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Kommentar Einigung MietbremseKein gleiches Recht für alle

Uwe Rada
Kommentar von Uwe Rada

Die Einigung zum Thema Mieten ist zwiespältig: einerseits ein Schritt nach vorn, andererseits eine Einladung an Vermieter, zuvor nochmal zuzulangen.

Berliner Demo gegen Mietpreissteigerungen. Bild: dpa

D ie Wohnungssuchenden in Hamburg, München und Berlin können aufatmen. Wenn Angela Merkel und Sigmar Gabriel das „Paket für bezahlbares Wohnen und Bauen“ abnicken, das CDU und SPD am Monntagabend in der Arbeitsgruppe Bau und Verkehr koalitionsverhandelt haben, wird die Preistreiberei bei Neuvermietungen begrenzt.

Zehn Prozent darf der Vermieter künftig bei einem Mieterwechsel auf die ortsübliche Miete draufpacken, mehr nicht. Bislang konnte er verlangen, was er wollte – ein solventer Mieter fand sich immer. Endlich kommt die von Politikern in Mietervereinen in Großstädten seit Jahren geforderte „Mietbremse“.

Ob sie aber auch für die Mieterinnen und Mieter in Stuttgart oder Dresden gilt, ist zweifelhaft. Bereits die Mietrechtsänderung vom Mai – sie kappte den Anstieg der Bestandsmieten bei 15 Prozent in drei Jahren – galt nicht für das gesamte Bundesgebiet. Stattdessen wurden die Bundesländer ermächtigt, sie nach Nachweis eines angespannten Wohnungsmarktes umzusetzen. Das haben bislang nur die Stadtstaaten Hamburg und Berlin gemacht sowie das Flächenland Bayern. Alle anderen gingen leer aus – selbst im grün-rot regierten Baden-Württemberg.

Ähnlich soll es nun auch bei der Neuvermietungsbremse laufen. Darüber hinaus soll es einen Bestandsschutz für bestehende Mietverhältnisse geben. Im Klartext: Wer bislang immer draufgepackt hat, darf weiter einstreichen. Eine Einladung für Vermieter, bis zur Umsetzung der Mietbremse noch mal kräftig zuzulangen.

Bestehende Mieten vor der Preisspirale bewahren

Trotzdem ist die Einigung ein großer Schritt nach vorne. Denn sie hat den Blick endlich vom Neubau auf den Bestand gelenkt. Zwar will auch die neue Regierung aus Union und SPD den Neubau ankurbeln und hat dafür, das ist ein Sieg der CDU und der Baulöwen, die degressive Sonderabschreibung wieder eingeführt.

Doch Neubaumieten von zehn Euro pro Quadratmeter lösen nicht das Wohnungsproblem von Studierenden, Familien und anderen Wohungssuchenden in den Großstädten. Ihnen hilft nur, die bestehenden Mieten vor einer weiteren Preisspirale zu bewahren. Das Union-SPD-Paket ist ein wichtiger Schritt dazu.

Und noch einen positiven Effekt gibt es: Ältere können nun, wenn die Kinder aus dem Haus sind, endlich in eine kleinere Wohnung ziehen, ohne dass die mehr kostet als die große alte. So wird Wohnraum auch ohne Neubau frei.

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Uwe Rada
Redakteur taz.Berlin
Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.
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7 Kommentare

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  • WE
    Wucher, Erpressung, Politik

    Man könnte den freien Wohnungsmarkt auch dadurch beleben, dass man dem Wucher mit Provisionen ein Ende bereitet. Der 2,38-fache Satz einer Monatsmiete für das Platzieren einer Anzeige auf einer Webseite und das unfreundliche Öffnen der Türe ist viel zu viel. Stattdessen sollte der Vermieter den Makler bezahlen müssen, wenn er zu diesen Konditionen noch einen haben möchte. Derzeit gibt es viel zu wenige Vermieter, die dies bereits erkannt haben. Was derzeit in Deutschland abläuft ist Erpressung der Mieter, mit dem Segen der Politik.

  • T
    Toph123

    "Es gibt kein Menschenrecht auf Wohnen in der Großstadt.

    Wer sich das nicht leisten kann, hat die Möglichkeit in die Perepherie umzuziehen, dort ist es günstiger und auch schön."

     

    Man sollte bedenken:

    Ohne Zugschaffner, Ohne Putzfrau, Verkäufer, Busfahrer in der Nähe geht es eben auch nicht. Aber dafür seid Ihr dann ja unter "euch."

  • "... zuvor nochmal zuzulangen"

    irgendwann musste sie kommen, die 'Mietbremse', und es wird immer Vermieter geben, die bis dahin nochmal kräftig "zulangen". Was soll's?

  • A
    Andreas

    Es gibt kein Menschenrecht auf Wohnen in der Großstadt.

    Wer sich das nicht leisten kann, hat die Möglichkeit in die Perepherie umzuziehen, dort ist es günstiger und auch schön.

    • H
      Hans
      @Andreas:

      1) Ein sehr asoziales Denken

      2) Und wer sich es nicht im Uland leisten kann?

      3) Haben Sie sich schon mal mit den Auswirkungen auf das soziale Gefüge auseinandergesetzt. Ghettoisierung, soziale Unruhen, Umweltbelastung durch Pendelverkehr, etc?

  • E
    Elber

    Eigentum gilt immer weniger in unserem Land. Nichts, dass nicht durch Politik geregelt werden müsste, durch Verbote und schwere Eingriffe in die Rechte der Bürger.

     

    Was bleibt dem Vermieter, nach Steuern, Rücklagen, Verwaltungskosten usw?

     

    In Berlin steht soviel Prach, aber wenn ein Investor ein Haus bauen will, dann schreien alle, Nein, nicht hier. Wir lieben diese Prache, wir trinken abends hier wir feiern hier oder sonst was. Das in dem Neubau auch Sozialwohnungen entstehen ist egal. Ihr ko**t mich an.

    • H
      Hans
      @Elber:

      Sie scherzen?

      Nach aktueller Rechtslage scheint die Investition immer noch so interessant zu sein, dass Investitionen in Immobilien auf dem Markt mit die Interessanteste Geldanlage ist.

       

      Außerdem kotzen nicht wir Sie an, sondern unsere Armut ^_^