Flüchtlingslager in Australien: Wenn der Mob für Ordnung sorgt
In einem Auffanglager in Papua-Neuguinea wurde ein Mensch getötet, 77 wurden verletzt. Einheimische und Polizisten sollen das Lager angegriffen haben.
SYDNEY afp/ap | Bei Zusammenstößen in einem australischen Auffanglager für Flüchtlinge in Papua-Neuguinea ist ein Mensch ums Leben gekommen. 77 Menschen wurden nach Behördenangaben vom Dienstag bei den Unruhen in dem Lager auf Manus Island verletzt, 13 davon schwer.
Nach Angaben des australischen Einwanderungsministers Scott Morrison waren den Zusammenstößen wochenlange friedliche Proteste vorausgegangen. Am Sonntagabend waren 35 Asylbewerber aus dem Lager ausgebrochen.
Morrison wollte sich nicht zu den genauen Umständen des Todesfalles äußern. Am Sonntag seien die Proteste auf der Insel in Gewalt umgeschlagen, sagte der Minister lediglich.
Die Männer in dem Camp auf Manus stammen aus Afghanistan, der Region Darfur im Sudan, dem Irak, dem Iran, dem Libanon, Pakistan, Somalia und Syrien. Morrison sagte, ein Mann sei nach den Krawallen auf dem Weg ins Krankenhaus an seinen Kopfverletzungen gestorben. Er wollte dessen Nationalität nicht preisgeben.
Die Polizei von Papua-Neuguinea habe das Feuer auf Hunderte männlicher Häftlinge eröffnet, nachdem diese einen Begrenzungszaun niedergerissen und sich am späten Montagabend rund um das Camp verteilt hätten, sagte Morrison. Die Sicherheitskräfte des Camps hätten versucht, die Häftlinge mit Schildern zurückzudrängen.
Einem Asylsuchenden sei ins Gesäß geschossen, ein anderer sei zur Behandlung eines Schädelbruchs nach Australien geflogen worden. Mittlerweile sei die Lage wieder unter Kontrolle.
Morrison wies Berichte als „nicht korrekt“ zurück, wonach Einheimische und Polizisten in das Lager eingedrungen seien.
Ian Rintoul von der Flüchtlings-Hilfsorganisation Refugee Action Coalition erklärte, Bewohner von Manus Island hätten gegen das Lager protestiert und es schließlich nach einem Stromausfall mit Macheten, Steinen und Stöcken angegriffen. Die Asylsuchenden in dem Lager seien nur ausgebrochen, „weil sie vor den Angriffen flüchteten“. Die Einwanderer könnten auf Manus Island nicht sicher leben und müssten nach Australien gebracht werden, sagte Rintoul.
Die Einwanderungspolitik sorgt in Australien seit langem für heftige Debatten. Nach der Wahl des konservativen Premierministers Tony Abbott im September wurde sie weiter verschärft. Flüchtlinge, die mit ihren Booten Australien erreichen oder auf See aufgegriffen werden, werden in Lagern auf Manus Island und im Inselstaat Nauru interniert, während ihre Asylanträge geprüft werden.
Das UN-Flüchtlingshilfswerk hatte die australischen Auffanglager in Nauru und auf Manus Island als „raue“ Einrichtungen kritisiert, die starke Auswirkungen auf die dort untergebrachten Menschen hätten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung
BSW in Thüringen
Position zu Krieg und Frieden schärfen