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Berliner GedenkstätteBlockade an der Mauer

Auch nach der Fertigstellung der Mauergedenkstätte wird eine Teilstrecke des Wegs durch private Flächen versperrt bleiben.

Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, Gedenkestättendirektor Axel Klausmeier und Klaus Wowereit an der Bernauer Straße. Bild: reuters

Die Mauergedenkstätte an der Bernauer Straße wird nach ihrer Fertigstellung im November 2014 nicht durchgehend für die Besucher nutzbar sein. Am heutigen Donnerstag startet zwar die Arbeit am letzten Bauabschnitt („D 1“) der Gedenkstätte zwischen Brunnenstraße und Ruppiner Straße. Der Stiftung Berliner Mauer versperren aber vier private, noch unbebaute Grundstücke den ununterbrochenen Durchgang auf dem sogenannten Postenweg, dem „Rückgrat“ der Gedenkmeile. Die Grundstücksbesitzer waren trotz finanziellem Angebot nicht bereit, der Stiftung ihre Flächen für Berlins längste, 1,4 Kilometer lange Gedenkstätte zu veräußern.

Der rund 200 Meter umfassende letzte Ausstellungsteil werde trotz dieser Einschränkungen nun realisiert, teilte die Stiftung mit. „Wir bauen das jetzt“, sagte Günter Schlusche, zuständiger Projektleiter für die Erweiterung der Gedenkstätte, zur taz. Die Fertigstellung und Eröffnung der Gesamtstrecke ist am 9. November 2014, zum 25. Jahrestag des Mauerfalls, geplant. 2006 hatte der Senat das „Gesamtkonzept zur Erinnerung an die Berliner Mauer“ beschlossen. Seither wird dieses, zum Teil gegen den Widerstand der Anwohner, an der Bernauer Straße von der Stiftung umgesetzt.

Nach Ansicht von Schlusche „ist es bedauerlich, dass die Flächen entlang des ehemaligen Postenwegs nicht zur Verfügung stehen. Die Grundstücke sind Privatgelände und eingezäunt.“ Weil die Anwohner den Verkauf ihrer Areale ablehnten, fehlten 275 der 1.400 Quadratmeter Ausstellungsfläche auf dem Abschnitt.

Immerhin könnten die Besucher „bis auf Weiteres“ auf den Grünstreifen nördlich der Grundstücke um diese herumgehen, ohne den Bezug zum Postenweg zu verlieren, sagte Schlusche weiter. Problematisch werde es, wenn diese Freiflächen einmal bebaut würden. Dann steckten die Besucher wie in einer „Sackgasse“ und müssten den Abschnitt weiträumiger umgehen. Genau aus diesem Grund will Axel Klausmeier, Direktor der Mauergedenkstätte, erneut das Gespräch mit den Eigentümern suchen. „Wir setzen weiter auf Dialog“, betonte Hannah Berger, Pressesprecherin der Stiftung, gegenüber der taz. „Wir glauben nicht, dass dies das allerletzte Wort der Grundstücksbesitzer sein wird.“

Sperrung überschaubar

Gleichwohl bleibt die baldige Fertigstellung der seit 2009 Schritt für Schritt erweiterten Gedenkstätte „ein großer Erfolg“, so Schlusche. Angesichts der 1,4 Kilometer langen Gedenkstätte seien insgesamt 45 Meter private Sperrung an dem welthistorischen Ort zwar problematisch, blieben aber überschaubar. Er erinnerte daran, dass in den letzten Jahren fast 100 private Flächen für 18 Millionen Euro von Berlin angekauft werden konnten. Enteignungen habe es nicht gegeben, nach weiteren Mediationsverfahren mit den Anwohnern und Grundstücksbesitzern konnte peu à peu vom Nordbahnhof bis zur Brunnenstraße und von der Ruppiner Straße bis zum Mauerpark das Ausstellungskonzept mit den Themenstationen und Stahlstäben umgesetzt werden. 11 Millionen Euro gibt die Stiftung als Investitionssumme für das Areal aus. 2013 kamen 850.000 Besucher zum Mauerstreifen an der Bernauer Straße – ein Rekordergebnis.

Zum Baustart des Abschnitts „D 1“ an der Ruppiner Straße, wo 1961 der berühmte Sprung des Grenzers Conrad Schumann über den Stacheldraht stattfand, werden zwei neue Ausstellungsbereiche eröffnet. Zwischen Schwedter und Wolliner Straße soll „die Bedeutung der Berliner Mauer auch für die Westberliner Bevölkerung in den Blick genommen werden“, sagte Klausmeier. Damit werde eine „wertvolle inhaltliche Ergänzung“ zur bisherigen Gedenkstätte hergestellt.

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4 Kommentare

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  • Ach Herr Lautenschläger, gibt es denn keine andere Tonart als den Tenor "Griebnitzsee" dazu? die Stadt hat uns das Grundstück doch mitsamt dem Postenweg verkauft - 2006! Und Rückgrat einer Gedenkstätte, die an die offene Wunde in der Stadt erinnern soll, damit meinen sie doch nicht ernsthaft den kaputten Asphaltweg, der zwischen Häuserschluchten entlang führt, oder? Das Gedenkstättenkonzept in diesem Bereich war tot in dem Moment, als die Bebauung beschlossen wurde. Und rund um solche Tatsachen versuchen wir jetzt einfach, dem Todesstreifen wenigstens Leben entgegen zu setzen. Kommen Sie doch einfach mal vorbei und sprechen auch mit uns - könnte sich lohnen! Beste Grüße

  • Leider hat der Autor sich nur einseitig informiert. Zwischen den zu Senatsbedingungen nicht verkaufsbereiten Grundstückseignern und der Mauergedenkstätte wurde inzwischen ein Vertrag geschlossen, demzufolge ein "von beiden Seiten akzeptierter kultureller Standard" für das Mauergedenken erreicht wurde. Mangelnde Verkaufsbereitschaft der Eigentümer geht nicht auf Blockadehaltung zurück, sondern auf die profitorientierte Planung des Senats,wonach statt ursprünglich vorgesehener Grünfläche eine enge Häuserschlucht für jährlich 300.000 Gedenkstättenbesucher entstehen soll.

  • Der Mauerstreifen hätte komplett frei bleiben müssen. Und die Mauer hätte einfach an ein paar Stellen stehenbleiben müssen. Als beinah kostenloses Denkmal. Dieser von Geldgier und wenig Vernunft getriebene Abriss war der Fehler.

     

    Mauergalerie und Kranzabwurfstelle in der Bernauer - zweimal Touristenspaß. DAS war die Mauer nie. Wer kann ein Interesse am Verschwinden der Wahrheit haben?

  • wie waers denn mit enteignung? geht doch so einfach wie man in der lausitz sieht, und die enteignungsgesetze sind sogar witzigerweise noch alte nazigesetze, dann koennte man sie anstatt zur kriegstreiberei wie damals angedacht, zur friedensmahnung heute missbrauchen. haette was