Kameraüberwachung im Alltag: Kaugummi auf der Linse
Sind Menschen, die ihre Kamera auf dem Laptop abkleben, paranoid? Wie wehrt man sich gegen allzu wissbegierige Apps? Eine Handreichung.
Schaut man in Cafés oder im ICE auf den Schoß der Sitznachbarn, stößt man des Öfteren auf oft bunte Schnipsel über den Webcams am oberen Rand der Laptops. Die Besitzer verschandeln ihre teuren Geräte mit Stickern, Post-its oder Klebeband – weil sie ihre Kameras abdecken wollen. Warum? Damit Hacker sie nicht heimlich beobachten können. Nur ein lächerlicher Verfolgungswahn?
Nicht wirklich. Ein 48-jähriger Mann aus dem Rheinland zum Beispiel bekam eine längere Bewährungsstrafe für das Ausspionieren von rund hundert Jugendlichen. Zwischen Herbst 2009 und Frühling 2010 hatte er ihnen einen Trojaner über das Chatprogramm ICQ verpasst. Er hatte sich in fremde Konten gehackt, sich als Freund der Opfer ausgegeben. Und diese hatten ihm vertraut: Sie nahmen die Datei des vermeintlichen Freundes an, die in Wahrheit ein Trojaner war – ein Computerprogramm, das als nützliche Anwendung getarnt ist, eigentlich aber eine ganz andere Funktion erfüllt. Der Rheinländer erhielt so Zugriff auf die Webcams seiner Opfer.
Trojaner können sich als Foto, ZIP-Datei oder andere Programme ausgeben. Auch für Erwachsene ist ein guter Trojaner zunächst nicht zu erkennen. „Wenn ein Hacker es schafft, einen Trojaner zu installieren, hat er Zugriff auf den infizierten Computer“, erklärt Sebastian Barchnicki vom Institut für Internet-Sicherheit der Westfälischen Hochschule.
Die Ermittler stellten seinerzeit rund drei Millionen Bilder der Kinder auf seinem Rechner sicher, das jüngste Opfer war damals dreizehn Jahre alt. Weil der Hacker sich geständig zeigte, verurteilte ihn das Amtsgericht Düren zu einem Jahr und zehn Monaten Haft auf Bewährung. Nur einer von vielen Fällen, in denen Menschen über ihre Webcam ausgespäht wurden.
Dank der „heute-show“ interessieren sich junge Menschen für Politik, sagen die Macher. Im Gegenteil, meinen Kritiker: Es gehe nicht um Aufklärung, sondern um Verachtung. Ob TV-Humor politisch sein kann, lesen Sie in der taz.am wochenende vom 22./23. März 2014 . Außerdem: Was passiert, wenn sich die Erde erwärmt? Der neue UN-Klimabericht exklusiv in der taz. Und: Warum bekriegt sich die Opposition gerade in der Krim-Krise? Gregor Gysi streitet mit Katrin Göring-Eckardt über den Umgang mit Russland, der Ukraine und der Großen Koalition. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.
Die Gefahren lauern überall
Seine Kamera abzukleben ist nicht paranoid. Wer keinen selbst gebastelten Klebeschutz haben möchte, kann für etwa 4 Euro Abdeckungen erwerben, die man bei Bedarf einfach zur Seite schieben kann, wenn die integrierte Kamera wirklich gebraucht wird. Doch der Computer ist nicht das einzige Gerät des Alltags mit Netzanschluss. Auf Smartphones und Tablet-PCs kann ein unvorsichtiger Nutzer schon beim Installieren einer App die Einwilligung auf einen Zugriff auf Kamera, Mikrofon oder Telefonbuch erlauben, wenn er die entsprechenden Rechte freigibt.
So ließen sich theoretisch Gespräche mitschneiden, selbst wenn das Handy nur im Raum liege, sagt Barchnicki, „gefühlt fordern diese Zugriffe auf Kamera und Mikrofon fast alle Apps. Was genau eine App mit ihren Berechtigungen anfängt, ist allerdings schwer nachzuvollziehen.“ Zudem kann eine eben noch harmlose Funktion durch ein Update für Angriffe missbraucht werden.
Sebastian Barchnicki warnt: „Als Benutzer sollte man sich fragen, ob die Taschenlampen-App wirklich den Zugriff auf die Kontakte braucht, und nur die Apps installieren, denen man wirklich vertraut.“ Und er hat noch weitere Tipps: unbenutzte Apps am besten deinstallieren. Den Computer stets mit den neuesten Updates für Programme und Betriebssystem versorgen. Ein sicherer Browser wie Chrome oder Firefox erhöht das Schutzniveau – vermeiden sollte man das Surfen mit Administratorrechten.
Doch auch der beste Schutz nützt leider nichts, wenn der Nutzer seine Kamera bewusst zum Chat einschaltet und der Geheimdienst sich zuschaltet. Erst Ende Februar wurde das Programm des britischen Government Communications Headquarters (GCHQ) mit dem Code-Namen „Optic Nerve“ öffentlich. Es speicherte laut Guardian von 2008 bis 2010 Standbilder aus Yahoo-Camchats von insgesamt 1,8 Millionen Nutzern.
Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte Kamera und Mikrofon im Bios deaktivieren – dann existieren sie für den Computer nicht mehr.
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