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Studie der Hans-Böckler-StiftungDeutscher Mindestlohn im Mittelfeld

8,50 Euro brutto als Lohnuntergrenze ist im Vergleich zu Westeuropa eher moderat – aber weit über dem Niveau von Süd- und Osteuropa.

In Luxemburg als Stundenlohn unaktzeptabel: 8,50 Euro Bild: dpa

BERLIN taz | Ein Mindestlohn von 8,50 Euro brutto die Stunde ist im Vergleich zu den Lohnuntergrenzen in den westlichen Nachbarländern eher moderat. Dies zeigt der am Mittwoch veröffentlichte Mindestlohnbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.

Laut dem Bericht bewegen sich die Mindestlöhne bei den westlichen Nachbarn zwischen 7,43 Euro in Großbritannien und 11,10 Euro in Luxemburg. Die Lohnuntergrenze von 8,50 Euro soll in Deutschland für tariflose Bereiche ab 2015 und flächendeckend für alle Branchen ab 2017 gelten.

Deutschland bewege sich mit den geplanten 8,50 Euro die Stunde „am unteren Rand der westeuropäischen Spitzengruppe“, sagte WSI-Tarifexperte Thorsten Schulten. In Frankreich beträgt der gesetzliche Mindestlohn derzeit 9,53 Euro, in den Niederlanden 9,11 Euro. Da in den kommenden Jahren noch mit Steigerungen bei den Mindestlöhnen der westlichen Nachbarn zu rechnen ist, in Deutschland die 8,50 Euro aber für die kommenden Jahre festgeschrieben sind, dürfte sich der Vergleich eher noch zuungunsten Deutschlands entwickeln.

In Großbritannien beträgt der Mindestlohn umgerechnet nur 7,43 Euro die Stunde. Dieser niedrige Wert liege aber an der Abwertung des britischen Pfunds im Vergleich zum Euro seit 2007, sagte Schulten. In Großbritannien gibt es im Unterschied zu Frankreich Altersstaffelungen. Für Jüngere bis zum Alter von 20 Jahren gelten niedrigere Lohnuntergrenzen.

3,91 Euro Mindestlohn in Spanien

Ganz anders sehen die Mindestlöhne allerdings aus, wenn man in den Süden und Osten Europas schaut. So hat Spanien einen Mindestlohn von 3,91 Euro, Griechenland von 3,35 Euro, Polen von 2,31 Euro und Tschechien von 1,95 Euro. Mit der Lohngrenze in Osteuropa und der Entgeltstruktur in den neuen Bundesländern argumentieren die Gegner des Mindestlohns.

Bis zu 6,6 Millionen Beschäftigte könnten nach einer Studie des IAQ-Instituts der Uni Duisburg-Essen von einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro profitieren. Das wäre fast jeder fünfte Beschäftigte hier.

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4 Kommentare

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  • RW
    Rainer Winters

    Je weniger sie zahlen, desto weniger arbeiten wir für sie.

     

    Und wer macht dann die Arbeit für sie, die sich selbst bereichernden Kapitalisten?

     

    Angesichts des sich verschlimmernden Elends sollen sie uns doch alimentieren müssen ...

     

    Einfach gar nichts mehr machen ...

    • H
      Hans
      @Rainer Winters:

      Das Problem ist, dass der Druck auf dem Arbeitsmarkt so groß ist, dass besonders die ungelernten, prekären Beschäftigungen viel Ersatz bieten, so dass Ihr Vorschlag eine zwar gerechte, doch nicht realistische Option ist.

  • RS
    R. Schramm

    Bei Brutto mtl. 2500 Euro, dies entspricht 15 Euro-Std.-Lohn, gibt es nach 35 Vollzeitarbeitsjahren eine Armuts-Rente in Höhe von ca. 700 Euro (analog gesetzliche Sozialhilfe/Grundsicherung).

     

    Die RV-Jahre in Westdeutschland liegen derzeit für Männer bei 30 Jahren und für Frauen nur bei 18 Jahren (durchschnittlich im Jahr 2012)!

     

    Aufwachen, GroKo-Michels! (?)

  • C
    Celsus

    Und nicht vergessen werden sollte Australien: Dort lag der Mindestlohn bereits 2013 bei umgerechnet 13,19 €. Nach guten Erfahrungen wurde er dort ständig angehoben und keinerlei negative Folgen traten auf - jedenfalls nicht für die Beschäftigten oder die Arbeitslosenstatistik.

     

    Angesichts der mit verschiendenen Staaten rechtsvergleichend möglichen Rückschlüsse werden in Deutschland aber lieber Ammenmärchen erzählt, damit die Reichen immer reicher werden, selbst wenn dabei die Armen immer ärmer werden.