piwik no script img

Kämpfe zwischen Kongo und RuandaMuskelspiele mit Todesfolge

Das Misstrauen zwischen Kongo und Ruanda nimmt wieder zu. Es entlädt sich in Gefechten an der Grenze nördlich von Goma.

Aufmarsch der kongolesischen Armee in Kibumba nahe der Grenze zu Ruanda am Nachmittag des 11. Juni. Bild: reuters

BERLIN taz | Zwischen Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo sprechen wieder die Waffen. Am zweiten Tag in Folge beschossen sich die Armeen beider Länder am Donnerstag an der gemeinsamen Grenze. Am Mittwoch war es mehrmals zum Schusswechsel gekommen, in deren Folge beide Länder Militärverstärkung in Bewegung setzten. Der deutsche Leiter der UN-Mission im Kongo (Monusco), Martin Kobler, reiste zu Krisengesprächen nach Ruanda.

Beide Länder schieben sich gegenseitig die Schuld am Ausbruch der Kämpfe zu, die in einem Gebiet stattfinden, wo die Grenze in den vulkanischen Bergen rund 20 Kilometer nördlich der ostkongolesischen Provinzhauptstadt Goma mitten durch Felder verläuft und beide Armeen sich auf Hügeln in Sichtweite gegenüberstehen.

Ruanda sagt, hungrige kongolesische Soldaten seien über die Grenze gelaufen, hätten Kühe als Geiseln genommen und für die Rückgabe Geld von den Bauern verlangt. Kongo sagt, ruandische Truppen hätten einen kongolesischen Oberst entführt und später in Gewahrsam brutal hingerichtet. Nach unterschiedlichen Darstellungen starben bei den Gefechten, die sich auf ruandischem Gebiet abspielten, einer bis sieben kongolesische Soldaten.

Nachdem die Kämpfe am Donnerstagmorgen erneut ausbrachen, blieb die Lage vorerst ruhig, weil regionale Militärbeobachter der regionalen Grenzüberwachungstruppe EJVM (Erweiterte Gemeinsame Verifizierungsmission) von ruandischer Seite aus das Kampfgebiet besichtigten.

Ruanda verbreitete ein Foto, das den Militärausweis des ersten getöteten kongolesischen Soldaten zeigen soll: Hategekimana Baysiro. Ruanda behauptet, das sei in Wirklichkeit ein Kämpfer der ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas), und das beweise, dass Kongos Armee und die international geächtete FDLR weiter zusammenarbeiten.

Die Beziehungen zwischen Ruanda und Kongo hatten sich Ende letzten Jahres verbessert, nachdem die proruandische Rebellenbewegung M 23 (Bewegung 23. März) im Ostkongo die Waffen gestreckt hatte. Kongo weigerte sich aber, als nächstes die FDLR zu bekämpfen. Stattdessen läuft seit einigen Wochen ein freiwilliger Entwaffnungsprozess für FDLR-Kämpfer, bei dem diese nicht mehr wie bisher von der UNO demobilisiert und nach Ruanda gebracht werden, sondern unter internationaler Obhut im Kongo verbleiben.

Die Aktion – an der bisher lediglich 180 FDLR-Kämpfer teilgenommen haben – hat vor allem dazu geführt, dass Ruanda dem Kongo und der UN-Mission erneut Komplizenschaft mit den ruandischen Hutu-Kämpfern vorwirft. In einem solchen Klima des Misstrauens waren nach Einschätzung von Beobachtern neue Scharmützel nur eine Frage der Zeit.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Es war absehbar. Der Kongo, dieses destabilisierende Kriesengebilde, sollte endlich entlang der ethnischen Grenzen in mehrere Souveräne Staaten aufgeteilt und begraben werden. Niemand braucht dieses staatgewordene Überbleibsel der Kolonialpolitik. Was gebaucht wird sind Staaten, deren Grenzen und Bevölkerungszusammensetzung nicht endlos ethnische und zwischenstaatliche Konflikte produzieren. In 50 oder 100 Jahren kann Afrika dann den Weg der EU gehen und sich langsam und gemächlich vereinigen, hoffentlich nachdem es aus unseren Fehlern gelernt hat.