen?

Das teilen wir aus Sicherheitsgründen nicht mit.

Im Interview: Sol Gosetti

28, arbeitet für Greenpeace Argentinien. Derzeit unterstützt sie im russischen Murmansk die inhaftierten Greenpeace-Aktivisten.

Aus Angst vor den Behörden?

Wir haben keine Angst, aber wir sind vorsichtig.

Was machen Sie denn genau?

Das Wichtigste, was die Inhaftierten jetzt brauchen, ist die Gewissheit, dass wir alles tun werden, um ihnen bestmöglich zu helfen.

Die internationale Unterstützung ist enorm. Es gibt Proteste in dutzenden Ländern, diplomatische Verhandlungen. Die Niederlande haben ein Verfahren vor dem Internationalen Seegerichtshof eingeleitet …

Wir brauchen jetzt auch jede Art von Druck. Greenpeace hat eine jahrzehntelange Tradition gewaltfreien Protests. Unsere Aktivisten wollten gegen Ölbohrungen in der Arktis und die Zerstörung dieser für die Menschheit lebenswichtigen Region demonstrieren. Dann wurden sie von bewaffneten, maskierten Männern festgenommen. Jetzt droht ihnen eine Höchststrafe von 15 Jahren wegen angeblicher bandenmäßiger Piraterie – das ist ein Vorgang, wie wir ihn aus der Greenpeace-Geschichte kaum kennen. Seit 1985 die „Rainbow Warrior I“ vor Neuseeland vom französischen Geheimdienst versenkt wurde, haben wir keinen solchen Angriff gegen unsere Aktivisten mehr erlebt.

Der Effekt: Ihre jahrzehntelange Arbeit zum Schutz der Arktis genießt nun ungekannte Aufmerksamkeit.

Das stimmt. Aber wir wollen ja nicht gegen das russische Regime, sondern gegen das unverantwortliche Handeln in der Arktis kämpfen. Dort droht ein Verteilungskampf von privaten Multis, die für ihre Ölgeschäfte das globale Ökosystem aufs Spiel setzen. Die massiven Angriffe gegen unseren Aktivisten sollen uns lähmen.

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9 Kommentare

 / 
  • H
    Hensho

    @ Tolokno:

    welche "einigermaßen zivilisierten Länder" sollen denn das sein?

    Deutschland ohne Meinungsfreiheit und eigene Nordsesküste, die mittlerweile der Unesco gehört? USA ohne in Amerika geborenem Präsidenten und staatliche Zentralbank? Spanien ohne Regierung mit Gewissen, das zuschaut, wie ihren Leuten reihenweise die Häuser abgeknüpft werden? Griechenland mit Goldmann Sachs anstatt Regierung? Frankreich mit Staatschefs die Freimaurer-Handschläge mit Gadaffi machen und Islamisten aufrüsten?

     

    Im Gegensatz zur Nato, die die halbe Welt mit Uranmunition verseucht und wahrscheinlich die NSU Morde gesteuert hat lügt Putin nicht über die wirklichen Täter der Giftgasattentate in Syrien, hat so vielleicht gerade den Beginn des 3. Weltkrieges um ein halbes Jahr rausgezögert und hat in Bezug auf Greenpeace wohl Angst, dass diese Organisation, die von westlichen Oligarchen gesteuert wird, mißbraucht wird, um Russland weitere Imageschäden zuzufügen. (Siehe letztens die Greenpeace Aktion im Fußballstadion)

     

    Das Interview ist interessant und die Aktionen mancher Aktivisten sicherlich löblich. Aber die Kommentare etwas naiv.

     

    Vielleicht gibts in Russland keine Rechtsstaatlichkeit. Aber dann gehen wir doch mit gutem Beispiel voran und fangen mal bei uns an.

    • @Hensho:

      Na, dann fangen Sie mal an. Zur Zeit sieht es nach Kampf gegen die Windmühlen aus.

  • G
    Gast

    Die EU wird denen schonen helfen. Einen Scheissdreck wird die EU tun.

  • Vll. dämmerts langsam den Putin-Freunden. In Russland gibts keine Rechtsstaatlichkeit und kein Menschenrecht, nur eine mit Demokratie bepinselte Diktatur.

    • R
      RockinDC
      @lions:

      Hi Anamolie,

      du wirfst ja mit großen Worten um dich herum. Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, Diktatur.Wenn du so bewegende Worte benutzt dann solltest dann deine Kritik Global einsetzen zb als Vergleich. Nehmen wir mal das "Land of the free"..Dort gibt es nur 2 Parteien,komplett finaziert aus der Kapitalelite. Sieh können nur in dem Kapitalsystem endscheiden.Ergo, eine Kapitaldikatur. Wie in dem Kommunissmus auch.Google mal was Demokratie bedeutet. Versteht mich nicht falsch. Putin ist kein Heiliger. Greenpeace hat unerlaubt russisches Terrotorium betreten. Das ist Piraterie! Fakt! Was hat jede nationale Sau, (Irak, Panama,Russland,Syrien, Nord Korea, Lybien etc) gemeinsam die durchs Dorf getrieben wird? Endweder erkennen sie die Weltwährung nicht an oder wollen sich lösen. MERKE, die USA ist pleite, die FED druckt Dollars wie verrückt, dadurch ist er nichts mehr wert.Deswegen möchten viele Staaten in eine andere Währund ausbezahlt werden. Die sind dann böse.. Die Sau ist jetzt Russland! Die kann man aber nicht angreifen..die "hauen" zurück! Deswegen das Russland bashing durch die Presse in westlichen Staaten feat USA Gruss an alle

      • @RockinDC:

        "Land of free" meine ich ganz gewiss nicht.

         

        " Greenpeace hat unerlaubt russisches Terrotorium betreten. Das ist Piraterie! Fakt!"

         

        Unsinn ! Die AWZ lässt nur sehr eingeschränkte Hohheitsrechte zu.Informieren Sie sich, bevor " Fakt !"

        Wie definieren Sie Piraterie? Ich nenne Ihnen ein paar Stichworte, auch bei Wiki zulesen: Entern (Schiff unter Kontrolle bringen) Erbeuten, Gewalt.

        Trifft eins davon zu ?

        Schon eher auf die russ. Behörden.

        Das VERGEHEN der Aktivisten( nicht der artic sunrice) ist Missachtung der 500m-Zone und Hausfriedensbruch.

        Piraterie- dass ist ein großes Wort.

         

        "MERKE, die USA ist pleite, die FED druckt Dollars wie verrückt, dadurch ist er nichts mehr wert."

         

        Was Sie alles in meinen Beitrag rein interpretieren, ist schon erstaunlich. Was glauben Sie, wie recht ich Ihnen damit gebe. Mensch, legen se sich ein paar mehr Schubladen an, dann müssen Sie nicht ihr "geballtes Wissen" bei irgend jemandem abladen.

         

        Jetzt können Sie lamentieren.

  • T
    Tolokno

    Russland ist ein Gangsterstaat: Greenpeace-Schiff kapern, die Leute entführen und auf dem Festland in den Kerker werfen. Das ist Piraterie, und dafür muß Russland vor einem internationalen Gericht angeklagt werden. Die einigermaßen zivilisierten Staaten der Welt dürfen sich nicht von einem kriminellen Staat wie Russland die Regeln diktieren lassen. Was kommt denn als Nächstes? Werden kritische ausländische Korrespondenten in den Gulag verfrachtet, weil sie gegen einen von Putins Gummiparagraphen verstoßen haben? Die internationale Demokratie muß Russland endlich Grenzen aufzeigen, falls nötig mit Wirtschafts- und andern Sanktionen.

    • J
      Justice
      @Tolokno:

      Kann man wahrscheinlich leider so unterstreichen!

    • NC
      na chuj
      @Tolokno:

      Die "internationale Demokratie" wird einen Scheiß tun, weil sie eine Farce ist und nur dazu dient, multinationale Wirtschaftsinteressen durchzudrücken. Russland ist nicht krimineller als andere Staaten, nur konsequenter im Beharren auf eigene Souveränität(=eigene wirtschaftliche Interessen).

       

      Greenpeace ist hier das Bauernopfer, jetzt schlägt die Geschichte Wellen, in ein paar Monaten interessiert sich medial niemand mehr dafür und an der fortlaufenden Verschmutzung der Arktis durch Konzerne aus aller Herren Länderwird sich nichts ändern.